1685 - Angriff der Racheengel
können.«
»Das sind nicht meine Freunde.«
»Wir wollen trotzdem eine Antwort, oder ich sage meinem Freund, dass er sich mit deinem Auge beschäftigen soll.«
Leo Askin zuckte zusammen. Allein die Vorstellung sorgte dafür, dass ihm übel wurde. Als er Atem holte, hörte es sich an, als würde er Wasser und Luft zugleich schlürfen.
»Sie leben bei ihren Landsleuten. In einer Siedlung.«
»Das ist brav, sehr brav. Und deshalb werden auch wir braver sein. Alles klar?«
»Wie – was meint ihr?«
»Keine Folter.« Der Größere drehte seinem Kumpan das Gesicht zu und sprach einen knappen Satz in seiner kehligen Heimatsprache.
Sekunden später war Leo Askin tot. Da lag er mit dem Oberkörper auf dem Schreibtisch, und unter seinem Kinn breitete sich allmählich eine Blutlache aus.
Die Männer nickten sich zu. Etwas sagen mussten sie nicht. Sie verstanden sich auch ohne Worte. Sie hatten erfahren, was sie wollten, und sie verschwanden ebenso lautlos, wie sie gekommen waren. Auch jetzt gab es keine Zeugen.
Der Anfang war für sie gemacht worden. Das große Finale würde noch kommen …
***
Suko und mir war nicht besonders wohl, als wir unser Ziel erreichten. Wir gingen davon aus, dass wir auf Menschen treffen würden, sie sich nicht eben kooperativ zeigten. Gewisse Volksgruppen hielten immer zusammen, und besonders dann, wenn die Polizei bestimmte Fragen hatte.
Suko hatte auf der Fahrt zudem immer mal das Thema Engel angeschnitten, um mehr darüber zu erfahren. Dass es diese weiblichen Höllenengel gab, das wunderte ihn schon, denn bisher waren wir damit nicht konfrontiert worden.
»Hast du eine Ahnung, wie viele es dort gibt, John?«
»Nein. Wie sollte ich?«
»Hätte ja sein können.«
»Ich denke, dass sie zu denen gehören, die vor Urzeiten in die Verdammnis geschleudert wurden. Da gab es keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern, und dabei spielt Lilith eine Rolle, die ich sogar als Oberdämonin bezeichnen würde.«
Suko nickte. »Wurde auch Zeit, dass wir mal wieder etwas von ihr hören. Es ist sehr lange still um sie gewesen.«
»Da kann ich mir etwas Besseres vorstellen.«
»Wer könnte uns da wohl Auskunft geben?« Suko sprach mehr mit sich selbst. »Matthias vielleicht?«
»Keine Ahnung.«
»Oder Raniel?« Er ließ nicht locker. »Das wäre doch ein Fall für den Gerechten.«
Ich winkte ab. »Das musst du ihm schon selbst überlassen. Der kommt, wann er es für richtig hält. Solange ihn ein Fall nichts angeht, wirst du ihn nicht sehen.«
»Aber er ist doch der Gerechte und dem Unrecht auf der Spur. Oder sehe ich das falsch?«
»Nein. Nur wird er sich nicht um alles kümmern. Möglicherweise haben wir Glück, und er mischt irgendwann mit. Wenn er gegen Barbelo kämpfen würde, wäre das zumindest für uns nicht schlecht.«
»Da kann man nur hoffen.«
Ich stimmte Suko zu. Zuerst allerdings mussten wir diesen Fall der Reihe nach angehen. Stück für Stück zusammentragen, um dann auf ein Ergebnis zu hoffen.
Goran Bilic war der Name, der uns weiterführen sollte. Er lebte dort, wo auch sich viele seiner Landleute einquartiert hatten. Das war zumeist nach dem Balkankrieg passiert. Da hatten die Menschen in England Asyl gefunden.
Nicht alle waren in ihre Heimat zurückgekehrt und hatten sich nun hier zurechtgefunden.
Wir fuhren durch eine recht enge Einbahnstraße, an deren Ende drei Häuser standen, in denen die Menschen aus dem Balkan lebten. Wir fanden sogar einen Parkplatz, und als wir ausstiegen, wurden wir von einigen Kindern beobachtet, die sich im Freien aufhielten und einen winzigen Spielplatz bevölkerten.
In welchem Haus Bilic wohnte, wussten wir nicht. Da mussten wir erst mal fragen.
Das Wetter war so warm, dass man sich nicht unbedingt im Haus aufhalten musste. So hatten nicht wenige Menschen die Chance genutzt und saßen im Freien. Stühle und Bänke waren nach draußen gestellt worden und wir hofften, dort Antworten zu bekommen.
Vor einer besetzten Bank hielten wir an und grüßten freundlich. Das vertrieb den misstrauischen Ausdruck in den Augen der Männer auch nicht.
Einer, der aussah, als wäre er der Älteste, furchte seine Stirn und fragte: »Was wollt ihr? Hier ist alles normal. Wir führen unser Leben und haben nichts mit der Polizei zu tun.«
»Das glauben wir gern«, sagte Suko. »Trotzdem haben wir noch eine Frage.«
»Welche?«
»Wir müssen mit Goran Bilic reden.«
Der Mann sagte nichts. Er strich nur über den Stoff seiner flachen Mütze. Auch
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