1656 - 20 von Ertrus
aber dieser Ruf war Kantor nicht zu Kopf gestiegen. Er blieb zurückhaltend und bescheiden; nur wenn es unmittelbar um seine Forschungsarbeit ging, konnte er mitunter autoritär werden und das Gewicht seiner Persönlichkeit wirkungsvoll in die Waagschale werfen. „Wir werden es versuchen", versprach er zurückhaltend. „Und wahrscheinlich werden wir es auch schaffen. Ich bin da sehr zuversichtlich."
„Wir müssen", antwortete Perry Rhodan leise. „Wir haben keine andere Wahl."
Er blickte hinauf zum Himmel. Über Noman zog das auf, was man hier als Tag bezeichnete - fahler Dunst, der das Licht verschluckte und streute, und auf dem Boden nur ein vages Dämmern entstehen ließ.
Ein schwacher Wind trieb weißliche Schwaden durch die Landschaft, die aus reglos stehenden Schwarzkorallen zu bestehen schien. Zeitlupenhaft langsam bewegte sich ein Tier am Rande von Rhodans Gesichtskreis. „Neutronen", murmelte Perry Rhodan nachdenklich. „Bei welchem natürlichen Prozeß werden solche gewaltigen Mengen an Neutronen freigesetzt? Kernzerfall, das ist das erste, was mir einfällt, die natürliche Radioaktivität mancher Stoffe. Wenn schwere Elemente, etwa Uran, zerfallen, dann werden Neutronen freigesetzt."
„Jedenfalls ziemlich oft", stimmte Myles Kantor zu. „Neutronen dienen in einem Atomkern vornehmlich dazu, den Kern stabil zu halten. Die Protonen, alle positiv geladen, würden sich mit Macht gegenseitig abstoßen, das wird durch die Neutronen verhindert. Und genau das ist unser Problem - eine große Anzahl von Neutronen haben wir nur in schweren Atomkernen, die aber ohne diese Neutronen sofort zerfallen würden. Von solchen Zerfallsprodukten ist aber an Bord der FORNAX nichts bekannt."
Perry Rhodan machte ein verdrossenes Gesicht. „Ist dir irgendein natürliches Element bekannt, das nach dem Verlust seiner Neutronen noch stabil wäre?"
„Leider nicht", antwortete Myles Kantor bedauernd. „Selbst bei den uns bekannten modernen, künstlich erschaffenen Elementen ..."
„Doch!" Rhodan sah aus, als sei ihm spontan etwas eingefallen. „Bitte?" Myles Kantor schaute ihn an. „Doch", wiederholte Perry Rhodan. „Es gibt natürlich ein solches Element. Es kommt sogar in der Natur vor."
„Und welches?"
„Isotope des Elements Wasserstoff", antwortete Perry Rhodan. „Wasserstoff besteht normalerweise aus einem Proton und einem Elektron. Ein Neutron zum Stabilisieren des Kerns ist gar nicht nötig bei einem Proton. Aber es gibt Formen des Wasserstoffs, bei denen im Kern auch Neutronen enthalten sind."
„Deuterium, natürlich!" rief Kantor aus. „Und Tritium! Deuterium hat ein Neutron und gibt dem Wasserstoff dadurch das Atomgewicht 2, daher der Name. Und Tritium, mit zwei zusätzlichen Neutronen, gibt Wasserstoff das Atomgewicht 3."
Myles Kantor kniff die Augen zusammen und dachte über seine Aussage nach. „Deuterium ist absolut stabil, und Tritium zerfällt mit einer Halbwertszeit von zwölf ein viertel Jahren", überlegte Perry Rhodan halblaut. „Außerdem kommen sie unter normalen Umständen im Isotopengemisch viel zu selten vor", ergänzte Myles Kantor. „Sind die Proben daraufhin schon analysiert worden? Ich meine, hat man sie auf das Wasserstoff-Isotopengemisch untersucht?" fragte Perry Rhodan. „Nein", mußte Myles Kantor zugeben. „Aber das können wir nachholen. Und wir werden es tun. Sofort!"
Er wandte sich zum Gehen. Perry Rhodan blickte ihm hinterher. „Ob Myles damit auf der richtigen Spur ist?" fragte der Terraner leise sich selbst.
Perry Rhodan ließ in einem leisen Seufzer die Luft ab. „Hoffentlich", sagte er versonnen. „Wenn nicht - was für Chancen haben wir noch?"
Er blickte hinüber zum Landeplatz der Space-Jet; dort war Myles Kantor mit Mertus Wenig und einigen Kollegen zu sehen. Sie hatten die Köpfe zusammengesteckt und diskutierten eifrig; andere Wissenschaftler waren schon damit beschäftigt, die ersten Proben genauestens zu untersuchen. Der Terraner erhob sich.
Langsam ging Perry Rhodan hinüber zur Space-Jet. Aus den offenen Luken fiel Scheinwerferlicht auf den düsteren Boden von Noman, es hatte einen eigentümlich warmen, gelblichen Farbton. Normalerweise hätte man dieses Licht für weiß gehalten, aber in dieser Welt aus Schwarz, Grau und Weiß wurde der gelbe Schein deutlich sichtbar.
Vielleicht ein Hinweis mehr darauf, daß man das allzu Offensichtliche nicht einfach glauben sollte? „Nun, Myles? Ich weiß, es ist sehr früh für eine Nachfrage, aber
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