1663 - Die neue Hölle
lassen. Uns zu demütigen ist für ihn sicher ein wahnsinniger Spaß. Er will seine Gegner leiden sehen, doch bisher hat er nichts dergleichen in die Wege geleitet.«
Sheila hob den Blick, und Bill sah den trüben Glanz in ihren Augen. »Meinst du das wirklich?«
»Ja, so denke ich.«
»Das kann ich nicht glauben. Du machst dir etwas vor.«
Bill verdrehte die Augen. »Hast du die Hoffnung denn aufgegeben, Sheila?«
»So gut wie«, flüsterte sie.
»Aber ich nicht.« Es gefiel Bill nicht, dass seine Frau so dachte. »Denk daran, in welch schwierigen Situationen wir uns schon befunden haben. Ich will einfach nicht akzeptieren, dass wir unseren Sohn verloren haben.«
»Und worauf setzt du?«
»Auf John Sinclair.«
Sheila sagte zunächst nichts. Sie sah ihren Mann nur an. »Aber auch John ist nicht allmächtig.«
»Stimmt. Nur ist er jemand, der nicht aufgibt, und es könnte sein, dass er noch ein paar Trümpfe in der Hinterhand hält.«
»Wir werden sehen«, murmelte Sheila…
***
»Und?«, fragte Jane Collins. »Was hat er gesagt?«
Suko erwiderte zunächst nichts. Er sah, dass Justine Cavallo die Gaststätte verließ, um sich draußen umzuschauen. Einen Versuch, sie zurückzuhalten, unternahm er nicht.
»Du kannst dir denken, wie es in Sheila und Bill aussieht. Sie sind beide ziemlich deprimiert.«
»Das ist nicht gut.«
»Bill hat wohl noch etwas Hoffnung. Dabei denkt er auch an John. Keiner von uns weiß genau, wo er steckt, und wenn ich meinem Gefühl vertrauen darf, dann gibt es immer noch Hoffnung.«
Jane Collins nickte. »Warten wir es ab. Irgendwann werden wir schlauer sein.« Sie deutete auf die Toten. »Der Engelfresser wird davon erfahren, und er wird kommen, um sich zu rächen. Was anderes kann ich mir nicht vorstellen. Hass, Rache, Abrechnung, das passt zu ihm.«
»Dann warten wir mal ab.«
Jane schaute zum Tresen hin. Von dort hatte sie ein Geräusch vernommen. Luke Wilson, der Besitzer des Gasthauses, hatte sich wieder gefangen. Mit einem Handtuch wischte er über sein schweißfeuchtes Gesicht und ging mit schlurfenden Schritten auf das eine Ende der langen Theke zu,, wo er anhielt. Der stechende Blick war nicht mehr in seinen Augen vorhanden. Er wirkte unsicher, vermied es jedoch, die Toten anzuschauen.
»Was haben Sie da getan?«, flüsterte er. »Sie haben eiskalt zehn Menschen umgebracht. Egal, wer sie waren, aber sie gehörten nicht zu den Tieren.«
Suko stellte etwas richtig. Er sagte: »Es waren keine Menschen, Mr. Wilson.«
»Was sind sie dann gewesen?«
Suko wusste, dass er sich auf dünnes Eis begab, als er fragte: »Können Sie mit dem Begriff Halbvampire etwas anfangen?«
»Nein, das kann ich nicht. Was soll das? Ich glaube nicht an Vampire und auch nicht an Halbvampire. Was erzählen Sie nur für einen Unsinn? Das nimmt Ihnen doch niemand ab.«
»Auch wenn Sie uns für verrückt halten, es ist aber so.«
Der Wirt überlegte. »Und was ist mit Ihrer Begleiterin? Dieser Blonden, die jetzt verschwunden ist?«
Suko winkte ab. »Haben Sie gesehen, was sie geleistet hat?«.
»Nein.« Wilson schüttelte sich. »Ich habe nichts gesehen. Ich war in Deckung. Dafür habe ich schreckliche Geräusche gehört. Auch Ihre Schüsse. Das waren schon Exekutionen. Wer sind Sie eigentlich, dass Sie sich so etwas erlauben können? Gemietete Killer?«
»Nein.« Suko erhob sich. Er griff in die Tasche und holte seinen Ausweis hervor. Damit ging er auf Wilson zu und blieb nahe genug vor ihm stehen, damit dieser ihn sich ansehen konnte.
Luke Wilson fing plötzlich an zu lachen. Nicht laut, mehr kichernd. »Sie sind vom Yard?«
»Da steht es.«
»Dann haben Sie die Lizenz zum Killen? Wie der gute James Bond?«
»Nein, die habe ich nicht, aber es gibt Ausnahmen, und in diesem Fall haben Sie eine erlebt. Ob Sie es glauben oder nicht, ich sage Ihnen noch mal, dass diese Personen hier keine normalen Menschen gewesen sind.«
»Ja, ja, schon gut.« Wilson war erleichtert, dass er einen Polizisten vor sich hatte. Er lehnte sich mit dem Rücken gegen das Regal hinter der Theke. In der rechten Hand hielt er eine Flasche Gin, aus der er zwei lange Schlucke nahm und meinte: »Man kann sich die Welt nur schön saufen.«
Jane und Suko gaben keine Antwort. Das war seine Sache. Aber sie wurden auf etwas aufmerksam. Denn von der Tür her hatten sie ein Geräusch gehört.
»Was war das?« flüsterte Jane. »Da ist jemand an der Tür.«
»Justine?«
»Möglich.«
Beide hatten das gleiche Gefühl.
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