1660 - Geistersturm über London
Ich ging jetzt davon aus, dass die Detektivin gelenkt wurde. Wer dahintersteckte, lag auf der Hand. Danach fragte ich sie nicht. Ich schaute in den Spiegel und hielt Ausschau nach unserem Rover. Suko würde uns bestimmt auf der Spur bleiben.
»Noch mal, wo willst du hin?«
Sie öffnete den Mund, und ihre Antwort bestand mehr aus einem Zischen. »Geh, Sinclair! Verschwinde! Ich will allein bleiben. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben. Ich will einfach in Ruhe gelassen werden.«
»Ist es wegen ihr?«
»Wen meinst du?«
»Die Totengöttin natürlich.«
Jane sagte nichts. Sie fuhr weiter. Wir näherten uns dem Park, der als winterliche Kulisse vor uns lag. Der viele, Schnee hatte auch hier ein völlig neues Bild geschaffen, wie man es nur selten zu sehen bekommt. In diesem Jahr war der Schnee liegen geblieben, und daran würde man sich noch lange erinnern.
»Sie kann nicht gewinnen, Jane, und du kannst es auch nicht. Das solltest du wissen, und das weißt du auch.«
Erneut hielt sie den Mund, aber ich stellte fest, dass sich ihr Verhalten änderte. Sie blieb zwar auf ihrem Platz sitzen, lenkte auch den Wagen, aber ihre Bewegungen passten nicht mehr dazu. Mal bewegte sie den Kopf schüttelnd, dann legte sie ihn in den Nacken, öffnete auch den Mund, sagte etwas, und ich hatte den Eindruck, dass die Worte eine Antwort gewesen waren, und das für irgendjemanden, den ich nicht sah.
Es wäre reizvoll gewesen, das Kreuz zu ziehen und es einzusetzen. Aber neben mir saß kein Dämon, sondern meine Freundin und Vertraute Jane Collins, Das war etwas ganz anderes. Die Macht des Kreuzes war stark, und ich fürchtete mich davor, Jane etwas anzutun. Deshalb suchte ich nach einem anderen Ausweg. Wir blieben auf dem Weg zum Park. Über das Grosvenor Gate konnten wir hineinfahren, worauf auch alles hindeutete. Ich wurde automatisch mit der prächtigen Winterkulisse konfrontiert, da musste man einfach schauen, denn der Park war zu einem Paradies für Kinder geworden. Sie rodelten an den leichten Steigungen. Ihnen war es egal, ob sie auf Schlitten, Reifen oder einfach nur Plastiktüten die Hänge hin abglitten.
Das Gate hatten wir hinter uns gelassen. Wir konnten nur nach links abbiegen. Dieser Weg führte zu einem Parkplatz. Von dort aus konnte man dann in alle Richtungen fahren.
Die Reifen rumpelten leicht über die festgefahrene und unebene Schneedecke. Ich war gespannt, welches Ziel Jane ansteuern würde. Eigentlich rechnete ich damit, dass sie tiefer in den Park hineinfahren würde, was sie aber nicht tat. Sie lenkte ihren Golf auf den ebenfalls mit Schnee bedeckten Parkplatz, der nicht gefüllt war, denn es gab zahlreiche Lücken.
In eine fuhr Jane hinein. Der Wagen stand wenig später, sodass er ohne Probleme und große Wendemanöver aus dieser Parktasche gefahren werden konnte. Jane stellte den Motor ab und blieb hinter dem Lenkrad wie eingefroren sitzen. Ich hatte den Eindruck, als würde sie auf etwas warten. Sie wehrte sich nicht, als ich den Zündschlüssel an mich nahm. Ich schien sie überhaupt nicht zu interessieren. Aber sie blieb auch nicht mehr so starr. Einige Male deutete sie ein Nicken an, als müsste sie jemandem Bescheid geben, den nur sie sah.
»Und jetzt, Jane? Wie geht es weiter?«
»Hau ab!«
Die Antwort berührte mich nicht mehr, ich sah sie als typisch an. Sicherlich überraschte sie meine Reaktion, denn ich umfasste den Türgriff und stieg aus. Es war kein großes Risiko, weil ich den Wagenschlüssel mitgenommen hatte. Ich wollte Jane eine Chance geben, das zu tun, was sie eigentlich vorgehabt hatte. Es gab auch noch einen zweiten Grund für mein Aussteigen, und der hieß Suko. Er hatte die Verfolgung aufgenommen, und jetzt wollte ich nach ihm und dem Rover schauen.
Ich sah ihn nicht. Er war auch nicht zwischen den abgestellten Autos zu entdecken. Entweder tauchte er bald hier auf, oder er hatte uns verloren. Das konnte ich mir aussuchen. So schnell gab ich nicht auf und ging ein paar Meter weiter zu einem anderen Platz. Auch von dieser Stelle aus sah ich nichts von Suko. Pech gehabt.
Jane saß noch im Wagen. Ich beobachtete sie und stellte fest, dass sie sich auf ihrem Sitz bewegte. Es war vor allen Dingen ihr Kopf, der mir auffiel. Es sah tatsächlich so aus, als würde sie sich mit jemandem unterhalten. Ich stieg wieder ein. Jane nahm keine Notiz von mir und änderte auch ihr Verhalten nicht. Zudem hörte ich, dass sie mit sich selbst sprach, obwohl es den Anschein hatte, als würde
Weitere Kostenlose Bücher