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1695 - Entscheidung auf Luna

Titel: 1695 - Entscheidung auf Luna Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Nocturnen erwartete, gab sie nach und flog mit den Terranern zum Weisen von Fornax. Die UNBRED ließ sie zur weiteren Beobachtung im Coma-Sektor zurück und begleitete die CIMARRON mit ihrem kleinen Medo-Schiff MUTTER.
    Der Sitz des Weisen war der einzige Trabant einer roten Riesensonne, nur 45 Lichtjahre von Kontor Fornax entfernt. Der Weise selbst hatte die Sonne Augenlicht genannt und den lunagroßen Himmelskörper, auf dem er sich niedergelassen hatte, Nachtschatten.
    Nachtschatten besaß keine Atmosphäre. Seine geringe Schwerkraft förderte das kontinuierliche Wachstum der Nocturnenstöcke. Der Weise bestand aus unzähligen solcher Stöcke. Sie waren über die gesamte Oberfläche des Himmelskörpers verteilt. Jeder hatte einen Durchmesser von nicht mehr als 100 Metern. Manche von ihnen hatten bereits die Höhe von 2000 Metern überschritten. Sie standen alle miteinander per Hyperimpulsen in Kontakt und bildeten in ihrer Gesamtheit den Weisen.
    Als MUTTER im Anflug auf Nachtschatten war, erreichte sie ein Schwall von Hyperfunksignalen. „Die Signale gelten nicht uns", erläuterte der Bordsyntron, ohne gefragt worden zu sein. „Der Weise führt auf diese Weise lediglich philosophische Selbstgespräche."
    „Kündige ihm unseren Besuch an, Mutter", bat Siela. „Und erinnere ihn daran, daß er mich bei meinem letzten Besuch zum Wiederkommen ermuntert hat."
    Der Bordsyntron kam der Aufforderung nach und übermittelte gleich darauf die Antwort des Weisen. „Sie taucht schon wieder auf, um mich zu belästigen", erklang es aus den Lautsprechern der kleinen Kommandozentrale. „Dabei habe ich Sie doch gerade erst mit dem Hinweis verscheucht, daß ich keine Antworten auf ihre Frage habe."
    „Für einen, der nach Millionen von Jahren zählt, mag ein halbes Jahr nur ein Augenblick sein", erwiderte Siela, und der Bordsyntron übertrug ihre Worte in für den Weisen verständliche Hyperfunksignale. „Aber ich bin eine Sterbliche. Für mich eilt die Zeit. Ich habe nur ein kurzes Leben zur Verfügung, um dieses Problem zu lösen. Es betrifft immerhin auch dich, denn es geht um die ganze Art der Nocturnen."
    Das Medo-Schiff landete am Fuße eines rund zwei Kilometer hohen Stockes, den MUTTER als Ansprechpartner lokalisiert hatte. „Nocturnen sind in der Schwarmphase überaus kurzlebig", philosophierte der Weise. „Ihre Lebenserwartung ist viel geringer als die von Sie und ihresgleichen. Und doch – wenn sie in die Stockphase eintreten, gehört ihnen die Ewigkeit. Sie sollte einmal darüber nachdenken, ob es nicht für sie so etwas wie eine Stockphase gibt."
    „Aber was soll aus den Nocturnenstöcken werden, wenn es keine Schwärme mehr gibt, sie keinen Zustrom mehr erhalten und nicht mehr wachsen können?" mischte sich Alaska Saedelaere ein. „Sie können sich dann nicht mehr weiterentwickeln. Werden stagnieren.
    Schließlich verblöden und absterben."
    „Alles folgt dem Lauf der Welt", sagte der Weise. „Wenn es den Nocturnenschwärmen bestimmt ist, sich nicht mehr als Stöcke niederzulassen, dann kann dies auch gleichbedeutend mit dem Erreichen einer nächsthöheren Evolutionsstufe sein."
    „Ist das die Antwort auf die Fragen von Sie?" mischte sich nun auch Reginald Bull ein, weil er fand, daß Siela das Gespräch zu umständlich anging. „Treten die Nocturnen in eine neue Entwicklungsphase? So wie einst jene Geschöpfe, aus denen die Nocturnen hervorgegangen sind? Ist der scheinbare Untergang in Wirklichkeit ein Fortschritt?"
    „Wer immer auch im Namen von Sie denkt, denkt mir zu schnell", kam die Antwort des Weisen nach einer minutenlangen Pause. „Man kann nicht scharfsinnig sein, wenn man wilde Gedankensprünge vom Anfang der Zeit bis zu ihrem Ende macht. Man sollte stets den Weg in seiner gesamten Länge gehen. Und wenn er ohne Anfang und Ende ist, dann sollte man eben die Schritte einen nach dem anderen überdenken."
    „Und welchen Schritt tun gerade die Nocturnen?" fragte Siela. „Vielleicht den Schritt hinaus aus Fornax. Auf eine andere Ebene. Den Schritt nach Irgendwohin ... nach Ichweißnichtwohin. Dieser Schritt wurde vorgegeben. Neue Lebensinhalte sind gefragt... Neue Ufer locken... Ich würde auch gehen, wäre ich nicht an diesen Ort gebunden ... Ich sehe in der Ferne etwas locken. Es ruft mich ... Aber ich muß bleiben ... Die glücklichen Nocturnen dürfen in die Ferne streben, einer neuen Heimat entgegen. Ich muß darüber nachdenken ..."
    Nach diesem immer konfuser werdenden Gedankenstrom

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