1658 - Goldzombie
lag hier nicht mehr so hoch. An manchen Stellen war die Erde zu sehen, und auch der Weg, den wir nehmen mussten, war beinahe schneefrei.
Ich ließ das rechte Seitenfenster nach unten fahren. Der Fahrtwind schaufelte die kalte Luft gegen meine Haut, aber mein Blick war besser geworden. Nur durfte ich nicht zu lange schauen, sonst tränten meine Augen.
Ja, ich sah das Haus. Es lag noch etwas entfernt. Es stand auf einem flachen Hügel. Dass ich es überhaupt sah, lag an den wenigen Außenleuchten.
»Wir sind gleich da«, meldete Godwin, »endlich.«
Ich wollte wissen, wie spät es mittlerweile schon geworden war. Mitternacht war noch nicht ganz erreicht. Da lagen noch einige Stunden tiefer Dunkelheit vor uns.
Es gab keine großen Kehren mehr. Der Weg führte direkt auf das kleine Sanatorium zu. Mit seinem Flachdach war es wirklich kein Prachtbau. Es passte nicht hierher in die Berglandschaft. Das war seinen Erbauern offenbar ziemlich egal gewesen. Der Lichtteppich der Scheinwerfer hüpfte von dem Jeep auf und nieder. So riss er die schlechte Wegstrecke aus der Dunkelheit, aber alles schaffte der Wagen locker.
»Soll ich bis an den Bau heranfahren?«
»Weiß nicht. Moment mal.« Ich fragte Marco: »Wo hast du immer den Wagen geparkt. Vor dem Haus?«
»Nein, dahinter. Es gibt da noch einen Anbau mit kleinen Wohnungen in der ersten Etage. Darunter befinden sich mehrere Garagen. Ich stellte den Wagen zumeist davor ab.«
»Danke.«
»Ich habe alles verstanden«, meldete der Templer. »Den Weg werde ich finden. Kein Problem.«
Er hatte nicht zu viel versprochen.
Ich suchte auf der kurzen Strecke nach irgendwelchen Wachen. Sie waren nicht zu sehen, aber es gab noch Helfer im Innern des Hauses, die Armand Didier zur Seite standen.
Das hatte mir Marco freiwillig gesagt. Wie es aussah, hatte er aufgegeben, aber ich war mir nicht sicher, dass er uns nicht in den Rücken fiel. Seine Augen weiteten sich, als er plötzlich die Pistole in meiner Hand sah. Ich schoss nicht, ich schlug zu, traf seine Stirn und schickte ihn ins Reich der Träume.
»Sorry, aber es ging nicht anders.«
Godwin de Salier hatte den Jeep mittlerweile am Haus vorbei gelenkt und fuhr dem Anbau entgegen. Bisher hatte uns niemand aufgehalten, und das blieb auch so, als wir vor den Garagen stoppten. Die Fenster der Wohnungen darüber waren dunkel, was mich zusätzlich beruhigte.
Beim Aussteigen nahm ich die Maschinenpistole mit, was bei Godwin einen verwunderten Blick hinterließ.
»So kenne ich dich gar nicht.«
Ich grinste. »Öfter mal was Neues.«
»Und der Typ hinten im Wagen schläft?«
»Ja. Mindestens zwei Stunden, schätze ich.«
»Dann haben wir ja freie Bahn.«
»Du sagst es. Und vielleicht erleben wir sogar eine verfluchte Höllengeburt…«
***
Der Goldene Käfig hielt sie noch immer umfangen!
Lisa Cordial bekam alles, was sie brauchte, nur die Freiheit hatte man ihr nicht zurückgegeben, und das war für sie grausam. An die Gefangenschaft hatte sie sich nicht gewöhnen können. Die Wochen und Monate waren ihr länger vorgekommen als normal, aber jetzt, als es dem Ende zuging, da überkam sie der Eindruck, dass die Zeit viel schneller ablief als normal.
Die schwangere Frau lag auf ihrem Bett. Es war mit einer guten Matratze ausgestattet und sie hatte in all der Zeit nie Rückenschmerzen bekommen; trotz des schweren Bauches, auf den sie schaute. Im Zimmer war es nicht dunkel. Schmale Leuchten, verborgen hinter Leisten, gaben ein gedämpftes Licht ab, sodass die helle Einrichtung des Zimmers einen rötlichen Anstrich erhielt.
Auch bei ihr hatte sich etwas verändert. Vor drei Tagen hatte Erika eine fahrbare Wiege in den Raum geschoben. Eine Liegestatt für das Kind, das noch in dieser Nacht auf die Welt kommen sollte.
Noch musste sie warten. Aber sie spürte die Unruhe in ihrem Bauch. Der Kleine wollte nicht mehr normal liegen. Er bewegte seine Füße, er trampelte, als wollte er ihr Zeichen geben, endlich aus dieser warmen Höhle herauszukommen.
Es gab kein Zurück mehr für sie. Sie machte sich Gedanken darüber, wie das Kind wohl aussah. Jede Mutter grübelte darüber nach, freute sich, aber das war bei ihr nicht der Fall. Sie konnte einfach keine Freude empfinden, sondern nur eine bestimmte Spannung, die sie auch als Angst einstufte. Und sie spürte das Brennen auf der Haut. Das Gefühl war erst entstanden, nachdem man sie mit dieser goldenen Farbe bemalt hatte. Noch wusste sie nicht über deren Bedeutung Bescheid. Doch
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