1666 - Der weite Horizont
viel Entsetzlicheres in dieser Schlucht als nur diese zusammengerotteten grauen Wilden. Boccu fühlte es, aber auch Attan konnte ihm noch nicht sagen, was es war. Auf eine nicht zu erklärende Weise wußte Boccu, daß etwas da war.
Der König erwartete ihn. Boccus Kopf war nicht so beweglich, daß er ihn drehen und noch einmal nach oben blicken konnte, zum Rand der Schlucht. Doch er wußte auch so, daß dort Henna und ihre Gefährten standen und daß sie nur aus der Verzweiflung heraus ihre Zustimmung gegeben hatten.
Er durfte sie nicht enttäuschen.
So selbstsicher, wie er ihnen gegenüber getan hatte, war er nicht. Er hatte in dieser Nacht viel gelernt und Quellen der Kraft in sich gefunden, die ihn an eine echte Chance glauben ließen. Er hatte die schreckliche Angst vor dem schwarzen Nichts überwunden und die Schwelle überschritten, hinter der nur das Ende oder das Licht auf ihn warten konnten.
Attan hatte ihn geführt. Er hatte sich ihm ganz anvertraut und sich selbst in ihm gefunden. Licht und Dunkel - sie waren eins. Getrennt waren beide Kräfte machtlos, aber vereint konnten sie Berge versetzen.
Dennoch redete er im stillen weiter mit seinem Geistvogel, als wäre es eine andere Wesenheit, und nun flehte er Attan an, ihn nicht im Stich zu lassen.
Boccu landete wenige Schritte vor Guth im kalten, steinernen Dorf.
Der König war viel größer als er, nahm man nicht die Breite als Maßstab, aber hier kam es nicht auf die Körpergröße an. Boccu ließ sich nicht von den anderen Voch verunsichern, die ihn schnell umkreist hatten. „Du also bist Boccu", begann Guth. „Und du glaubst wirklich, den König der Voch im Zweikampf bezwingen zu können?"
„Ich bin hier, um es zu versuchen. Und ich verlange, daß alle Gefangenen freigelassen werden und der Stamm der Voch mir als neuem König gehorcht, wenn ich der Stärkere von uns beiden sein werde."
Sie hatten durch ihre Geistführer Kontakt gehabt. Geistführer benötigten keine Sprache.
Boccu sah mit Genugtuung, wie Guth zusammenzuckte, als er ihm in seiner eigenen Sprache antwortete. Von den Fremden war er das ja inzwischen gewohnt, aber er erwartete es nicht vom Mitglied eines anderen Stammes. Von einem, der sein kleines Land verlassen hatte, um seinen Wissensdurst zu stillen.
Jeder im Stamm kannte die Regel. Guth hatte sie im Gefühl des sicheren Triumphs akzeptiert, indem er die Herausforderung annahm. Boccu ging es aber vor allem darum, daß Perry Rhodan und seine Freunde in ihrer Steinhütte hörten, was vorging.
Henna hatte zwar mit ihnen gesprochen, aber Boccu hielt es dennoch für möglich, daß sie abermals einen Ausbruch riskierten, wenn alle Aufmerksamkeit sich auf die Zweikämpfer richtete. Sie durften es nicht. Sie würden damit alles zerstören. „Wenn du siegst, dann wird es so geschehen", antwortete Guth und schnitt eine wüste Grimasse. „Aber du kannst nicht gewinnen, das müßtest du wissen. Die Alte Kraft lebt im König. Und sie ist stark, Boccu. Der Heilige Berg hat das erste Opfer angenommen.
Der König ist stärker denn je, und er wird dich zerschmettern."
Das nicht! durchzuckte es Boccu. Bei allen Göttern, das darf nicht sein!
Guth schien sein Entsetzen zu spüren, denn er gab seinen Leuten einen Wink, und zwei von ihnen holten einen reglosen Körper aus der Hütte mit den Gefangenen. Boccu konnte sehen, daß sich dort zahlreiche Voch aufhielten, um die Fremden jederzeit wieder lahmen zu können - oder töten.
Einer von ihnen wurde ihm vor die Füße geworfen. Der Fremde war tot. „Du bist ein Dämon", klagte Boccu den König an. „Hat dich der Mut verlassen? Willst du den Kampf nicht mehr?"
„Ich will ihn jetzt erst recht!" Boccu hatte so laut gesprochen, wie er nur konnte. Perry Rhodan mußte ihn hören. Boccu konnte sich vorstellen, wie verzweifelt und zornig der Fremde war, aber er durfte nicht eingreifen. Er mußte mit dem Schmerz über den Verlust seines Freundes leben, bis er frei war ... ... oder starb. „Ich bin bereit", sagte Boccu. „Laß uns beginnen, oder brauchst du noch weitere Opfer, um stark genug für mich zu werden?"
Guth stürzte sich mit einem wütenden Aufschrei auf ihn.
*
Sie prallten aufeinander, und natürlich war Boccu derjenige, der auf dem Rücken landete und sofort in körperliche Bedrängnis gebracht wurde. Aber das war ihm von Anfang an klargewesen. Guths Leibeskräften hatte er nichts entgegenzusetzen.
Jetzt, Attan! dachte er, als sich der Voch auf ihn wälzte und
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