1677 - Strippen für den Teufel
Das Gesicht schien sich aus den Flammen gebildet zu haben. Dort wo die Spitzen der Feuerzungen endeten, malte es sich ab. Ja, da war das weit geöffnete Maul zu sehen, auch eine Nase und zwei Augen. Ein irgendwie sogar menschliches Gesicht, das jedoch in Wirklichkeit einem Furcht erregenden Monster gehörte.
»Das kann er sein«, flüsterte Alexa.
»Wen meinst du?«
»Ich denke an den Teufel!«
Naomi sagte nichts. Ihre Forschheit war verschwunden. Sie brachte keinen Ton mehr hervor. Sie war noch ein Mensch, nur fühlte sie nicht mehr so. Sie sah sich als Opfer an und wünschte sich in diesem Moment sogar, die Lautsprecherstimme zu hören. Die allerdings blieb stumm.
»Was tun wir denn jetzt?«, flüsterte Naomi.
Sie war gehört worden, denn es meldete sich die Männerstimme aus dem Lautsprecher.
»Ihr werdet gehen. Geht zu ihm. Geht zum Teufel, denn er wartet auf euch…«
Die Frauen sagten nichts. Der letzte Befehl hatte sie vor Angst erstarren lassen. Lange gab man ihnen keine Ruhe, dann hörten sie wieder die Stimme. »Wenn ihr nicht geht, werdet ihr erschossen…«
Die Frauen hatten die Wahl. Entweder zu sterben oder dem Teufel einen Besuch abzustatten.
Sie entschieden sich für den Teufel…
***
Die Schreie der jungen Frau gellten in unseren Ohren. Es war schlimm, sie anhören zu müssen, und Susan hörte nicht auf. Sie warf sich dabei auf ihrem Bett von einer Seite zur anderen, und für mich gab es nur einen Begriff, der ihren Zustand erklärte. Sie war besessen!
Ob sie gespürt hatte, dass ich ein Kreuz bei mir trug - also den Gegenpol der Hölle -, war mir nicht klar. Ich rechnete allerdings damit und hielt mich deshalb zurück. Auch Linda Adams konnte ihre Tochter nicht beruhigen, so sehr sie es auch mit Worten versuchte. Es war schon ungewöhnlich, welch eine Energie in diesem Frauenkörper steckte. Ich hielt mich auch weiterhin heraus, weil ich befürchtete, den Zustand noch zu verschlimmern. Da war es gut, dass sich Suko an meiner Seite befand.
»Versuch du, sie zu beruhigen.«
»Okay.«
Ich zog mich noch weiter zurück. Es war besser, wenn sie von mir so wenig wie möglich mitbekam.
Auch die Mutter stand nicht mehr in ihrer Nähe. Sie war bis zum Fußende des Betts zurückgewichen, sie war bleich geworden und völlig von der Rolle. Die Hände hielt sie zu Fäusten geballt und hatte sie gegen die Brust gedrückt. Susan Adams schrie noch immer. Nur schleuderte sie sich nicht mehr so stark auf dem Bett hin und her. Ruhig lag sie zwar auch nicht, aber ihr Körper wurde jetzt von Krämpfen geschüttelt.
Sukö blieb neben dem Bett stehen und schaute in das Gesicht der Tänzerin. Was er sah, gefiel ihm gar nicht. Die Haut war dunkel angelaufen, sie hatte eine leicht blaue Farbe angenommen, was für einen Menschen mehr als ungewöhnlich war. Ich stand zu weit entfernt, ohne es genau sehen zu können. Aber Suko berichtete es mir in knappen Worten, und so musste ich zu dem Schluss gelangen, dass Susan Adams wirklich unter dem Einfluss eines Dämons stand. Es war nicht so unwahrscheinlich, dass der Teufel seine Hand im Spiel hatte. Asmodis war immer da, wenn es darum ging, sich in das Leben der Menschen einzumischen.
Ich fühlte wieder nach meinem Kreuz und spürte keine Erwärmung. Das konnte sich ändern, wenn ich Susan mit meinem Talisman direkt konfrontierte, doch das wollte ich nicht. Es war durchaus möglich, dass sie so etwas nicht überstand. In diesem Fall musste ich mich auf Suko verlassen. Er beugte sich noch tiefer über die Frau und legte dabei seine Hände auf die Rundungen ihrer Schultern. Er wollte sie zwingen, wieder normal zu werden. Das Schreien hatte schon nachgelassen. Stumm war sie nicht geworden, aus ihrer Kehle drangen hin und wieder leise Klagelaute.
Suko ließ die Schultern nicht los und fragte mit leiser und trotzdem verständlicher Stimme: »Kannst du mich hören? Können wir jetzt vernünftig miteinander reden?«
Wir alle hörten ein Geräusch, als wollte sie uns im nächsten Augenblick ins Gesicht spucken. Ich hatte mich heimlich näher an das Bett heran geschoben und sah jetzt, dass sie Suko eine Antwort auf ihre Art und Weise gab.
Ihre Zunge schnellte aus dem Mund. Sie war wie ein alter Lappen, zumindest von der Farbe her. Ein mit glänzendem Speichel bedeckter, grauer, zuckender Gegenstand, der schnell wieder im Mund verschwand. Danach folgte ein Laut, der nicht zu einem Menschen passte, erst recht nicht zu einer Frau. Er hörte sich an, als säße ein Tier in
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