1677 - Strippen für den Teufel
und würden uns zurechtfinden müssen in einem engen Wohngebiet, in dem die Menschen dicht an dicht klebten. Parkplätze würde es wohl kaum geben. Nachdem wir den Kanal überquert hatten, war es nicht mehr weit, bis wir den Wirrwarr der kleinen Straßen erreicht hatten. Die Häuser sahen nicht nur alt aus, sie waren es auch. Zudem nicht hoch. Zwei Etagen, nicht mehr. Aber wir sahen vor jedem Mietshaus einen kleinen Vorgarten. Parkplätze entdeckten wir nicht. Die Hausnummer, zu der wir mussten, lag fast am Ende der Straße, und dort sahen wir noch eine freie Fläche. Dort standen zwar auch einige Fahrzeuge, aber es gab eine Lücke.
Linda Adams wusste nicht, dass wir kamen. Man hatte ihr nur angedeutet, dass man etwas unternehmen würde, und ich war gespannt, was sie uns zu sagen hatte. Ihre Tochter Susan würden wir bei ihr im Haus antreffen, sodass wir auch mit ihr reden konnten.
Das Wetter konnte man nicht als frühsommerlich bezeichnen. Ein kalter Wind fegte über das Land. Ab und zu gab es Schauer und am Himmel tobte ein lautloser Kampf grauer Wolken.
Das alles störte uns nicht, als wir zum Haus gingen, in dem Linda Adams mit ihrer Tochter wohnte. Viele Menschen hielten sich nicht auf der Straße auf. Ein paar Meter vor uns sahen wir einen Mann, der Gestrüpp in eine Tonne presste und uns dabei einen Blick zuwarf.
Der kleine Vorgarten war auch hier vorhanden. Einige bunte Sommerblumen schmückten ihn und eine grüne Regentonne war bis zum Rand mit Wasser gefüllt Aus dem Fenster in der ersten Etage schaute eine Frau, die uns zuwinkte. Wir blieben stehen und hörten ihre Frage.
»Wollen Sie zu mir?«
»Sind Sie Mrs. Adams?«
»Ja.«
»Dann sind wir richtig«, bestätigte ich.
»Warten Sie, ich öffne Ihnen.«
»Sie scheint froh über unser Kommen zu sein«, meinte Suko. »So hat sie sich zumindest angehört.«
»Kein Wunder, wenn das alles stimmt, was wir gehört haben.«
Wir vernahmen den Summer und drückten die Tür auf. Ein enger Flur lag vor uns, zu dem die recht enge Treppe mit ihren dunklen Stufen passte. Hintereinander stiegen wir die Treppe hoch und standen wenig später vor einer Frau, die sich im Flurlicht präsentierte. Sie musste um die fünfzig Jahre sein. Ihr Haar war schwarz gefärbt. Das blasse Gesicht bildete dazu einen starken Kontrast und ihre Lippen zuckten, als sie uns anschaute.
Wir stellten uns namentlich vor und bemerkten, dass sie aufatmete. Erst dann ließ sie uns ein und wir betraten einen schmalen Flur.
Die Frau schaltete das Licht ein und führte uns in ein kleines Wohnzimmer, das aber zwei Fenster hatte. Ihre Handflächen wischte sie am Stoff des langen Rocks ab und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte.
Das übernahmen wir, und Suko erkundigte sich, ob ihre Tochter denn da wäre.
»Das ist sie.«
»Hier in der Wohnung?«
»Ja, in ihrem Zimmer. Ich habe vorhin noch nach ihr geschaut. Sie liegt auf ihrem Bett und schläft.« Für einen Moment schloss sie die Augen. »Endlich mal.«
»Warum sagen Sie das?«, fragte ich. »Weil es für Susan nicht normal ist.«
»Wieso?«
»Kann ich ihnen nicht genau sagen, Mr Sinclair. Es muss daran liegen, dass sie so schreckliche Dinge erlebt hat. Sie traut sich nicht mehr auf die Straße. Die Gründe werden Sie sehen, wenn Sie bei ihr sind.« Linda Adams holte tief Luft. »Sie schreit auch in der letzten Zeit nicht mehr.«
»Hat sie sonst noch etwas getan?«
»Ja, ja«, sagte die Frau schnell. »Sie hat immer Angst, einfach nur Angst. Ich habe es erlebt. Sie hat sich in eine Ecke verkrochen, weil sie von einer schlimmen Angst gepackt wurde.«
»Hat sie Ihnen gesagt, wovor sie Angst hat?«, wollte Suko wissen.
»Vor dem Teufel. Vor dem großen Grauen.«
»Und weiter?«
»Nichts mehr. Sie hat ihn erlebt oder wie auch immer. So genau kann ich das nicht sagen…«
»Hat Sie Ihnen nicht gesagt, wie sie dazu gekommen ist, so über den Teufel zu sprechen?«
Mrs. Adams senkte den Blick. Man konnte das Gefühl haben, dass ihr die Antwort peinlich war. Schließlich sagte sie mit leiser Stimme: »Ich habe sie schon immer gewarnt.«
»Wovor?«
Linda Adams traute sich nicht, den Blick zu heben. »Dieser Job ist nichts für sie gewesen«, sagte sie mit leiser Stimme. »Auf keinen Fall. Sie war Tänzerin, Mr Sinclair.«
»Ist das so schlimm?«
»Sie hat gestrippt.« Linda Adams hob den Blick wieder an. »Das - das kann ich nicht begreifen. Ich hätte nie damit gerechnet, dass Susan so etwas tun würde. Aber es brachte Geld.
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