1653 - Der schöne Schein des Bösen
befreien, an dessen Seite immer mehr Erde nachrutschte.
Ans Schießen dachte er nicht mehr. Auch der andere Typ hatte das Interesse an Bill Conolly verloren. Er schaute den Bemühungen seines Freundes zu, wie der versuchte,, sich hochzustemmen, was nicht so einfach war. Erst als er reagierte, an den Trichter trat und seine Hand den Arm seines Kumpans umfasste, klappte es besser. Schiefnase konnte aus seiner Lage befreit werden.
Keuchend stolperte er vom Trichter weg und rief dabei immer wieder den Namen seines Kumpans.
Der Mann hieß Abdul, wie auch Bill jetzt hörte. Er zerrte Schiefnase von der Stelle weg, und beide blieben ein paar Schritte weiter stehen.
Sie waren ratlos. Da gab es auf der einen Seite den Mann, den sie töten wollten, und auf der anderen war etwas geschehen, das sie nicht begriffen.
Der Erdboden hatte seine Festigkeit verloren. Er war weich und nachgiebig geworden, als hätte sich dort ein Sumpfloch aufgetan, das auf seine Beute gelauert hatte.
»Scheiße, was ist das gewesen?« Schiefnase hatte sich noch immer nicht beruhigt.
Sein Blick wechselte zwischen dem Erdboden und Abdul hin und her.
»Das weiß ich nicht. Du hast doch da gestanden.«
»Ja, ja, habe ich. Und ich hatte plötzlich das Gefühl, als wäre da unten jemand.«
»Wie?«
»Ja, verdammt. Einer der den Boden aufgewühlt hat.«
»Ein Tier?«
»Scheiße, weiß ich doch nicht.«
Die Waffenhändler waren mit ihrem Latein am Ende, das merkte auch Bill, der sich davor hütete, sich einzumischen, und zunächst mal abwartete. Noch war die Gefahr nicht vorüber, auch wenn keine Mündung mehr auf ihn wies.
Es war nur ein Schnaufen zu vernehmen. Aber dann hatte sich Abdul wieder an Bill Conolly erinnert. Er kam zwar nicht näher, aber er sprach ihn an.
»He, was war das?«
Bill drehte den Kopf nach rechts, »Woher soll ich das wissen? Ich habe keine Ahnung.«
»Ach, wirklich nicht?«
»Nein. Ihr habt mich doch an diesen Ort geführt. Ich kenne ihn gar nicht.«
Abdul machte den Eindruck, noch etwas sagen zu wollen. Ihm fiel nichts ein, deshalb schaute er wieder auf den Trichter.
An der tiefsten Stelle fing die Erde wieder an, sich zu bewegen, weil sie von unten her Druck bekommen hatte. Da hielt sich etwas verborgen, was unbedingt ins Freie wollte, aber noch nicht zu sehen war.
Bill war über alles dankbar, was die Aufmerksamkeit der Killer von ihm ablenkte und sie nicht mehr an ihr Vorhaben erinnerte. Sekunden vergingen in einer schon atemlosen Spannung, als sich die Erde plötzlich wieder bewegte und von unten her etwas ins Freie stieß.
Es war hell, es war schmal, und es war Sekunden später deutlicher zu sehen.
Auch Bill erkannte, was sich da ins Freie gewühlt hatte. Es war eine schmale Frauenhand…
***
Im ersten Moment wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Obwohl Sheila ihre Stimme unter Kontrolle hatte, schwang doch eine gewisse Besorgnis mit. Ich kannte sie gut genug. Sie machte sich zwar permanent Sorgen um ihren Mann Bill, aber sie hatte auch selbst schon so viel erlebt, dass sie nicht bei jeder Kleinigkeit in Panik verfiel.
Ich musste etwas sagen, und tat dies auch. »Wie lange ist Bill denn schon verschwunden?«
»Er war in der letzten Nacht unterwegs, ist am Morgen nicht nach Hause gekommen, und jetzt ist es schon wieder dunkel geworden, ohne dass ich etwas von ihm gehört habe.«
»Was ist mit seinem Handy?«
»Tot.« Sie lachte scharf. »Du glaubst gar nicht, wie oft ich versucht habe, ihn zu erreichen. Aber da war nichts, John, und meine Sorgen wachsen immer weiter.«
»Hm…«
»Was soll ich tun, John?«
Eine konkrete Antwort konnte ich ihr auch nicht geben. Es war wichtig, was Bill Conolly getan und woran er gearbeitet hatte.
Bill war nicht nur mein ältester Freund, er gehörte praktisch zum Sinclair-Team. Sein Leben lang hatten er und seine Frau es mit den Mächten der Finsternis zu tun gehabt.
Das war in den letzten Jahren zwar etwas schwächer geworden, hatte aber nie ganz aufgehört. Auch jetzt mischte Bill noch oft genug mit, denn er gehörte zu den Eingeweihten.
In seinem Job war er super. In seinen Berichten ging es oft um unerklärliche Vorgänge, die er überall in der Welt suchte.
Natürlich stolperte er dabei zwangsläufig über Vorgänge, die auch mich angingen, und so blieb es nicht aus, dass wir manche Fälle gemeinsam angingen.
»Du denkst nach, John?«
»Ja. Aber ich habe keine Lösung. Ich weiß einfach zu wenig. Da musst du mir helfen, Sheila.«
»Das kann ich
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