1674 - Freunde der Ennox
anderen drei. Innerhalb von wenigen Tagen muß unsere Welt zu einer radioaktiven Hölle geworden sein. Die Schwaden des Krieges erreichten auch die bewohnten Inseln und vernichteten die wenigen Neutralen. Ein paar hunderttausend überlebten. Sie legten mit Hilfe ihrer Roboter, das sind bewegliche Maschinen, die Friedhöfe an. Sie ließen alle Waffen, Panzer, Kampfschiffe und Flugzeuge vernichten. Die Raketen gab es nicht mehr. Sie waren alle abgefeuert worden.
Aber es war zu spät. Die Katastrophe konnten die wenigen, die überlebt hatten, nicht rückgängig machen."
„Eine furchtbare Geschichte", sagte Djardu tonlos.
Er verstand nun auch seine Eltern, die sich - wenn sie die Historie gekannt haben sollten -- einfach geschämt hatten. Natürlich war es auch denkbar, daß sie von alldem nichts gewußt hatten, weil ihre Vorfahren bereits aus Scham geschwiegen hatten. „Und eine sehr unsinnige. Auch das Anlegen der Friedhöfe war ein Hohn, denn es gab ja kaum noch jemanden, der die Gräber besuchen, pflegen und hegen konnte. Die Radioaktivität erfaßt alle. Die Kinder, die geboren wurden, waren mutiert. Von tausend Neugeborenen war vielleicht eines lebensfähig. Das Ende der Existenz unseres Volkes war damals schon absehbar."
„All das", sagte Djardu, „muß vor vielen tausend oder mehr Jahren geschehen sein.
Trotzdem leben wir noch. Zumindest du und ich. Oder, wie du sagtest, vielleicht ein paar tausend Dropher. Wie paßt das zusammen?"
„Die Mutationen, die diese Radioaktivität erzeugte, waren nicht immer tödlich. Die Natur spielt irgendwie mit dem Zufall. Daher entstanden immer wieder neue Dropher, wenn auch mit veränderten Eigenschaften. Ich habe Dropher getroffen, die fliegen konnten oder die nun im Meer leben. Und auch einen, der sogar die Ewige Strahlung sehen kann."
„Du meinst mich."
„Natürlich. Ich habe Dropher getroffen, die vielleicht in die Zukunft blicken konnten. Gneo hieß ein solcher. Er kannte die Geschichte. Und die Legenden. Er behauptete sogar, die Besucher von den Sternen wären nach der Großen Katastrophe noch einmal auf Droph gewesen. Und sie hätten versprochen, noch einmal zu kommen, wenn die Ewige Strahlung erloschen sei. Das hat natürlich dazu geführt, daß die Legenden weiter verändert wurden."
„Die Wahrheit ist wohl", überlegte Djardu, „daß die Legenden nur von der Hoffnung getragen werden, daß es ein Überleben gibt. Aber ich sehe schwarz. Während meines Lebens hat sich die Ewige Strahlung nirgends abgeschwächt. Im Gegenteil, es sind an verschiedenen Orten, die ich früher besucht habe, neue Herde entstanden. Der See, in dem ich einst das Schwimmen gelernt hatte, war eines Tages so bestrahlt, daß ich es nicht mehr wagte, ins Wasser zu gehen. Die Legende besagt, daß die Strahlung eines Tages erlöschen würde. Ich sehe dafür keine Anzeichen."
„Gneo meinte, daß sich beruhigte Gebiete neu infizieren. „Deshalb lebt die Ewige Strahlung. Aber Gneo sagte auch, daß die Fremden nach Droph zurückkehren würden. Er nannte mir sogar den Ort. Und den suche ich jedes Jahr einmal auf. Er heißt Wapelergroden. Wir befinden uns auf dem Weg dorthin. In drei oder vier Tagesmärschen werden wir ihn erreichen."
„Die Legende besagt auch", entgegnete Djardu, ohne auf das Gehörte so recht einzugehen, „daß die Dropher aussterben könnten, bevor die Besucher von den Sternen kommen würden."
„Es gab und gibt immer Pessimisten und Optimisten", versicherte Penolp. „Ich gehöre zu den Optimisten. Ich glaube an eine Rückkehr der Besucher. Ich glaube sogar, daß ich sie selbst noch erleben werde."
Djardu schwieg. Er wollte die Illusion des neugewonnenen Freundes nicht zerstören. „Leider", so plauderte Penolp munter weiter, „konnte Gneo keinen Zeitpunkt der Rückkehr der Besucher nennen."
„Du sagtest, sie sahen so aus wie wir?"
„So ist es überliefert. Da es der einzige Kontakt zu Nichtdrophern in der Geschichte unseres Volkes war, hat er in unseren Legenden einen festen Platz gefunden."
„Gneo äußerte sogar den Verdacht, daß ein paar der Besucher nach der Großen Katastrophe auf Droph waren, aber wegen der Ewigen Strahlung unsere Welt schnell wieder verließen. Ich weiß nicht, ob Gneo das nur erfunden hat."
„Es klingt alles ziemlich verwirrend, was du erzählst."
„Wir machen eine Pause", schlug Penolp vor. „Ich sehe dort drüben wunderschöne Sträucher mit Beeren. Eine gute Mahlzeit können wir brauchen, denn der Weg ist noch lang. Wie
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