1666 - Baphomets Rächer
schien sich sogar zu schütteln, aber sie fiel nicht zu Boden. De Fries schaffte es nicht mehr, seinen Mund zu schließen. Was er da gesehen hatte, das konnte nicht sein. Das war einfach unmöglich. Er konnte sich nur getäuscht haben, und er wischte sich sogar über die Augen, aber das Bild blieb bestehen. Vier Kugeln hatten es nicht geschafft, den Besucher zu Boden zu strecken. Und de Fries musste erkennen, dass sie ihn auch nicht getötet hatten. Warum nicht?
Diese Frage war in seinem Innern wie ein Schrei. Sein Gesicht zeigte plötzlich einen Ausdruck des Entsetzens. Er erlebte etwas Unmögliches, das es nicht geben konnte. Warum reichten vier Kugeln nicht?
Er dachte daran, noch weitere abzuschießen, und hob seine Waffe an, als er die Reaktion des anderen erlebte. Es begann mit einem Zucken. Man konnte es als Startsignal bezeichnen, und das war es auch, denn plötzlich setzte sich die Horrorgestalt in Bewegung.
Sie kannte nur eine Richtung.
Luc de Fries hatte das Gefühl, lachen zu müssen, und das tat er auch. Er erlebte hier etwas Unglaubliches, in dessen Mittelpunkt er stand. Er sah die Gestalt jetzt dicht vor sich und meinte, den Tod riechen zu können, als dieser seine rechte Hand bewegte. Auf die Sense hatte de Fries nicht mehr geachtet. Jetzt sah er sie plötzlich in seiner Höhe und neben der linken Kopfseite. Er wollte sich noch in Sicherheit bringen, was er im Normalfall bei seiner Reaktionsschnelligkeit leicht geschafft hätte.
Leider nicht in dieser Situation.
Nicht die Klinge der Sense traf, sondern das harte Ende des Griffs, und plötzlich glaubte er, sein Kopf würde in zwei Teile zerrissen. Er taumelte zur Seite, fiel gegen den Türrahmen, sackte dort zusammen und musste den nächsten Treffer hinnehmen, der seinen Rücken in der Mitte erwischte.
Das war zu viel für ihn. Seine Beine gaben nach, und er fand nichts mehr, woran er sich festhalten konnte.
Er fiel auf den Bauch.
Sein Kopf schien nicht mehr vorhanden zu sein, er spürte nur noch Schmerzen, die ihn wie eine Flut überschwemmt hatten.
Sein Gehör hatte nicht gelitten, denn über sich hörte er das blecherne Lachen des Tods…
***
»Kann ich dir mit einer Tasse Tee noch etwas Gutes tun, John?«
Ich winkte ab. »Nett gemeint, Godwin, aber zwei Tassen reichen mir.«
»Wie du meinst.« Er nickte mir zu und nahm seinen Beobachtungsplatz am Fenster wieder ein.
Ich stand nicht auf, sondern blieb am Tisch sitzen, wie ich es schon seit geraumer Zeit tat. Und dieser Tisch stand nicht in London, sondern in Frankreich, in einem Haus in der Bretagne.
Zum Spaß war ich nicht nach Frankreich gekommen. Es ging um einen ungewöhnlichen Mörder, dem wir auf der Spur waren. Es war eine Schreckgestalt, die Menschen mit einem scharfen Gegenstand tötete oder sogar aufhängte. Wir wussten, um wen es sich handelte. Da gab es einen Zeugen, der ihn gesehen hatte, und dieser Zeuge hatte ihn sogar sprechen gehört. Wenn auch mit einer dumpfen Stimme, aber er hatte den Namen Baphomet gut verstanden. Auf irgendwelchen Umwegen war die Aussage des Zeugen zu Godwin de Salier gelangt, und der war bei der Nennung des Namens Baphomet natürlich hellhörig geworden. Er hatte in diesem Fall recherchiert und herausgefunden, dass es bereits mehrere Tote gegeben hatte, die auf das Konto dieser Gestalt gingen. Es war ein Fall, der sich leicht ausweiten konnte. Aus diesem Grund hatte der Templerführer mich angerufen und um Unterstützung gebeten. Ich erlebte damit nichts Neues. Ich wusste, wenn Godwin anrief, brannte die Hütte. Deshalb war ich auch schnell gekommen. Diesmal trieben wir uns nicht im Süden des Landes herum. Zwar nicht genau hier, aber in diesem Umkreis war er öfter gesehen worden, und so hofften wir auf eine Begegnung.
Diesmal war der Templer sogar noch einen Schritt weiter gegangen. Er hatte einen Detektiv namens Luc de Fries engagiert, der sich ebenfalls in der Nähe aufhielt. Unmittelbar an dem Ort, wo eine der Taten passiert war. Warum die Menschen umgebracht worden waren, wussten wir nicht. Godwin hatte sich bemüht, mehr über sie zu erfahren, aber man hatte bei den zuständigen Polizeidienststellen geblockt. Man war dort selbst überrascht. Drei Leichen innerhalb kurzer Zeit in einem Feriengebiet, das schadete dem Image. Man wollte, dass keine Touristen erschreckt wurden, und der Fall sollte so schnell wie möglich gelöst werden. Zugleich auch ohne großes Aufheben.
Godwin und ich hätten gern mehr über die Toten gewusst. Diese
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