1648 - Die Spiegelgeborenen
es ausgedrückt haben würde. „Cadfaels und Felix' Beweggründe könnt ihr euch sicherlich denken. Was Alaska und mich betrifft, ist die Erklärung schon etwas schwieriger. Darf ich euch zuerst eine Frage stellen?"
„Aber bitte!" sagten die eineiigen Zwillinge wie aus einem Mund. „Wißt ihr, daß die Kunstwelt Wanderer im Solsystem vor Anker gegangen ist und die Superintelligenz ES einen Aufruf an zwei Personen erlassen hat, die sie >Spiegelgeborene< nannte, sich bei ihr zum Empfang der Unsterblichkeit einzufinden?"
Die Zwillingsschwestern sahen einander an. „Haben wir davon gehört? Ich fürchte, das ist neu für uns", sagte die eine, es war Mila, die den Tee gebracht hatte.
Die andere meinte entschuldigend in die Runde: „Wir sind leider nicht vernetzt und hören kaum Nachrichten. Nein, das ist uns neu."
„Und es kümmert uns auch nicht!" betonte Mila. „Sollte es aber", meinte Gucky. Jetzt, da er den Faden einmal aufgegriffen hatte, gingen ihm die Worte flüssiger über die Lippen, und er fand seine Linie: Einfach mit der Tür ins Haus fallen! „Ich meine, daß ihr beiden Frauen euch lange genug in eurer Eigenwelt verschanzt habt. Niemand ist eine Insel. Was in der Milchstraße passiert, geht jeden Galaktiker an. Auch ihr dürft euch dem nicht verschließen. Und dieses besondere Ereignis sollte eure ganze Aufmerksamkeit auf sich lenken, denn ich meine, daß es euch persönlich betrifft."
Nadjas Hände zitterten so sehr, daß der Tee aus der Tasse schwappte, als sie diese an den Mund führte. Mila hatte sich da etwas besser in der Gewalt, und sie versuchte, Haltung zu bewahren. „Ich muß schon bitten!" sagte sie zurechtweisend. „Von Gästen, noch dazu von ungebetenen, erbitte ich mir mehr Höflichkeit und Distanz. Andernfalls könnten sie sich unversehens vor der Haustür wiederfinden."
„Ich möchte mich für Guckys Benehmen ...", versuchte Alaska einzulenken. Aber der Mausbiber fiel ihm ins Wort. „Überlaß die Art und Weise des Gesprächs bitte mir, Alaska!" verlangte er. „Das ist mein Bier."
„Tee", warf Felix schüchtern ein und deutete auf die Kanne. „Es ist Tee."
„Reden wir nicht lange um die Sache herum", ergriff wieder Gucky das Wort und sah dabei die Zwillingsschwestern abwechselnd an. „Ich bin kein Freund vieler Worte. Und da die Angelegenheit eilt, möchte ich sofort zur Sache kommen. Ich kenne eure Lebensgeschichte, und ich weiß über euer vermeintliches Handikap Bescheid. Alles über das sogenannte Spiegelsehen und darüber, wie ihr unter Trennung zu leiden habt. Nur bin ich der Meinung, daß es sich bei eurem angeblichen Gebrechen in Wirklichkeit um ein begnadetes Talent handelt. Ihr besitzt eine parapsychische Begabung noch unbekannter Natur, die zu fördern es sich lohnt. Ihr dürft dieses Talent nicht verkümmern lassen. Und ihr dürft es nicht verdammen, nur weil ihr darunter zu leiden habt und es noch nicht kontrollieren könnt. Aber unter der Führung von geschulten Parapsychologen ..."
Gucky unterbrach sich, als er an die unliebsamen Erfahrungen dachte, die er auf Mimas mit den Paraspezialisten gemacht hatte. Dieses Argument war weniger gut, und es trug ihm ein spöttisches Lächeln von Alaska ein. „Kurzum, ihr seid Psibegabt wie ich", änderte Gucky seine Linie. „Und ihr müßt euch euren Fähigkeiten stellen!"
„Ich nehme an, diesen Überfall haben wir Cadfaels Indiskretionen zu verdanken", sagte Nadja mit einem vorwurfsvollen Blick auf den Gäaner. „Danken solltet ihr ihm, nicht ihn anklagen", sagte Gucky, bevor Cadfael Benek sich rechtfertigen konnte. Der Ilt war jetzt so in Fahrt, daß er die Gesprächsführung nicht mehr aus der Hand geben wollte. „Ich habe vorhin den Aufruf von ES an die >Spiegelgeborenen< erwähnt. Ich bin nun, da ich euch gegenübersitze, sicher, daß ihr damit gemeint seid. Mila und Nadja, ES hat euch dazu bestimmt, die Träger der beiden noch verfügbaren Zellaktivatoren zu sein! Ich bitte euch, mich nach Wanderer zu begleiten und die Unsterblichkeit in Empfang zu nehmen."
Eine Weile herrschte Schweigen, und aller Augen waren auf die Zwillingsschwestern gerichtet. Sie schienen sich inzwischen einigermaßen von der ersten Überraschung erholt zu haben, und nach einem kurzen Blickwechsel schienen sie gefestigt genug, sich dem verbalen Frontalangriff zu stellen. „Wir haben natürlich doch von dem Aufruf gehört", gab Nadja zu, „aber wir haben ihn beide ohne vorherige Absprache ignoriert. Denn wir fühlten uns in
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