1647 - Der letzte Schlag
nicht länger ertragen. Aber dann ging's doch immer noch eine Zeitlang. Schließlich wurden wir getrennt. Ich atmete auf, aber schon ein paar Tage später fing ich an, ihn zu vermissen. Über den Schmerz der Trennung bin ich inzwischen hinweggekommen. Wenn ich ihn jetzt reden höre, muß ich sagen: Er ist noch viel schlimmer als in alten Tagen. Trotzdem bitte ich dich: Nimm ihn nicht ernst! Er meint nicht alles so, wie er es sagt."
„Was hat das alles mit mir zu tun?" fragte Nadu mit gespielter Verwunderung. Sie wußte genau, worauf das Gespräch hinauslaufen würde. „Wenn Senktar früher deine Amme war - oder deine Mutter, wie du sagst..."
Barros Lachen unterbrach sie. Der Kommandant war offenbar bester Laune. „Verstehst du nicht?" rief er. „Deswegen sagte ich doch >Mutter<. Mütter haben Angst, daß irgendwann eine Frau daherkommt und ihnen den Sohn wegnimmt. Genauso geht es Senktar..."
Er hielt plötzlich inne. „Ooh!" machte Nadu. „Er sorgt sich darum, daß ich dich ihm wegnehmen könnte?"
„Ja, so ist es", antwortete Barro, sichtlich erleichtert.
Sie ließ sich Zeit, wandte ihm eine Zeitlang den Rücken und drehte sich dann plötzlich wieder herum. „Könnte ich das?"
Barro Nurtians blasser Teint verfärbte sich nach Orange hin.
Barro atmete heftig und schwer. Die Lippen zuckten, die Mundwinkel ebenso. Barro wollte etwas sagen, aber er brachte vor lauter Verlegenheit kein Wort über die Lippen. „Wenn es so ist, muß ich wohl das Heft in die Hand nehmen", erklärte Nadu Imeiri kühl, aber entschieden. „Hast du heute schon eine anständige Mahlzeit zu dir genommen, Barro?"
„Neinnein, ich ... glaube nicht", stotterte er verwirrt. „Dann finde dich in einer Stunde in meinem Quartier ein. Sei pünktlich, und du bekommst etwas Gutes zu essen!"
Zwei Wochen waren vergangen, ohne daß auch nur ein einziges verdächtiges Raumschiff im Sternendschungel von M13 beobachtet worden wäre. Die ATLANTIS mit ihren 25 Begleiteinheiten schwebte weiterhin im Orbit über Ariga, aber die Alarmbereitschaft war vor ein paar Tagen herabgestuft worden, weil sich unter den Besatzungen Unzufriedenheit bemerkbar machte.
Eine Alarmstufe geringerer Dringlichkeit bedeutete, daß die Mannschaften schubweise Landurlaub nehmen konnten.
Raumfähren brachten sie auf die Oberfläche des Planeten.
Gewöhnlich begaben sie sich geradewegs nach Tanshim, dem einzigen Ort, an dem man sich auf irgendeine Art und Weise vergnügen konnte.
Die Trägheit des 5-D-Kontinuums war offenbar für immer verschwunden. Von nirgendwo in den Weiten der Milchstraße wurden Beobachtungen gemeldet, daß etwa in Kürze mit einem Wiederentsehen der Toten Zone an anderem Ort zu rechnen sei. Auch Phänomene wie der Hyperdim-Attraktor, der ein Vorbote des zweiten Auftritts der Hyperraum-Parese gewesen war, wurden nirgendwo gesehen. Freilich war das galaktische Beobachtungsnetz nicht ohne Lücken. Es gab weite Bereiche, die sich dem direkten Zugriff der automatischen Meßstationen entzogen. Also bestand die Möglichkeit, daß ein zweiter Hyperraum-Attraktor oder gar eine dritte Paresezone irgendwo in einem der weitab gelegenen Bereiche aufgetaucht war. Aber daran wollte niemand so recht glauben.
Es gab viele, die die Furcht vor einem Angriff der Überreste der Blauen Legion für grundlos hielten. Wenn die Fanatiker tatsächlich nur noch drei Dutzend Raumschiffe besaßen, wie allgemein gesagt wurde, würden sie es sich dreimal überlegen, bevor sie eine mitten im Sonnengewimmel des Kugelsternhaufens gelegene Welt angriffen - in einer Umgebung, in der sich die Verteidiger wesentlich besser auskannten als die Angreifer. Für die Astrogation war M13 kein besonders glattes Fahrwasser. Infolge der großen Sternendichte gab es energetische Wirbel, Schwerkraftschockwellen und unberechenbare Hyperenergie-Eruptionen. Wer sich hier herumtrieb, ohne mit genauen und frischen Informationen versehen zu sein, der riskierte Kopf und Kragen.
Atlan dagegen hielt es für verfrüht, Entwarnung zu geben. Er hatte seine eigenen Erfahrungen mit Fanatikern, gemacht und wußte, daß sie nicht dazu neigten, eine einmal gefaßte Absicht so rasch wieder aufzugeben. Gespräche mit Harold Nyman bestärkten ihn in dieser Meinung.
Die Blaue Schlange hatte ihre Legionäre eisern im Griff gehabt. Ihre Befehle waren wie göttliches Gebot und würden auch nach ihrem Tod noch ausgeführt werden.
Immerhin schien die Gefahr nicht unmittelbar vor der Tür zu stehen. Und selbst wenn:
Weitere Kostenlose Bücher