1672 - Die Insel
reif sind.«
»Klar, das muss man wohl so hinnehmen.« Sie zog ihre Schultern in die Höhe wie jemand, der friert. Dabei schaute sie sich suchend um, aber von unseren Feinden war nichts mehr zu sehen.
Dafür kehrte Suko zurück. Er hatte einen kleinen Rundgang über die Insel hinter sich.
»Und?«, fragte ich ihn.
Er winkte ab. »Es hat sich nichts verändert, John. Es ist alles beim Alten geblieben.« Er deutete in Richtung Festland. »Ich denke, wir sollten verschwinden.«
»Ist das Boot noch da?«, fragte ich.
»Klar.« Suko lächelte. »Ich habe nachgeschaut.«
»Okay, dann wollen wir.«
***
Suko hatte sich nicht geirrt. Unser Schlauchboot lag noch immer auf der Sandzunge. Wellen, die bis in seine Nähe leckten, hatten ihm nichts anhaben können. Es gab ein erstes und großes Aufatmen bei uns, als wir das wulstige Boot ins Wasser schoben. Wir mussten uns schon anstrengen, um die anlaufenden Wellen zu überwinden.
Suko enterte das Boot als Letzter. Er wollte sich auch als Steuermann betätigen. Als wir genügend Wasser unter dem Kiel hatten, zerrte er an der Anlasserkordel. Beim dritten Versuch ging das Tuckern in das normale Geräusch über. Das Boot erhielt einen Schub nach vorn und da war es gut, dass keiner von uns mehr stand, sonst hätte es uns womöglich über Bord getrieben.
Der Motor hinterließ eine Gischtwelle, als wir auf das offene Meer zufuhren. Lucy McMillan saß neben mir. Ihr Gesicht hatte alle Weichheit verloren. Sie starrte nach vorn und hielt die Lippen dabei hart zusammengedrückt. Ich wusste nicht, mit welchen Gedanken sie sich beschäftigte, und wollte sie auch nicht danach fragen. Der Nebel war noch da. Ich schaute auf Suko, der ruhig am Heck saß und sich um das Steuer kümmerte. Mir fiel auf, dass er seine Dämonenpeitsche schlagbereit im Gürtel stecken hatte.
Lucy drückte ihren Rücken gegen die Innenseite des Wulstes. Mit den Händen stützte sie sich links und rechts ihres Körpers ab. Ihr Blick sah noch immer verloren aus, als sie zu sprechen begann.
»Mein Vater hat es nicht geschafft. Er wurde getötet. Die ändere Seite muss ihn verdammt gehasst haben.« Sie hob die Schultern. »Aber warum? Was hat er ihnen denn getan? Nichts, gar nichts. Er war ein friedlicher und völlig harmloser Mensch, und plötzlich erfolgte der Angriff dieser Bestien. Das kann ich nicht begreifen. Das werde ich auch niemals begreifen können.«
»Ja, das ist verständlich.«
»Können Sie sich denn einen Grund vorstellen, John?«
»Ich muss raten.«
»Dann bitte.«
»Es ist möglich, dass sich die Gestalten gestört fühlten durch ihn. Deshalb haben sie so überzogen reagiert. Die Insel gehört ihnen und sie wollen sie mit keinem teilen. Deshalb ist es dazu gekommen. Einen anderen Grund kann ich nicht sehen.«
»Ja, das wird wohl so sein. Ich muss es einfach akzeptieren. Jetzt, wo ich mehr weiß.«
Leider konnte ich sie nicht trösten und nur hoffen, dass sie aus dieser Lage wieder herauskam. Den Nebelring hatten wir hinter uns gelassen. Die Sicht war klarer geworden, und so sahen wir auch das andere Ufer. Zwar noch nicht sehr klar, aber der Anblick gab uns so etwas wie Hoffnung. Dass die Zombie-Piraten aufgegeben hatten, daran glaubte ich nicht. Wenn der Teufel sie führte, mussten sie einfach anders reagieren. Wir waren ihre neuen Feinde, und genau das würden sie nicht aus den Köpfen bekommen.
Ich warf einen Blick zurück zur Insel. Der Nebelstreifen war nicht verschwunden. Nur sehr schwach malte sich der untere Teil als Totenschädel ab. Dafür war der Leuchtturm wieder gut zu erkennen. Ich wünschte mir, dass die Insel so schnell wie möglich wieder normal wurde.
»Da ist was, John.«
Die Stimme Lucy McMillans riss mich von meinen eigenen Gedanken weg.
»Wo? Was meinen Sie?«
Mit einem Arm deutete sie über die Bordwand hinweg und wies schräg auf das Wasser. Ich kroch zu ihr, sah gegen die graue wellige Masse, aber war im ersten Moment irritiert, weil es nichts Außergewöhnliches zu sehen gab.
»In der Tiefe…«
»Wie?«
»Da hat es geleuchtet!«
Ich beugte mich weiter vor. Dabei spritzte die kalte Gischt gegen mein Gesicht. Ich klammerte mich fest und sah dabei, dass sich Lucys Arm nach rechts bewegte und sie dabei noch ihre Hand senkte.
Da sah ich es auch.
Unter Wasser, von der Tiefe her nicht einzuschätzen - sah ich den hellen und tanzenden Fleck. Im ersten Augenblick schüttelte ich den Kopf, dann sah ich genauer hin und entdeckte die Wahrheit, die unglaublich
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