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1660 - Die Todesengel von Hangay

Titel: 1660 - Die Todesengel von Hangay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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hatte.
    Sie hatten ihm den Chip entfernt, den ihm ES implantiert hatte. Damit hatte er nicht nur seine relative Unsterblichkeit verloren, sondern auch sein Leben verwirkt. Er hatte nur noch höchstens 62 Stunden. Danach würde ihn sein Alter einholen, und ihn in einem rasenden Prozeß zu Staub zerfallen lassen.
    Ihm wurde auf einmal schwindelig, und er fiel auf das Lager zurück. „Die Transplantation ist geglückt", hörte er Lyndaras fröhliche Stimme von der Tür. „Wenn man glauben darf, was man sich über die Wunderkraft des Chips sagt, wird Seyna bald wieder auf den Beinen sein. He, Tiff, was ist mit dir? Der Entzug beginnt doch nicht schon zu wirken?"
    Er sah sie durch die Schleier vor seinen Augen über sich auftauchen. Sie wirkte bekümmert. „Kann ich was für dich tun, Tiff?" fragte sie. „Ja", sagte er mit belegter Stimme. „Verschwinde. Ich möchte wenigstens nicht verhöhnt werden."
    Aber ihre besorgte Miene, die ehrliches Mitgefühl ausdrückte, zeigte ihm, daß sie nicht daran dachte, ihn zu verspotten. „Okay, beruhige dich, Tiff", sagte sie begütigend. „Dein Wunsch ist mir Befehl. Ich lasse dich in Ruhe. Aber wenn du irgend etwas brauchst, dann lasse es mich wissen."
    Was er wirklich dringend gebraucht hätte, war gar nicht viel. Es war ein kleines, flaches, unscheinbares Leichtgewicht.
    Irgendwann erschien Lyndara wieder. Sie brachte ihm eine Schüssel mit irgendeinem Brei und einen Krug mit Flüssigkeit. „Urkhiitu und Poona!" rief sie aufmunternd. „Das wird dich kräftigen, Tiff."
    Er hatte keinen Appetit. Lyndara behandelte ihn wie ein unartiges Kind und versuchte, ihm Urkhiitu gegen seinen Willen in den Mund zu stopfen und ihm Poona einzuflößen.
    Aber er erbrach alles wieder. „So geht das nicht mit dir weiter", tadelte sie und verschwand. Gleich daraufkam sie mit seinem SERUN zurück. „Wenn du nicht essen willst, wird dir der Anzug helfen."
    Sie kleidete ihn umständlich an, dabei darauf bedacht, ihm nicht die Glieder zu brechen. Dabei äußerte sie sich bewundernd darüber, wie gut sein Körper für einen bald Dreitausendjährigen erhalten war. „Merkst du denn nicht, wie grausam du zu mir bist, Lyndara?" fragte er, nachdem sie ihm den SERUN übergestreift hatte. Er fühlte sich jetzt tatsächlich besser. Für eine Weile würde das Lebenserhaltungssystem des Anzuges ihm helfen können. Aber wenn in der letzten Phase erst der rapide Alterungsprozeß einsetzte und seine Körperzellen zerfallen würden, würde der SERUN nichts mehr nützen können. „Warum bist du nicht human und gibst mir einfach den Gnadenschuß?"
    Ihre Stirn umwölkte sich, und sie biß sich auf die Lippen. „Das hat Zop verboten", gestand sie dann gesenkten Blicks. „Er will dir beim Sterben zusehen. Ich kann da nichts tun, denn wir brauchen ihn, damit er uns nach Mystery bringt."
    Sie ließ ihn wieder allein. Tifflor beschloß trotz SERUN einen Spaziergang zu machen, um in der synthetischen Schönheit des Parks seine Gedanken zu ordnen und wenigstens bis zu seinem Lebensabschluß mit sich selbst ins reine zu kommen. Aber er blieb nicht lange draußen, sondern kehrte fluchtartig in sein Zimmer zurück. Er ertrug die neugierigen, sezierenden Blicke einfach nicht, die man ihm von allen Seiten unverhohlen zuwarf. Alle schienen von einer geradezu perversen Sensationsgier befallen und am Sterben eines Unsterblichen teilhaben zu wollen.
    Tifflor zählte seine Stunden. 40 Stunden nach der Operation suchte ihn Lyndara auf und berichtete betrübt: „Seyna geht's noch nicht besser. Der Chip scheint bei ihr nicht zellregenerierend zu wirken. Haben wir etwas falsch gemacht?"
    Tifflor begann neue Hoffnung zu schöpfen. „Ich habe es vermutet, aber dies ist der Beweis", sagte er. „Seyna wird nicht zu helfen sein, weil die Unsterblichkeitschips nicht übertragbar sind. So muß es sein."
    „Ich gebe die Hoffnung nicht auf."
    „Warte nicht zu lange, Lyndara", bat Tifflor. „Wenn er Seyna nicht hilft, dann mußt du mir den Chip zurückgeben, bevor es zu spät ist. Ich habe nicht mehr viel Zeit."
    Weitere zehn Stunden später kam Lyndara schluchzend zu ihm und weinte sich an seiner Schulter aus. Tifflor fühlte sich selbst schon zu schwach, so daß er nicht die Kraft hatte, sich ihrem Gewicht entgegenzustemmen. Manchmal hatte er das Gefühl, als würde er bereits innerlich verwesen. Aber natürlich bildete er sich den Verwesungsgeruch nur ein. Er phantasierte bereits wie im Delirium. „Seyna ist tot", brach es

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