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1661

1661

Titel: 1661 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Denis Lépée
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fanatischen religiösen Gruppierungen wieder aktiv geworden sind. Wisst Ihr etwas darüber?«
    »In Paris gärt es, Eure Eminenz«, wich d’Orbay bedachtsamder Frage aus. »Nach all den Jahren gibt es sehr viele Opfer Mazarins. Es ist schwierig vorherzusagen, welches politische Lager den Sieg davontragen wird. Am Hof fragt man sich, ob der junge König nach dem Tod seines Paten in der Lage sein wird, Frankreich allein zu regieren. Und in den Salons wird man nicht müde, Mutmaßungen anzustellen, wer zu so starkem Einfluss gelangen wird, dass er den Italiener aus dem Bewusstsein des Souveräns drängt.«
    »Und das Volk?«, wollte de Gondi wissen. »Worüber tuscheln die einfachen Leute?«
    »Die Stimmung im Volk ist schwer zu ergründen. Ich glaube, Mazarin selbst achtet nicht mehr mit der gleichen Schärfe wie früher auf die Ansichten der Untertanen des französischen Königs. Es ist, als ob eine Epoche zu Ende ginge. In den letzten zwanzig Jahren hat Europa mehr Aufstände von großer Tragweite erlebt als das ganze Jahrhundert zuvor. Aufstände, die für viele vollkommen überraschend ausbrachen, gingen ihnen doch keine Hungersnot oder übertriebene Steuererhöhungen voraus. Ich persönlich glaube, dass die Zukunft des Königreichs zum Großteil von der Fähigkeit des künftigen Mazarin abhängen wird, dies zu begreifen.«
    »Und was macht unser lieber Monsieur Colbert?«
    »Wie gewöhnlich ist er mit all seinen Talenten seinem Herrn und Meister zu Diensten«, antwortete François d’Orbay.
    Der Erzbischof nickte gedankenversunken.
    »Mazarins Tod wird tiefgreifende Umwälzungen zur Folge haben. Alles hängt davon ab, wer an die Macht gelangt   …«, fuhr d’Orbay fort. »Der Posten des Ersten Ministers wird sehr bald vakant sein, und es könnte viele Kandidaten dafür geben.«
    »Nicolas Fouquet, zum Beispiel   …«, erklärte der Erzbischof mit leiser Stimme und sah ihn durchdringend an. »Man hat mir zugetragen, dass er auf Belle-Île Truppen bewaffnet. Doch sicherlich wisst Ihr wesentlich mehr darüber als ich, nichtwahr, mein lieber d’Orbay? Ihr seid doch der Baumeister des Schlosses Vaux-le-Vicomte, das der Oberintendant der Finanzen gerade bauen lässt, oder?«
    Da begriff der Architekt, dass ihre Unterhaltung über die Zukunft des Königreichs nichts bringen würde. De Gondi war offensichtlich weder geneigt, sich für oder gegen Fouquet zu erklären, noch, seine eigenen Pläne kundzutun.
    »Das entzieht sich leider meiner Kenntnis, Eure Eminenz.«
    Während sie sich unverfänglicheren Themen zuwandten, sagte sich der Architekt, dass der Kardinal de Retz in all den Jahren seinem Ruf treu geblieben war: Er war bedachtsam, gut unterrichtet, aber vor allem überheblich. Als er den Palazzo Farnese verließ, die Glocken von St. Beatrice schlugen gerade zwölf Uhr Mittag, war François d’Orbay zu der Überzeugung gelangt, dass die einstigen Frondeure angesichts des nahen Todes ihres alten italienischen Feindes über keine eindeutige Strategie verfügten.
    Das macht die Sache für uns wesentlich einfacher, dachte er und wandte sich um, um ein letztes Mal die Fassade des Palazzos zu bewundern.

Vaux-le-Vicomte
    Sonntag, 13.   Februar, zehn Uhr morgens
    Der Staub, den die zwanzig Reiter der Eskorte aufwirbelten, hatte das Blau der Uniformen der leichten Kavallerie längst unkenntlich gemacht. Selbst den Insassen der Karosse, die in schneller Fahrt auf der Straße von Fontainebleau unterwegs war, trübte er die Sicht. Nichtsdestotrotz versuchte der mit einem Mantel aus Purpur und Gold und Reiterstiefeln aus schwarzem Leder bekleidete Herr, der auf dem Ehrenplatz saß, etwas von der vorüberziehenden Landschaft zu erkennen, während er sich über dem Kohlebecken auf dem Kutschenboden die bloßen Hände wärmte.
    François d’Orbay saß frierend zu seiner Rechten, da die trockene Kälte langsam durch Schuhwerk und Kleidung zu dringen begann.
    »Wir sind bald da«, sagte er und wies mit dem Finger aus dem Fenster. »Seht, da vorn, das sind die Gemarkungen der alten Dörfer von Vaux, rechts liegt Les Jumeaux und links Maison-Rouge und der Hügel, auf dem sich vormals das alte Schloss erhob, aus dessen Steinen wir die Fundamente errichtet haben.«
    Gelassen streifte Nicolas Fouquet seine Handschuhe über und bewegte dabei so lange seine Finger, bis das maßgeschneiderte Paar richtig saß.
    »Lasst nur, Monsieur d’Orbay, die Kälte ist nicht so grimmig, und die Fahrt entspannt mich, zumal ich weiß, dass

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