1677 - Strippen für den Teufel
gehen…«
Jetzt mischte ich mich ein. »Wovor hast du Angst, Susan? Vor mir? Wirklich nur vor mir oder auch vor etwas anderem, das du dir selbst nicht erklären kannst?«
»Du bist für mich ein Feind, nichts sonst. Geh mir endlich aus dem Weg!«
Es kam jetzt auf mich an. Ich überlegte, ob ich ihr mein Kreuz zeigen sollte. Es war eine schwere Entscheidung. Wenn sie wirklich voll und ganz auf der anderen Seite stand, lief sie Gefahr, den Anblick des Kreuzes nicht verkraften zu können. Das hieße, sie würde in diesem Zimmer sterben, und dann war die Spur zu ihrem… Meine Gedanken brachen ab.
Susan hielt es nicht mehr aus. Es dauerte ihr viel zu lange, dass ich ihr den Weg freimachte. Deshalb wollte sie es auf die gewaltsame Weise versuchen. Aus dem Stand heraus griff sie an. Wie ein Kastenteufel sprang sie auf mich zu. Die Arme hielt sie nach vorn gestreckt. Ihre Finger waren zu Krallen gebogen, um mir die Nägel durch das Gesicht zu ziehen.
Für mich war es zu spät, ihr auszuweichen, vielleicht wollte ich es auch nicht, und so prallten wir zusammen…
***
Naomi und Alexa hatten sich an den Händen gefasst. Sie gingen nach vorn und nicht weg von der Bühne, sondern auf den Hintergrund zu und damit in das gelbe Feuer hinein und dieser schrecklichen Fratze entgegen, deren offenes Maul einen Schlund bildete, der so groß und hoch war, dass sie hineintreten konnten. Es gab keine Fluchtchance. Sie mussten es hinnehmen. Sie gingen, aber sie zitterten auch, und Alexa war es, die ihre stumme Phase überwand.
»Ich will nicht verbrennen«, sagte sie mit kleinlaut und jämmerlich klingender Stimme.
»Ich auch nicht.«
»Aber wir werden es.«
»Das weiß ich nicht.«
»Wieso?«
Naomi stöhnte leise auf. »Das ist kein normales Feuer«, flüsterte sie.
»Warum nicht?«
»Spürst du eine Hitze?«
Alexa schloss den Mund. Sie blieb sogar stehen. Ihre Hand glitt aus der ihrer Freundin.
»Nein, ich spüre keine Hitze.«
»Und es gibt auch keinen Rauch.«
»Genau.«
»Wir gehen weiter.« Naomi wollte es hinter sich bringen. Ihre Angst war fast verschwunden und war einer gewissen Neugierde gewichen. Sie ahnte, dass etwas Ungewöhnliches und auch Besonderes auf sie zukam. Innerlich vibrierte sie und fasste wieder nach der Hand ihrer Freundin. Sie wollte Alexa nicht allein lassen, die ihr allerdings einen leichten Widerstand entgegensetzte.
»Was hast du?«
»Angst, Naomi, ich habe einfach nur Angst! Das ist doch normal, oder nicht?«
»Ja, es ist schon komisch. Wir - wir treten dabei in etwas ganz Neues hinein.«
»Das will ich nicht.«
»Kann aber spannend werden.«
Alexa wusste kein Gegenargument mehr. Sie musste sich in ihr Schicksal ergeben. Naomi zog sie einfach mit. Und sie näherten sich immer rascher den zuckenden Flammen. Beide Frauen könnten nicht abschätzen, ob die Flammen nun nahe waren oder weiter entfernt. Jedenfalls waren sie vorhanden und das Gesicht ebenfalls. Immer näher kamen sie dem kalten Feuer und der Fratze, die ebenfalls nicht verbrannte oder zerschmolz. Sie schien aus einem feuerfesten Material zu bestehen. Dann hatten sie es geschafft. Sie traten in das Maul hinein. Die Flammen waren für sie überhaupt kein Hindernis gewesen, denn jetzt hatte sie das Maul verschluckt und umgab sie mit einer Dunkelheit, wie sie dichter nicht sein konnte.
»Das ist ja Wahnsinn!«, flüsterte Alexa.
»Bitte, reiß dich zusammen.«
»Und wohin geht es jetzt?« Alexas Stimme zitterte, was sich auf ihren ganzen Körper übertragen hatte.
»Das kann ich dir sagen. Einfach geradeaus. Hinein in das Dunkel.« Naomis Stimme klang auch nicht mehr so sicher.
»Oder in die Hölle?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Irgendjemand wird Schon auf uns warten. Verlass dich darauf.«
»Das kann nur der Teufel sein.«
»Komm jetzt mit.«
Sie sahen die Hand vor Augen nicht. Auch das Feuer warf keine Reflexe mehr auf den Boden, sie waren nur in der tiefen Schwärze, aber sie waren nicht mehr allein. Ein düsteres Lachen begrüßte sie, als wäre es aus den Tiefen der Hölle zu ihnen gedrungen. Sofort hielt Alexa an. »Das ist er! Das ist der Teufel! Ja, du kannst es mir glauben. Es ist der Teufel! Ich spüre ihn. Es ist plötzlich so kalt.«
»Stimmt. Finde ich auch.«
»Und was machen wir jetzt?«
»Weitergehen.«
Alexa spürte noch immer die Hand auf ihrer Haut. »Ich will und kann nicht mehr.«
»Wo willst du denn hin?«
»Weiß ich nicht«, sagte Alexa in einem jämmerlichen Tonfall.
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