1699 - Wolfshatz
nicht ansprechen.
»Alles klar?«, fragte sie.
»Bei dir auch?«
»Kann man so sagen. Einen Kaffee kannst du sicherlich vertragen, wenn ich mich nicht irre.«
»Du irrst dich nicht, Max. Aber ich kann auch warten, bis wir bei dir zu Hause sind.«
»Das ist toll.«
Sie hakte sich bei mir ein. So gingen wir zu ihrem Wagen, einem geländegängigen Rover.
»Es ist gut, dass du gekommen bist, John.«
»Aha. Warum?«
»Weil es kein falscher Alarm gewesen ist, was ich im Hinterkopf befürchtet hatte.«
»Also geht es um Werwölfe?«
»Ja. Um echte.« Sie lachte auf. »Das hat ausgerechnet wieder Carlotta herausgefunden.«
Ich verstand und fragte: »Zog sie mal wieder alleine los?«
»Ja. Mitten in der Nacht. Aber das kann ich dir alles auf der Fahrt erzählen.«
»Einverstanden.«
Wir hatten den Wagen erreicht. Ich pflanzte mich auf den Beifahrersitz und rief mit meinem Handy in London an, um Suko mitzuteilen, dass ich gut gelandet war.
»Und was ist mit dem Fall? Ein Fake oder …«
»Nein, ich denke nicht. Da kann was auf mich zukommen.«
»Sag Bescheid, wenn du Hilfe brauchst.«
»Mach ich.«
»Schönen Gruß!«, rief Maxine noch, dann war die Verbindung nicht mehr da.
Ich schaute aus dem Fenster und verglich das Wetter mit dem in London. Hier war die Luft klarer, der Himmel höher und der Verkehr längst nicht so dicht. Dundee war eine Stadt, in der man durchatmen konnte, aber ich hatte auch schon festgestellt, dass die Temperaturen hier tiefer lagen als im Süden. Der Wind war ebenfalls da, und durch die Lücken der schwachen Wolken lugte hin und wieder die Sonne und verwöhnte die Erde mit ihren Strahlen.
Maxine Wells wohnte im Westen der Stadt. Da sah es schon ländlicher aus. Wer hier ein Haus besaß, der musste nicht unbedingt auf die Größe des Grundstücks achten, die hier noch bezahlbar waren.
Carlotta hatte uns bereits gesehen, als wir auf den Weg eingebogen waren, der zum Haus führte. Die Praxis hatte Maxine für einen Tag geschlossen. Sie wollte nicht von irgendwelchen Unwägbarkeiten gestört werden.
Als ich ausstieg, erlaubte sich Carlotta einen Scherz, denn sie flog mir entgegen und hätte mich beinahe von den Beinen geholt, so stürmisch war die Umarmung. Sie würde mir nie vergessen, dass ich damals daran beteiligt gewesen war, sie aus dem Gen-Labor zu holen. Ich freute mich, dass es ihr gut ging, und der Kaffee, den sie bereits gekocht hatte, war wirklich nicht schlecht. Maxine und Carlotta wussten ja, dass ich ihn lieber trank als Tee, und so war man meinen Wünschen entgegengekommen.
Wir hockten im großen Wohnzimmer zusammen, schauten uns an, wobei ich immer wieder einen Blick durch das große Fenster in den Garten warf, der größtenteils aus einer Rasenfläche bestand, die mit Obstbäumen bestückt war.
»Dann höre ich euch gern zu, was da alles abgelaufen ist.« Auf der Fahrt hatte Maxine das Thema nur angerissen.
Innerhalb der nächsten Minuten wurde ich eingeweiht und konnte mir meine Gedanken machen. Dabei blieb ich an dem Namen Nathan Boyle hängen.
Ich erkundigte mich nach ihm. »Und er kümmert sich tatsächlich um die Jugendlichen, die auf seinem Hof eine letzte Chance erhalten?«
»So ist es«, sagte Maxine.
»Und wer kontrolliert ihn?«
Diesmal ließ sie sich mit der Antwort Zeit. »Ich kann es dir nicht hundertprozentig sagen, aber ich denke, dass der Ranger Tim Hatcher die Aufgabe übernommen hat.«
»Er hat euch auf die Spur der Werwölfe gebracht?«
»Richtig, John. Vier jugendliche Straftäter arbeiten auf dem Hof, und wir haben es mit vier Wölfen zu tun, wobei Carlotta sich auf Werwölfe festgelegt hat.«
»Genau«, sagte ich und fuhr fort: »Gehen wir mal davon aus, dass aus den normalen Menschen Werwölfe geworden sind, dann stellt sich natürlich die Frage, wer sie dazu gemacht hat …«
Maxine musste lachen, und Carlotta nickte. Sie gab auch die Antwort. »Da gibt es doch nur einen. Nathan Boyle. Er ist nicht nur der Bauer, der junge Menschen auf seinem Hof Ordnung und Disziplin beibringt, er ist auch noch etwas anderes.« Sie schaute uns abwechselnd an. »Oder fällt euch noch eine andere Möglichkeit ein?«
»Im Moment nicht«, gab ich zu. »Aber ich möchte diesem Bauernhof gern einen Besuch abstatten.«
»Als Polizist?«, fragte Maxine.
»Muss nicht unbedingt sein.«
»Als was dann?«
»Darüber habe ich mir noch keine Gedanken gemacht. Denke allerdings eher an einen offiziellen Auftritt.« Ich lehnte mich zurück. »Habt ihr
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