1658 - Goldzombie
rief: »Was ist denn da los, John?«
»Unser Freund hat Probleme. Die Farbe auf seinem Gesicht ist wohl nicht der Schutz gewesen, den er sich gewünscht hat. Das Kreuz steht im krassen Gegensatz dazu.«
»Verstehe. Soll ich anhalten?«
»Nein.«
Marco litt. Es ging nur um sein Gesicht. Der Körper blieb von den Qualen verschönt. Auf seinem Gesicht entstanden die zahlreichen Blasen. Sie sahen auch nicht golden aus, denn die Farbe verlief dabei. Die Blasen schimmerten leicht rötlich, als wären sie mit einer blassen Flüssigkeit gefüllt.
Dann platzten sie mit leisen und leicht blubbernden Geräuschen, sodass ihr Inneres freie Bahn hatte und am Gesicht entlang zum Hals hinab rann. Ja, die Blasen hatten kleine Wunden hinterlassen, sodass Marcos Gesicht schließlich aussah wie bespickt.
Es vergingen mehr als drei Minuten, bis ich ihn wieder anleuchtete. Da war keine goldene Schicht mehr in seinem Gesicht zu sehen. Das Kreuz hatte ihn von dieser magischen Färbung befreit. Aber Marco ging es nicht gut, er litt unter Schmerzen und presste beide Hände vor sein Gesicht.
Für mich war er nur ein Mitläufer gewesen. Es war jetzt wichtig, diesen Armand Didier zu stellen, und das würde in der Klinik geschehen. An die Geburt eines goldenen Kindes durfte ich dabei gar nicht erst denken.
Marco stöhnte. Das war nicht gespielt. Ich ging davon aus, dass er unter Schmerzen litt, und wollte ihm helfen.
»Nimm mal deine Hände runter.«
Er tat es sofort. Kein Widerstand regte sich in ihm. Neben mir saß ein Häufchen Elend, mit dem ich sogar Mitleid hatte.
Sein Gesicht war mit kleinen Wunden übersät. Es glänzte auch feucht, und ich fragte ihn, ob er ein Taschentuch haben wollte, um sich etwas zu reinigen.
»Ja, möchte ich.«
Er bekam meines. Als er sein Gesicht damit zum ersten Mal berührte, zuckte er zusammen. Wahrscheinlich hatte er einen kurzen Schmerz auf seiner Haut gespürt.
»Du musst vorsichtig sein.«
»Ich versuche es.«
Vom Lenkrad her meldete sich Godwin de Salier. »Ich denke, wir sind gleich da, John. Es ist nicht mehr weit bis Chur, und dieses Sanatorium soll noch vor der Stadt liegen.«
Diese Sätze brachten mich zurück in die andere Wirklichkeit. Die großen Probleme lagen noch vor uns, und darauf mussten wir uns konzentrieren. Jetzt war es gut, dass Marco neben mir saß. Ich sprach ihn an und musste zweimal nachhelfen, bevor er eine Reaktion zeigte.
»Reiß dich zusammen, wir haben das Ziel bald erreicht. Wo genau müssen wir von der Straße abfahren?«
Zunächst gab er keine Antwort. Wenig später hatte er begriffen, was ich meinte. Er blieb nicht mehr so starr sitzen, sondern bewegte sich, um aus dem Fenster zu schauen.
»Ja, es dauert nicht mehr lange.«
»Wann, fragte ich.«
Er brachte sein Gesicht nahe an die Scheibe heran. Dann sagte er mit leiser Stimme:
»Hinter der nächsten Geraden geht es rechts ab. Es ist ein Weg, der in die Hänge führt. Auf einem steht das Haus.«
»Sehr gut. Und das Kloster?«
»Wieso?«
»Es ist doch noch dort - oder?«
»Ja, aber weiter zurück und noch ein paar Meter höher.«
»Hast du alles verstanden, Godwin?«
»Keine Bange, das habe ich.«
Marco hatte sich wieder in den Sitz zurückfallen lassen. Insgesamt machte er einen völlig kaputten Eindruck. Darauf konnte ich keine Rücksicht nehmen. Er hätte es bei uns auch nicht getan und uns eiskalt erschossen.
»Wie sieht es aus? Ist das Sanatorium von einer Mauer umgeben, die wir überklettern müssen? Gibt es eine besondere Zufahrt oder ein Warnsystem und Aufpasser?«
»Nein.«
»Ohne Wachtposten?« Das konnte ich nicht glauben und sah ihn skeptisch an. »Hat man denn nichts zu verbergen? Will man, dass jeder hineinkommen kann?«
»Nur Eingeweihte kennen das Haus«, antwortete er.
Ja, das hätte ich mir denken können, dass es so war. Er sagte mir noch, dass es einige Überwachungskameras gab, die die Nähe des Eingangs kontrollierten.
»Kennt man den Jeep?«
»Sicher.«
Das war gut. So rechnete ich damit, dass uns keiner aufhalten würde, wenn wir auf das Grundstück fuhren.
Godwin meldete, dass er die Einmündung des anderen Wegs bereits sah. »Es sind nur noch ein paar Meter.«
»Okay, dann los.«
Der Templer verlangsamte das Tempo, um nicht zu schleudern, wenn er in die Kurve fuhr. Alles lief glatt, und als ich wenig später aus dem Fenster schaute, sah ich trotz der Dunkelheit, dass sich die Gegend verändert hatte.
Die hohen Berge hatten sich zurückgezogen. Auch der Schnee
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