1672 - Die Insel
Suko scharf.
»Lucy.«
»Du bist verrückt.«
»Bin ich nicht«, erwiderte ich und zog die Tür bis zum Anschlag hin auf. Jetzt sah auch Suko, dass ich die Wahrheit gesprochen hatte. Ich hörte ihn irgendetwas flüstern, aber darum kümmerte ich mich nicht, sondern ging einen Schritt vor und sprach den Namen der Frau mit schwacher Stimme aus.
Ich hatte damit gerechnet, eine Antwort zu bekommen. Egal, ob akustisch oder nur durch ein Lächeln. Aber sie stand da und tat nichts. Als hätte man eine Puppe vor die Tür gestellt.
In meinem Innern keimte etwas hoch,, das ich nicht eben als ein gutes Gefühl ansah. Die nächsten Worte galten Suko und drangen wie automatisch über meine Lippen.
»Da stimmt was nicht.«
»Das denke ich auch.«
Ich konzentrierte mich auf die Augen der Frau. Sie waren vorhanden, aber sie hatten einen toten Blick. So leer, so nichtssagend, da war nicht die Spur eines Lebens zu entdecken.
Ich zog die Beretta, als ich das Haus verließ und auf Lucy McMillan zuging. Auch jetzt reagierte sie nicht, und ich traute mich nicht, sie anzufassen. Sie roch nach Wasser. Ihre Haare lagen klatschnass auf dem Kopf, und als ich nahe genug an sie herangetreten war, da streckte ich meinen rechten Arm vor und berührte sie mit dem Waffenlauf.
Es war nur ein leichter Stoß, nicht mehr. Aber der reichte aus. Lucy schwankte, konnte sich nicht mehr halten und kippte nach hinten, wobei sie auf den Boden prallte. Sie blieb dort liegen, aber sie sah nicht mehr aus wie zuvor, denn der Aufprall hatte dafür gesorgt, dass ihre Haut aufbrach. Suko und mir wurde klar, dass sie das gleiche Schicksal erlitten hatte wie ihr Vater. Sie war von innen her verbrannt oder verkohlt. Die Haut zeigte Risse, in die wir hineinschauen konnten und dort nichts sahen als eine stinkende Schwärze.
Ich war geschockt, und Suko war es bestimmt auch. Aber er stellte eine berechtigte Frage.
»Ich denke nicht, dass sie allein gekommen ist. Das war nicht möglich…«
»Und? Was meinst du?«
»Sie muss hergebracht worden sein.«
Daran hatte ich nicht gedacht, weil ich zu sehr abgelenkt worden war. Aber Suko musste recht haben. Sie war kein Zombie, der normal ging. Sie war zu einem Opfer der anderen Seite geworden.
Wir beide waren noch damit beschäftigt nachzudenken, als etwas anderes geschah. Es begann mit einem hässlichen Lachen ganz in unserer Nähe. Und es lag noch in der Luft, als sich eine Gestalt aus der Deckung eines Holzstapels löste und in unser Blickfeld trat. Es war der Chef der Piraten - Mason Cook!
Er brannte nicht und so wurde er auch nicht durch einen Feuermantel geschützt. Er sah fast lächerlich aus in seiner halb zerlumpten Kleidung. In der rechten Hand hielt er den Griff eines Säbels fest. Sein Gesicht war verunstaltet. Der Kiefer saß schräg, aber er lachte uns hart an.
Beide richteten wir unsere Waffen auf ihn, was ihn nicht weiter störte. Nur sein Lachen verstummte. Dafür sagte er das, was er nach loswerden wollte..
»Ich habe bekommen, was ich wollte. Ich kriege immer alles, Sie und ihr Vater haben uns gestört, und das konnten Wir nicht zulassen. Jetzt haben wir uns gerächt, auch wenn wir alles aufgeben müssen. Aber das stört mich nicht mehr. Du, Sinclair, hast es nicht geschafft, die Frau zu retten, und das freut mich besonders.« Ein scharfes Lachen war wieder zu hören. »Du kannst nicht immer gewinnen.«
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Woher kannte dieser Mason Cook meinen Namen? Ich hatte ihn nicht genannt, aber er sprach mich damit an. Was stimmte da nicht?
»Überrascht, Geisterjäger?«
Ja, das war ich, denn er hatte mit einer anderen Stimme gesprochen, die ich ebenfalls kannte, aber ziemlich lange Zeit nicht mehr gehört hatte. Die letzten Worte hatte nicht mehr Mason Cook gesprochen, sondern Asmodis!
***
Er also steckte in ihm, und das wurde uns schon in der folgenden Sekunde bewiesen. Plötzlich veränderte sich sein Gesicht. Es leuchtete für einen Moment auf, um danach seine Veränderung zu präsentieren, denn jetzt sahen wir nicht mehr Mason Cook, sondern eine andere Fratze.
Der Teufel zeigte eines seiner vielen Gesichter, aber so wie ich es kannte, damit ich nicht enttäuscht war. Ein hässliches Dreieck in einer Farbe zwischen rot und gelb. Mit einem weit geöffneten Maul, das mit Stiftzähnen gefüllt war. Augen, die loderten, und aus der breiten Stirn wuchsen zwei Homer.
»Du hast es diesmal nicht geschafft, Sinclair. Die Frau lebt nicht mehr, ich habe gewonnen -
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