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1699 - Wolfshatz

1699 - Wolfshatz

Titel: 1699 - Wolfshatz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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keinen Fall. Das würde ich nicht übers Herz bringen.«
    »Kann ich mir denken.«
    Die nächsten Minuten vergingen schweigend. Die Ebene erlaubte uns einen weiten Blick. Dann sah ich, wie Maxine Wells den rechten Arm anhob und mit dem Zeigefinger nach vorn deutete.
    »Siehst du dort hinten die beiden Häuser?«
    »Ja, die sind nicht zu übersehen.«
    »Da müssen wir hin.«
    »Wunderbar.«
    Über eine asphaltierte Straße fuhren wir schon längst nicht mehr. Sie war irgendwann in einen Feldweg übergegangen, und der würde auch bleiben, bis wir das Ziel erreicht hatten.
    Schafe und Kühe!
    Auch dieser Nathan Boyle verdiente damit sein Geld, denn beide Tierarten standen noch auf der Weide. Bei diesen Temperaturen war das auch für die Kühe keine Quälerei, und die Schafe mit ihrem dicken Fell waren Kälte sowieso gewohnt.
    Ich suchte nach Menschen. Im Moment waren keine zu sehen, bis wir näher an den Hof herankamen. Dann sah ich zwei Gestalten auf dem Dach des Schuppens, das wohl an einigen Stellen ausgebessert werden sollte. Mir fiel nur auf, dass uns kein Hund entgegenkam, um uns zu begrüßen. Das war schon ungewöhnlich. Aber Hunde und Wölfe vertrugen sich wohl nicht so gut.
    Im langsamen Tempo rollten wir auf den Hof und waren beide gespannt, ob man uns bereits gesehen hatte und jetzt jemand kam, der uns begrüßte.
    Das geschah zunächst nicht. Die beiden auf dem Dach arbeiteten weiter und kümmerten sich nicht um uns.
    Wir standen vor dem Wohnhaus, und Maxine sagte mit forscher Stimme: »Dann wollen wir mal.«
    »Moment noch.«
    »Ja?«
    »Du bist sicher, dass dich dieser Nathan Boyle nicht kennt und in dir die Tierärztin sieht?«
    »Fast hundertprozentig, denn in meiner Praxis ist er noch nie gewesen.«
    »Dann ist es okay.«
    Wir verließen den Wagen und schlugen die Türen zu. Der Knall war bestimmt gehört worden – und wir hatten uns nicht geirrt, denn jetzt kam jemand.
    Allerdings verließ er nicht die Scheune, sondern öffnete einen Flügel der normalen Haustür. Es war der Bauer, und er war zudem ein Mann, der schon beeindruckte.
    Groß und breit in den Schultern. Er trug eine Kleidung, mit der er sich auch im Freien bewegen konnte. Am auffälligsten waren seine Haare. Die wuchsen lang wie ein grauer Pelz auf seinem Kopf und umrahmten ein Gesicht mit dicken Poren, dessen Haut leicht rötlich aussah.
    Seine Füße steckten in grünen Stiefeln. Er ging zwei Schritte vor, winkelte die Arme an und stemmte seine Fäuste gegen die Hüften. Gesprochen hatte er noch nicht. Er beobachtete nur aus kalten Augen seine Besucher.
    Wir hatten abgesprochen, dass Maxine das Reden übernahm, und das tat sie auch.
    »Sie müssen Nathan Boyle sein.«
    »Und wer sind Sie?« Die Stimme klang rau.
    »Ich bin Maxine Wells.« Sie streckte ihm die Hand entgegen, die er ignorierte.
    »Na und?«
    »Meinen Kollegen John Sinclair habe ich ebenfalls mitgebracht. Wir beide arbeiten für die Stadt Dundee im Jugendamt. Wir haben die Aufgabe, die jungen Menschen im Auge zu behalten, die Ihnen zur Resozialisierung anvertraut sind.«
    »Was wollen Sie genau?«
    »Schauen, ob die vier Jugendlichen hier zurechtkommen.«
    »Das tun sie.«
    »Und wir müssen uns auch mit Ihnen unterhalten, was Sie für einen Eindruck von ihnen haben. Ob Sie mit ihnen zufrieden sind. Oder ob es vielleicht Beschwerden gibt.«
    Boyle überlegte. Er runzelte die Stirn und zog seine dicken Lippen zurück. Dass Maxine ihn freundlich anlächelte, das kümmerte ihn offenbar nicht. Schließlich hob er die Schultern und rang sich zu einer Antwort durch.
    »Es ist alles okay.«
    »Das freut mich für Sie.«
    Boyle nickte der Tierärztin zu. »Dann können Sie ja wieder von meinem Hof verschwinden.«
    Mit einer ähnlichen Antwort hatte ich fast gerechnet, denn dieser Mensch machte auf mich nicht den Eindruck, besonders kooperativ zu sein. Er sah mehr danach aus, als hätte er etwas zu verbergen oder als wollte er nur seine Ruhe haben.
    »Das werden wir auch, Mr Boyle, aber nicht sofort.«
    »Und warum nicht?«
    »Weil wir noch mit Ihren Schützlingen sprechen müssen.«
    Das passte ihm nicht, und er fragte: »Warum das denn?«
    »Wir sind gehalten, uns ein persönliches Bild von den jungen Männern zu machen. Zwei von ihnen haben wir auf dem Dach gesehen.«
    »Ja, sie reinigen es.«
    »Und wo finden wir die anderen beiden?«
    »Im Stall.«
    Maxine lachte. »Das hätte ich mir eigentlich denken können. Dann wäre es gut, wenn wir dort anfangen?«
    »Wie Sie

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