17 - Das Konzil der Verdammten
zurück?«
»Ich war dort als Schreiber tätig, ich kenne mich in den Schriftzeichen des Griechischen und Lateinischen aus.«
»Du bist noch jung. Wo hast du dir dein Wissen angeeignet?«
»Meine Familie …« Er hielt inne.
»Deine Familie?«, ermunterte ihn Fidelma.
»Meine Familie im Kloster Divio hat mich unterrichtet; schon als Junge begann meine Ausbildung dort. In der Bibliothek lehrte man mich das Kopieren.«
»Da kannst du aber von Glück sagen; die Gabe, in mehreren Sprachen zu lesen und zu schreiben, ist eine ausgezeichnete Sicherung fürs zukünftige Leben«, kommentierte Fidelma wohlwollend. »Das gilt nicht nur für die Klöster, auch viele bedeutende Familien halten sich Schreiber.«
»Das stimmt«, bestätigte Eadulf. »Wenn die Regeln von Bischof Leodegar dir nicht zusagen, finden sich bestimmt weltliche Herrscher, die derartige Fähigkeiten zu schätzen wissen.«
Bruder Benevolentia sah ihn einen Moment mit eiskalter Miene an. »Weltliche Herscher?«
»Guntram zum Beispiel könnte vielleicht einen guten Schreiber gebrauchen.«
»Guntram ist der Gaugraf hier.«
»Er ist dir demnach nicht unbekannt?«
»Natürlich nicht. Ich bin Burgunde. Seine Mutter, Gräfin Beretrude, entstammt einer adligen Burgundenfamilie. Sie gehören zum Geschlecht Gundahars, des ersten großen Königs der Burgunden. Ein jeder in Burgund kennt die Familie.«
»Dann ist Gräfin Beretrude eine mächtige und einflussreiche Dame?«
»Sie ist ihrem Volk gegenüber großherzig und wohltätig«, erwiderte Bruder Benevolentia lebhaft. »Zumindest nach dem, was ich über sie gehört habe.«
»Ist dir auch mehr über Gaugraf Guntram, ihren Sohn, bekannt?«
»Er ist nicht so großartig wie …«
»Wie seine Mutter?«, half Eadulf ihm.
»Genau das wollte ich sagen.«
»Es heißt ja oft, Kinder müssen im Schatten ihrer Eltern wandeln«, merkte Eadulf an.
Bruder Benevolentia konnte sich eines Lächelns nicht erwehren, aber launig war es nicht. »Ebenso gut könnte es heißen, jeder große Mann überschattet seine Eltern.«
»Dem ist nichts entgegenzusetzen.«
»Wenn ihr mich jetzt entschuldigen wollt, es warten noch andere Pflichten auf mich.« Der junge Mann neigte kurz den Kopf und eile davon.
Sie schauten ihm nach. »Das Schlimme an der Sache ist, dass er recht hat«, meinte Eadulf.
»Recht hat? Womit?«
»Wir können nicht darauf bestehen, dass Bischof Ordgar oder auch Abt Cadfan auf Dauer festgehalten werden.«
»Wir halten sie nicht auf Dauer fest, nur so lange, bis wir zu einem Ergebnis gekommen sind.«
»Aber wie lange wird uns das möglich sein?«
»Wir sollten Nuntius Peregrinus aufsuchen. Wenn Ordgar bei ihm vorstellig wird, ist es besser, wir sorgen dafür, dass sein Bittgesuch zu Zugeständnissen führt, die in unserem Sinne sind.«
Schon wandte sie sich zum Gehen, und Eadulf folgte ihr leicht verwirrt. Als er wieder neben ihr ging, sagte er: »Eine Sache wundert mich, nämlich die, dass Bruder Chilperic mit Schwester Radegund verheiratet war. Sie sieht älter aus als er, und eine Schönheit ist sie auch nicht gerade.«
Fidelma bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick.
»Du vergisst, sua cuique voluptas – jeder hat seine eigenen Vorlieben.«
Sie fanden den Nuntius im calefactorium . Als Fidelma auf ihn zustrebte, erhob er sich.
»Ich benötige deine Hilfe«, begann sie ohne weitere Vorrede.
Er machte eine einladende Handbewegung. »Du brauchst dich nur zu äußern.«
»Hast du schon mit Bischof Ordgar gesprochen?«
»Das wollte ich gerade tun, da ich hörte, dass er mich zu sehen wünschte.«
»Wie du weißt, hielt ich es ursprünglich für ratsam, Bischof Ordgar und Abt Cadfan nicht zu gestatten, ihre Zimmer zu verlassen, solange wir nicht mit unseren Untersuchungen zu Ende gekommen sind. Bischof Leodegar hatte sich mit einer solchen Vorgehensweise einverstanden erklärt.«
»Eine weise Vorsichtsmaßnahme«, stimmte ihr der Nuntius zu.
»Es bleibt jedoch noch eine Menge zu tun, und ich bin nicht sicher, wann wir mit Ergebnissen aufwarten können.«
»Und das bedeutet?«
»Bischof Ordgar will dich dazu bewegen, unsere Festlegung aufzuheben. Ich bin mir der Stellungen, die Ordgar und Cadfan innehaben, bewusst. Wenn beide ihr Ehrenwort geben, sich voneinander fernzuhalten, bis die Sache geklärt ist, könnte man sie freilassen.«
»Und wenn sie darauf eingehen?«
»Sie müssten dir ihr Wort geben, und du als oberster Beauftragter der Kirche erzwingst, dass sie es halten.«
»Ich werde es ihnen vorschlagen, und wenn sie
Weitere Kostenlose Bücher