17 - Geheimagent Lennet wittert Verrat
Chef zu unterbrechen.
»Entschuldigen Sie, Herr Hauptmann, aber es geht jetzt weder um Selima noch um ihren Vater, noch um mich.
Es geht um den General. Wann trifft er sich mit Chibani?«
»Um neun. In etwas weniger als einer Stunde.«
»Sind Sie noch mit ihm in Funkkontakt?«
»Seit fünf Minuten nicht mehr. Er wird schon unterwegs sein.«
»Wissen Sie, wo er sich mit Chibani trifft?«
»Nein, aber wir können Blandine fragen.«
»Dann kommen Sie schnell, Chef! Sie müssen mir vertrauen.
Ich erkläre Ihnen alles unterwegs!«
Geheimkommando »Austernfischer«
Eine weite, grasbewachsene Ebene irgendwo in der Normandie. Der Nachthimmel ist klar, und der Mond scheint hell. Kleine Regentropfen glitzern noch auf den Gräsern, denn es hat noch nicht lange aufgehört zu regnen.
Ringsum ist es still. Um die endlos erscheinende Wiese gruppieren sich geheimnisvolle Wälder und kleine Büsche.
Mitten auf der Ebene erhebt sich etwas Dunkles - eine Schäferhütte.
Eine einsame Landstraße windet sich vorbei. Ein vereinzeltes Auto fährt dort entlang, bremst, bleibt stehen.
Hauptmann Blandine steigt aus. Er ist ein vornehm aussehender Mann mit einer immer etwas atemlos klingenden Stimme. Auf der anderen Seite öffnet Chibani die Tür des Wagens. Er hat ein in braunes Papier gewickeltes Päckchen in der Hand.
»Herr Oberst, sehen Sie dort das Haus auf der Wiese?«
»Ja, Hauptmann.«
»Dort werden Sie den General erwarten.«
»Von wo wird er kommen?« Blandine lächelt. »Herr Oberst, Sie kennen den General nicht.
Man weiß nie, von wo er kommt. Es kann ebensogut von vorne wie von hinten sein, von links oder rechts. Wundern Sie sich nicht, wenn er vom Himmel fällt oder zwischen Ihren Beinen aus dem Boden steigt.
Viel Glück.« Chibani nickt ironisch und geht langsam über die Wiese.
Seine Füße werden naß im feuchten Gras, aber er merkt es nicht einmal. Er denkt an seine große Stunde.
Kurz blickt er auf die Uhr, die ihm der FND zur Verfügung gestellt hat. Es ist fünf nach halb neun. In einer halben Stunde würde Oberst Chibani den größten Coup seines Lebens vollbracht haben.
Er legt die dreihundert Meter zurück, knipst eine Taschenlampe an und geht in die Schäferhütte.
Wände aus Lehm, zwei Heuballen, um darauf zu sitzen, das ist alles. Chibani setzt sich hin. Durch die Türöffnung betrachtet er den grünlichen Himmel, die im Mondlicht schimmernden Gräser, die weit entfernten, dunklen Wälder.
Von wo würde der General kommen? Um zwanzig vor neun hört er ein dumpfes Dröhnen.
Ein rotes Licht erscheint am Himmel, wird größer, wird breiter, hält direkt auf die Schäferhütte zu.
Aha, ein Hubschrauber, denkt Chibani, er kommt also von oben.
Der Hubschrauber landet fünfzig Meter vor der Hütte.
Ein Mann springt heraus. Irgendwo im Dunkeln richten jetzt Infrarotkameras ihre Teleobjektive auf ihn. Von heute an würde sein Geheimnis gelüftet sein, und eine mächtige Organisation würde ihn auf Schritt und Tritt verfolgen. Der Oberbefehlshaber des FND würde verletzbar sein, man konnte ihn bedrohen und töten. Und er allein, Oberst Chibani, würde dieses Meisterwerk vollbracht haben.
So träumt er. Doch zwei Dinge erstaunen ihn. Erstens, daß der General so früh kommt, und zweitens, daß er noch so jung ist.
Der Hubschrauber startet wieder.
Der Mann kommt auf Chibani zu. Es ist Leutnant Lennet.
»Was soll das?« fragt der Oberst. »Wo bleibt der General?«
»Setzen Sie sich, Herr Oberst. Ich weiß nicht, wo der General ist. Was das Ganze soll, werde ich Ihnen gleich erklären.« Lennet schaut das Päckchen an, das neben Chibani liegt. Er weiß, es ist voller verschlüsselter Dossiers. Und eine Visitenkarte ist darauf befestigt.
»Ich sehe, Herr Oberst, Sie haben die Informationen dabei.«
»Ich habe Ihrem Hauptmann ja schon gesagt, daß nur ich allein sie entschlüsseln kann.«
»Natürlich, Herr Oberst, denn der angeblich verschlüsselte Text besteht ja auch nur in Ihrer Einbildung, nicht wahr? Sie hätten dem General alles mögliche erzählt, nur um ihn hier festzuhalten. Diese Ziffern dort auf dem Papier ergeben nicht den geringsten Sinn!«
»Leutnant, ich weiß nicht, was es bedeuten soll, daß Sie hier so einfach auftauchen, aber wenn es sich um eine Privatinitiative Ihrerseits handelt, dann rate ich Ihnen, zu verschwinden, ehe Ihr Vorgesetzter hierherkommt. Vielleicht bin ich dann sogar bereit, Ihre Impertinenz zu vergessen!«
»Herr Oberst, Sie haben
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