1641 - Die Blutmaske
gekommen waren oder nicht. Es hatte nicht anders sein können.
Einen Schlüssel zur Wohnung besaßen wir auch nicht, und so setzten wir unsere Hoffnungen auf Jane Collins, dass sie in der Lage war, uns zu öffnen.
Zuerst geschah nichts.
Wir warteten in einer fieberhaften Spannung. Aber im Innern der Wohnung passierte schon etwas. Das entnahmen wir den Geräuschen, die sehr dumpf klangen und für uns leider nicht zu identifizieren waren.
Ich wollte mit dem Klingeln schon nachlegen, als das kleine Wunder doch geschah. Von innen her wurde die Tür aufgezerrt.
Nicht Jane Collins stand vor uns, wie wir es erwartet hatten, sondern die Blutsaugerin Justine Cavallo, aus deren Körper der Griff eines Dolches ragte…
***
Das war für uns beide wie ein Schlag ins Gesicht. Man erlebt immer wieder Überraschungen, doch was wir jetzt zu sehen bekamen, das hatten wir nicht erwartet.
Die Cavallo sah aus, als hätte sie eine Niederlage erlitten, und ihr ansonsten glattes Gesicht war zu einer wilden Fratze der Wut verzerrt.
Ich fand als Erster die Sprache wieder und fuhr sie an: »Was ist los mit dir?«
»Sie war es!«
»Wer?«
»Jane Collins!«
Klar, das hätte ich mir denken können, obwohl ich es nicht für möglich gehalten hätte. Jane und Justine waren zwar nicht die besten Freundinnen, aber dass daraus eine Todfeindschaft geworden war, musste schon verdammt gute Gründe haben.
»Wo ist sie?«, fragte ich.
Justine gab die Tür noch nicht frei. »Ihr könnt sie in der Wohnung finden.«
»Und dann?«
Sie legte den Kopf zurück und fing an zu lachen. »Schaut sie euch selbst an. Ich bin gespannt, was ihr dazu sagt.«
Diese Antwort ließ einiges offen. Justine trat auch zur Seite und gab uns den Weg frei.
Durch ihr Verhalten waren wir gewarnt. Ich tat es nicht gern, weil es gegen Jane Collins ging, aber ich zog meine Beretta.
Hinter mir hörte ich die Cavallo leise lachen und dann flüstern: »Jetzt bin ich gespannt, was ihr dazu sagen werdet.«
Ich gab ihr keine Antwort, weil ich mir selbst ein Bild machen wollte.
Jane hielt sich in der großen Wohnung auf. Aber wir sahen sie nicht und hörten auch nichts von ihr. Uns empfing eine schon eigenartige Stille.
Wir kannten uns zum Glück aus. Außerdem gab die Cavallo uns einen Tipp. Wir mussten dorthin, wo sich der Bereich der Domina befand.
Danach zog sie den Dolch aus ihrem Körper, was für uns schon ein besonderer und ungewöhnlicher Anblick war.
Ich warf Suko einen Blick zu. Auch er hatte sich bewaffnet. Allerdings mit der Dämonenpeitsche, deren Enden über den Boden schleiften. Mein Freund und Kollege war kampfbereit.
Mit jedem Schritt, den ich tiefer in die Wohnung hineinging, wobei wir uns noch im Flur befanden, wuchs meine Sorge um Jane Collins. Was hatte man mit ihr gemacht?
Ich fand beim besten Willen keine Antwort. Es musste hier zu einer wahnsinnigen Stresssituation gekommen sein, mit der selbst Justine Cavallo nicht gerechnet hatte.
Wir betraten den Raum noch nicht. Uns kam zugute, dass die Tür offen stand, und so konnten wir einen ersten Blick in das große Zimmer werfen, das zweigeteilt war.
Jane entdeckten wir nicht. Wahrscheinlich hatte auch sie das Klingeln gehört und sich versteckt. So konnte sie abwarten und aus einer sicheren Position zuschlagen.
Justine war uns gefolgt. Sie stand in unserer Nähe und musste nicht laut sprechen, wenn sie etwas sagen wollte. Und sie nahm uns in die Pflicht.
»Das ist jetzt eure Sache. Ich bin gespannt, wie ihr sie regelt. Ich halte mich zurück.«
»Und was ist mit Jane?«
Eine Fingerspitze tippte mich an. »Das müsst ihr schon selber herausfinden. Nur so viel: Sie hat zweimal geschossen, und sie hat dabei Claudine van Straaten mit einer Silberkugel getötet. Darüber bin ich nicht sehr erfreut.«
Das konnte ich mir vorstellen. Für uns spielte das aber keine große Rolle.
Wir schlichen in das Zimmer hinein und konzentrierten uns auf die dunkle Hälfte, in der nur eine Lampe ihr Licht abgab. Es reichte aus, um die van Straaten bewegungslos liegen zu sehen.
Noch bevor ich mit Suko eine Aktion absprechen konnte, war er an mir vorbeigehuscht und irgendwo an einer schattigen Stelle untergetaucht.
Ich hoffte nicht, das seine Aktion bemerkt worden war.
Aber ich wollte gesehen werden.
Deshalb verhielt ich mich völlig normal. Mein rechter Arm hing nach unten. Die Beretta hielt ich zwar fest, aber sie befand sich im Schatten meines rechten Hosenbeins und war so leicht nicht zu entdecken.
Leider
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