1647 - Engelstadt - Höllenstadt
geblieben war.
»He, riechst du es auch?«
»Ja.«
Das war für das Vogelmädchen keine Antwort. »Und? Was sagst du dazu? Bitte ich…«
»Das sind sie. Sie haben mich gefunden. Die Teufel, von denen ich dir erzählt habe. Und jetzt werden sie uns mitnehmen. Darauf kannst du dich verlassen.«
»Wohin denn?«
»In die Stadt…«
Carlotta lachte. »In die der Engel oder in die der Teufel?«
»Das bleibt sich gleich. Es spielt keine Rolle. Die Stadt der Engel ist auch die der Teufel. Sie vereinigt beides. Mal ist sie das eine, mal das andere.«
»Und was passiert dort?«
»Dann sind wir Gefangene. Sie lassen so leicht keinen entkommen. Und wenn es jemand schafft, so wie ich, dann holen sie ihn schnell wieder zurück.«
Carlotta fragte: »Was ist mit diesem Geruch? Das ist doch ein Leichengestank - oder?«
»Ja, ist es. Aber der gehört zu ihnen und…«
Urplötzlich war die Melodie zu hören. Sie kam aus dem Handy, zu dem Carlottas Hand zuckte. Es war eine rein instinktive Bewegung, die auch nicht unterbrochen wurde. Sie konnte das flache Ding hervorholen, mehr war nicht möglich, denn der Angriff erfolgte urplötzlich.
Wieder hatte sie die Hand oder den Arm nicht gesehen, der Treffer allerdings war schon zu spüren. Ein harter Schmerz durchzuckte ihr Gelenk.
Sie ließ das Telefon fallen, das ab jetzt unerreichbar für sie war.
Wie vom Himmel gefallen erschien vor ihr ein neuer Umriss. Eine Welle von Gestank wehte in ihr Gesicht.
Carlotta klappte den Mund zu. Sie hätte auch gern die Augen geschlossen, was sie nicht schaffte, denn die Gestalt vor ihr war dichter geworden und bestand nicht mehr nur aus Umrissen. Dass es sich dabei um Fleisch handelte, wollte sie nicht glauben. Sie sah aber, dass die Gestalt nackt war oder fleischfarbene Kleidung trug, so sicher war das nicht zu erkennen.
Und ein Gesicht?
Ja, es gab auch ein Gesicht. Noch war es nur so etwas wie ein breiter Fleck, der immer näher an sie herankam, sodass sich auch der Geruch verstärkte.
Sie hörte ein Kichern. Oder ein ähnliches Geräusch. Jedenfalls gefiel es ihr nicht.
Plötzlich wurde sie gepackt. Jemand riss sie an den Schultern herum.
Etwas Hartes traf ihren Kopf, sodass sie das Gefühl hatte, ihr Schädel würde explodieren.
Sie hörte noch Livias leisen Schrei, dann tauchte sie ein in die Schwärze und glitt in die Tiefen der Bewusstlosigkeit…
***
Ich sah es Maxine Wells an, dass etwas passiert sein musste, als ich aus meinem Leihwagen stieg, den ich an der Seite des kleinen Hauses geparkt hatte.
Die Fahrt war gut verlaufen. Ich hatte keine Probleme gehabt, das Ziel zu finden. Von unterwegs hatte ich in London angerufen und erklärt, dass ich noch bleiben musste, weil es Probleme gab. Mehr konnte ich nicht erklären, weil ich nichts Genaues wusste.
Und jetzt hatte ich ein ungutes Gefühl, obwohl sich Maxine in meine Arme warf, um mich zu begrüßen. In ihrem Gesicht stand zu lesen, dass etwas nicht so gelaufen war, wie es eigentlich hätte laufen sollen, und das beunruhigte mich schon.
»Ich bin froh, dass du da bist, John!« Ich hatte sie so weit von mir geschoben, dass ich ihr Gesicht sehen konnte, und dabei hatte ich festgestellt, dass sie die Augen geschlossen hielt.
»Was ist passiert, Max?«
»Komm rein.«
Sie ließ mich los, nahm aber meine Hand, als fürchtete sie sich davor, dass ich ihr weglaufen würde. Wir gingen auf den Eingang des kleinen Hauses zu, in dem auch eine Praxis lag, in der Maxine die Vertretung für die Kollegin übernommen hatte. 1 Dorthin gingen wir nicht. Ich wurde in eine Küche geführt und setzte mich dort auf einen Stuhl.
Auch Maxine nahm Platz. Sie tat es mit recht steifen Bewegungen. In ihren Augen sah ich den Ausdruck einer starren Besorgnis, und so stellte ich meine erste Frage zwangsläufig.
»Was ist passiert?«
Sie schloss für einen Moment die Augen. »Carlotta ist nicht mehr da, wo sie sein sollte, denke ich.«
»Bitte?«
»Ja, ja. Sie ist verschwunden, John.«
»Bist du dir sicher?«
»So gut wie.«
»Ich höre.«
Die Tierärztin leckte über ihre Lippen. Dann wühlte sie mit den gespreizten Fingern durch ihr dunkelblondes Haar und berichtete, dass sich Carlotta nicht am Handy gemeldet hatte.
»Dabei habe ich es mehrmals versucht.«
»Ja, das hört sich nicht gut an.«
»Das ist auch nicht gut.« Sie atmete schwer. »Ich gehe davon aus, dass man sie entführt hat.«
Einen Moment dachte ich nach, bevor ich wieder das Wort ergriff.
»Hast du mir nicht von
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