1694 - Das Horror-Bett
und wieder zum Gebet versammelten.
Alles hatte hier seine Ordnung. In der letzten Zeit hatte es keine Probleme gegeben, trotzdem fand der blondhaarige Mann keine innere Entspannung. Er wurde einfach das Gefühl nicht los, dass irgendwann etwas passieren würde.
In die Kapelle ging er nicht. Am Beginn des Wegs hielt er an und drehte sich um, weil er sich auf den Rückweg machen wollte. Sein Blick streifte die mächtige Mauer des Klosters an der Rückseite. Fenster gab es dort auch. Die meisten waren dunkel, aber einige malten sich als kleine Vierecke ab, als hätte das Licht des Mondes sie ausgefüllt.
Er sah auch die erhellten Fenster seiner Wohnung, die er mit seiner Frau Sophie Blanc teilte. Sie war die einzige weibliche Person, die in dem Kloster lebte, und auch sie war etwas Besonderes, denn in ihr war Maria Magdalena wiedergeboren worden.
Auch ein Godwin de Salier hätte in dieser Gegenwart nicht leben können. Er war ein Mann des Mittelalters, ein Kreuzritter, aber er war durch eine Zeitschleife in die Gegenwart gelangt, und das hatte er seinem Freund John Sinclair zu verdanken.
Godwin, der Templer aus der Vergangenheit, war wieder bei den Templern gelandet und hatte sogar deren Anführer, Abbé Bloch, nach dessen Tod abgelöst.
Die Zeit war vergangen, die Gefahren waren nicht weniger geworden, auch wenn jetzt nichts davon zu merken war und die letzten Wochen sehr ruhig verlaufen waren.
Er hätte nicht nervös sein müssen, und er war es trotzdem. Irgendetwas hielt sich verborgen. Aber noch zeigte es sich nicht.
Mit diesen Gedanken näherte sich Godwin dem Eingang an der Rückseite, wo seine Wohnung lag. Sophie hatte das Licht nicht gelöscht. Sie wollte auf ihren Mann warten und hatte ihm versprochen, mit ihm noch ein Glas Wein zu trinken.
Er betrat das Haus. Bis Mitternacht waren es noch mehr als zwei Stunden. Müde fühlte er sich nicht, und den abschließenden Weg durch das Haus würde er sich an diesem Abend sparen.
Der Templer hörte aus dem Wohnzimmer leise Stimmen. Für einen Moment wunderte er sich. Er dachte daran, dass seine Frau Besuch hatte, aber das stimmte nicht. Es waren die Stimmen aus dem Fernseher, der lief. Er sah es, als er die Tür öffnete. Über den Bildschirm lief irgendeine politische Diskussion, die die Gemüter der Teilnehmer erhitzte. Das war zu hören und auch zu sehen.
Godwin schloss leise die Tür.
Seine Frau hatte ihn trotzdem gehört. Sie saß mit angezogenen Beinen auf der Couch und drehte jetzt das Gesicht zur Tür hin, wo Godwin wie ein großer Schatten stand.
»Alles in Ordnung?«, fragte sie.
»Ja, es ist alles bestens.«
»Möchtest du jetzt ein Glas Wein?«
»Gern.«
Sophie griff zur Fernbedienung und schaltete die Glotze aus. Nur zwei Lampen im Raum gaben ein sanftes Licht ab, und dort, wo die schwache Helligkeit über eine Anrichte floss, stand die Flasche Wein bereit. Sophie hatte sie bereits entkorkt, damit das Getränk atmen konnte. Auch Gläser hatte sie geholt und neben die Flasche gestellt.
»Super vorbereitet«, lobte Godwin.
»Ich habe mich auch auf den Abend gefreut.«
»Gibt es denn einen Grund dafür?«
»Der Sommer ist vorbei.«
»Aha. Und jetzt fließt der Saft der Reben – oder?«
»Ja, so sehe ich das. Trinken wir auf die Ernte, die Lese, einfach auf die neue Jahreszeit.«
»Wie du willst.«
Godwin ließ das edle Getränk behutsam in die Gläser laufen. Er freute sich auf den Burgunder, und er freute sich darauf, den edlen Tropfen mit seiner Frau trinken zu können. Mit einer wunderbaren Person, deren hellblondes Haar auch zu einem Engel gepasst hätte, und wie ein Engel kam ihm Sophie des Öfteren vor. Dazu trugen auch ihre zarte Haut, die weichen Lippen und die wunderschönen Augen bei, die so herrlich strahlen konnten.
Mit den beiden Gläsern in den Händen trat er zu ihr und nickte ihr zu, bevor er ihr ein Glas überreichte. Dann ließ er sich neben ihr nieder. Beide stießen an und lauschten dem Klang, der als leises Echo nachhallte.
Während sie tranken, schauten sie sich über die Glasränder hinweg an. Es waren tiefe Blicke, die sie wechselten. Einfach nur eine optische Geste des Verstehens. Da mussten keine großen Worte gesagt werden. Beide stellten ihre Gläser auf den Glastisch vor ihnen und Godwin lehnte sich auf der Couch zurück, während Sophie dicht an ihn heranrutschte und ihren Kopf an seine Schulter legte.
»Darf ich dich was fragen, Godwin?«
»Immer doch.«
»Worüber hast du draußen
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