1685 - Angriff der Racheengel
Ich wollte nicht behaupten, dass ich scharf darauf war, sie zu Gesicht zu bekommen, aber irgendetwas musste passieren.
Im Rover saßen noch die beiden gefesselten Männer. Nach wie vor befanden wir uns allein auf weiter Flur. Auch die Zeit war nicht stehen geblieben. Der frühe Abend näherte sich. Noch hielt sich die Helligkeit. Es konnte sein, dass Barbelo bis zum Einbruch der Dämmerung oder Dunkelheit wartete.
Suko holte sein Handy hervor. Er versuchte, eine Verbindung herzustellen, was leider nicht möglich war. Wir befanden uns noch immer im Wirkungskreis des Engels, der in Wirklichkeit eine Dämonin war.
Ich drehte mich um und schaute zum Rover zurück. Dort hielten es die beiden Männer nicht mehr aus. Die Fesseln hatten sie nicht lösen können, und so krochen sie gemeinsam ins Freie.
Ich hatte damit gerechnet, dass sie etwas unternehmen würden, doch sie blieben neben dem Rover stehen und taten nichts. Wir schauten Bilic nur an, wobei Bilic grinste, als mein Blick ihn traf.
»Glaubst du noch immer, dass du mich vor Gericht stellen kannst?«
»Warten Sie es ab.«
»Nein, euer Weg ist hier vorbei.«
Ich gab ihm darauf keine Antwort. Dafür hängte ich mein Kreuz offen vor die Brust. Barbelo sollte genau erkennen, mit wem er sich da anlegte. Ich wollte meine Hand schon von ihm wegnehmen, als ich leicht zusammenzuckte, dann der Wärmestoß war mir keinesfalls entgangen. Ich sah auch das schwache Aufleuchten, das Suko ebenfalls aufgefallen war und ihn eine angespannte Haltung einnehmen ließ.
Plötzlich war alles anders, obwohl sich äußerlich nichts verändert hatte. Wir spürten das Andere, das Gefährliche, das Alte, das viel stärker war als wir Menschen. Obwohl Barbelo noch nicht zu sehen war, brachte er etwas mit, das nicht zu sehen und nur zu spüren war. So etwas wie eine Kälte, die auch an uns nicht vorbeiging. Wir spürten das Kribbeln auf der Haut, und ich wurde wieder angesprochen.
»Keine Sorge, ich bin da …«
»Und wo?«
Erst hörte ich das Lachen, dann die Stimme. »Schau nach vorn, dann wirst du mich sehen.«
Ich tat es. Ich sah die Bäume, ich sah die Lücken zwischen ihnen, und in einer stand die Gestalt, die für mich kein Engel war, sondern eine Dämonin …
***
Man konnte sie tatsächlich als wunderbar bezeichnen. Oder einfach nur als ein Wunder. Sie hatte ihren Landeplatz zwischen zwei dicken Baumstämmen gefunden.
Ich hatte schon einige Engel in meinem Leben gesehen, aber nie eine Gestalt, wie Barbelo sie war. Es war auch nicht unbedingt zu sehen, dass sie auf der anderen Seite stand, aber ich hatte sie auch anders erlebt. Als schaurige Gestalt mit roten Augen. So hätte sie wirklich besser in die Hölle gepasst.
Es war genug abgeschätzt worden zwischen uns, und ich wollte sie ansprechen, da geschah etwas völlig anderes. So schnell wie in dieser Gegend hatte sich wohl noch nie Nebel gebildet. Aber er war plötzlich da, und es vergingen kaum mehr als fünf Sekunden.
Goran Bilic fing an, schrill zu lachen. Er hatte seinen Spaß und zerrte an seiner Fessel, sodass Durec immer wieder gegen ihn prallte. Ob er den Spaß seines Freundes teilte, wusste ich nicht. Die beiden waren für mich nicht interessant, es zählte nur dieser verfluchte Höllenengel.
Es war kein direkter Angriff, den er startete, er holte sich nur Helfer. Im Moment war es der seltsame Nebel, der sich immer mehr verdichtete. Normal war er nicht. Barbelo hatte ihn aus ihrer Dimension mitgebracht. Oder aus ihrer Hölle.
»Das gefällt mir nicht, John.«
»Mir auch nicht.«
»Und was ist mit deinem Kreuz?«
»Es reagiert, hält sich aber zurück. Jedenfalls will sie es darauf ankommen lassen.«
Die Dämonin blieb weiterhin gelassen. Sie hatte sogar die Arme vor der Brust verschränkt, aber sie bewegte den Kopf und schickte ihre Blicke in die graue Masse.
Für mich stand fest, dass sie so etwas nicht grundlos tat. Deshalb konzentrierte ich mich ebenfalls darauf und stellte fest, dass sich dort etwas tat. Es gab nicht nur den grauen Nebel. Es steckte auch etwas in ihm. An bestimmten Stellen waren Schatten zu sehen, als würden dort Wächter stehen, die zusätzlich alles unter ihrer Kontrolle hielten.
»Willst du vorgehen und sie attackieren, John?«
»Darüber denke ich nach.«
»Und?«
»Es gibt nur eine Möglichkeit. Ich muss das Kreuz aktivieren. Die Formel sprechen, und ich werde damit nicht mehr lange warten.«
»Gut.«
Ob Barbelo was gehört hatte, war mir nicht klar. Aber sie blieb nicht
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