1688 - Joker Nummer Sieben
schaffen können. Aber wer hätte das verantwortet? Je kleiner das Schiff und je geringer die Besatzung, desto besser für sie alle. „Julian, ich sehe Schwierigkeiten voraus."
„Schwierigkeiten, Matcom?"
Der Aktivatorträger, der angeblich Rhodan so ähnlich sah, hob fragend die Augenbrauen. Die sparsame Geste verriet Autorität. So waren die Leute gezwungen, genau auf das zu achten, was er sagte oder tat. Als Expeditionsleiter hatte er Autorität nötig. Wenn es Schwierigkeiten gab, so wie eben behauptet, dann durfte niemand Tifflors Befehle in Frage stellen. Die Kleinigkeit einer Sekunde - sie hatte in Julian Tifflors Fall oft über Tod und Leben entschieden. Wie jeder sehen konnte, erfreute er sich bester Gesundheit. Aber nur deshalb, weil er Dinge wie Autorität frühzeitig herzustellen pflegte. „Welche Art von Schwierigkeiten meinst du?"
Matcom Motian war ein großer, vollbärtiger Mann, der fast ein bißchen zu gepflegt aussah.
Wenn man das Affektierte seiner Haltung beiseite ließ, kam jedoch eine fähige Persönlichkeit zum Vorschein. Und Tifflor hütete sich, seine Worte nicht ernst zu nehmen. „Der Sektor Euthets Stern ist nicht besonders sternenreich. Es gibt hier keine nennenswerte Zivilisation. Politisch hat Terra diesen Sektor immer vernachlässigt. Alles, was hier herumfliegt, sind ein paar Aufklärungssatelliten - habe ich gedacht. Aber das stimmt nicht."
„Was sollte noch vorhanden sein?" fragte Tifflor. „Zwei Lichtjahre entfernt ein Volk namens Grohtius. Insektoide Staatenvölker, die seit tausend Jahren oder so Transitionstriebwerke bauen. Ohne Bedeutung, aber immerhin. Und in vier Lichtjahren Entfernung haben wir das Bech. Das Bech ist ein einzelnes Lebewesen, allerdings ausgesprochen groß und nahezu unsterblich. Das Bech hat ebenfalls Transitionsraumfahrt entwickelt. Seine Ableger machen derzeit diesen Sektor unsicher."
„Okay", sagte Tifflor. „Zwei kleine Völker, wovon das eine aus Staaten, das andere aus einem einzigen Wesen besteht. Wenn ich recht verstehe, sind sie technologisch rückständig.
Wo siehst du also Schwierigkeiten?"
„Die Aufklärungssatelliten sagen, daß es genau in diesem Sektor zu mehreren kriegerischen Zusammenstößen gekommen ist."
Tifflor nickte. „Hm. Ich bin sicher, daß uns weder die Grohtius noch das Bech etwas anhaben können. Die VELA bleibt an Ort und Stelle. Wegen einer so unbestimmten Gefahr werfe ich nicht die Einsatzplanung um."
Matcom Motian fuhr sich mit einer Hand durch den Bart, mit der anderen ordnete er sein schulterlanges Haar. Es war eine Geste voller Zweifel. Ein Blick galt seinem Stellvertreter, einem kleinen Glatzkopf namens Teperson, doch von dort kam keine Hilfe. „Na gut, Julian. Keine weitere Diskussion."
Die folgenden Tage verstrichen voller Langeweile. Es handelte sich jedoch nicht um erholsame Langeweile, sondern um eine, während der man versucht war, Ohrenschützer zu tragen. Wenn es Geräusche gab, die selbst die Verbundzelle einer Hanse-Kogge in Schwingung versetzten, so waren das laute Geräusche: genau die Sorte, die Tifflor bis zum 11. Juni den Schlaf kosteten. In der kugelförmigen Sicherheitszelle gab es jede Menge vorzubereiten. Die Transmitteranlage entstand, energetische Sicherungen wurden aufgebaut.
Pünktlich am Morgen des 10. Juni war die Arbeit getan, und kurz vor Mitternacht setzte der Countdown ein. Manche Gesichter wirkten verschlafen, die meisten Menschen waren aber wach und auf jeden Ernstfall vorbereitet.
Matcom Motian hielt sich direkt neben Tifflor. „Jetzt drehen sie das Segment im Transmitter ...", erläuterte der Aktivatorträger. „Das Segment wird in die Spindel eingepaßt... und führt einen fürchterlichen Energieabfall herbei."
Alles am folgenden Prozeß mutete so gespenstisch an, wie er es sich vorgestellt hatte: die Erschaffung eines lebensfähigen Wesens, die Verwandlung einer leblosen Spindel in ein Wesen aus Fleisch und Blut. Was vor ihren Augen zum Vorschein kam, besaß das Aussehen einer menschlichen Frau von knapp einsachtzig Größe, zwischen achtzig und hundert Jahre alt. Es war eine sehr attraktive Frau: knabenhaft schlank, schwarzes Haar und dunkle Augen, mit exotischem Gesicht und vorstehenden Wangenknochen.
Als Nummer Sechs die Augen öffnete, tastete der Blick in rasender Geschwindigkeit die Umgebung ab. Alles fremd, bedrohlich. Ich möchte nicht so erwachen.
Dennoch: Eine menschliche, nackte Frau hätte sich schutzsuchend zusammengekauert. Nicht so das
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