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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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in Stambul meine Brieftasche geben wollte, um Euch für die lange Reise zu bezahlen, da wart Ihr stolz wie ein Spanier und ranntet davon. Könntet heute ein schönes Sümmchen haben, wenn Ihr dieses Geld genommen und mir den Hengst verkauft hättet. Habt aber einen Kopf, der so dick ist, daß bald Hörner daraus hervorbrechen werden. Well!“
    Wir waren während dieser Wechselreden vor dem Haus stehen geblieben. Jetzt gingen wir hinein. Der Köhler blickte uns erwartungsvoll und sichtlich besorgt entgegen.
    „Nun, Effendi, hast du dich überzeugt, daß ich dich nicht belogen habe?“ fragte er.
    „Du hast die Wahrheit gesagt. Ja, ich habe deine Worte sogar übertroffen gefunden. Es sind dort mehr als nur die zwei, um welche es sich handelt, verbrannt worden. Wer waren die anderen?“
    „Das waren – waren – mußt du das wissen, Herr?“
    „Nein; behalte es lieber für dich. Aber es ist anzunehmen, daß du einen massenhaften Raub zusammengescharrt hast. Wo hast du ihn stecken?“
    „Ich besitze nichts weiter als das, was ihr hier bei mir gefunden habt.“
    „Lüge nicht! Diese Sachen haben Stojko gehört. Wo befindet sich der dir vom Schut ausbezahlte Beuteanteil und der Ertrag der Raubtaten, welche du außerdem auf eigene Rechnung ausgeführt hast?“
    „Ich sage dir, daß ich nichts besitze!“
    „Sihdi, soll ich die Lunte anbrennen?“ fragte Halef, indem er den Span der Zündschnur näherte.
    „Ja.“
    „Nein, nein!“ rief Scharka. „Sprengt mich nicht in die Luft! Ich sage die Wahrheit: es ist hier bei mir nichts zu finden.“
    „Hier nicht, aber anderwärts wohl?“
    Er schwieg.
    „Rede, sonst macht Halef seine Drohung wahr!“
    „Ich habe nichts hier, mein – mein Schwager hat es mir aufgehoben.“
    „Junak? Wo denn?“
    „Es ist unter seinem Herd vergraben.“
    „Ah! So hast du dich hier wohl nicht ganz sicher gefühlt? Nun, es mag einstweilen dort liegen bleiben. Wir haben keine Zeit, zurückzureiten, um uns dieses Blutgeld anzueignen. Jetzt nur noch eins. Ihr habt ein geheimes Wort, an welchem ihr einander erkennt?“
    „Effendi, wer hat dir das gesagt?“
    „Ich weiß es. Wie lautet dieses Wort?“
    „Ich darf es nicht verraten.“
    „Das Pulver wird dir die Zunge lösen!“
    „Willst du mich zwingen, meinen Eid zu brechen? Könntest du das auf dein Gewissen laden?“
    „Du scheinst recht zart zu denken in Beziehung auf das Gewissen anderer. Ein Eid wie der deinige gilt meiner Ansicht nach gar nichts; aber ich will dich dennoch nicht zwingen, ihn zu brechen. Du sollst das Wort nicht verraten. Wenn ich es jedoch bereits wüßte, so könntest du es mir bestätigen, daß es das richtige ist?“
    „Das könnte ich, denn du hättest es dann ja nicht von mir erfahren; aber es ist ganz unmöglich, daß du es wissen kannst. Kein Untertan verrät das Wort. Es ist ein sehr qualvoller Tod darauf gesetzt.“
    „Täusche dich nicht! Wie würdest du mich aufnehmen, wenn ich des Nachts als Fremder zu dir käme, an deinen Laden klopfte und dir die beiden Worte ‚bir Syrdasch‘ durch denselben zuriefe?“
    Er zuckte zusammen und starrte mich ganz erschrocken an. Es war ihm anzusehen, daß diese zwei Wörter die richtigen seien; er brauchte es mir gar nicht erst zu bestätigen. Das waren die Worte, welche ich von dem Fährmann in Ostromdscha erfahren hatte. Gleich damals hatte ich geahnt, daß sich nicht nur der alte Mübarek derselben bediene, sondern daß sie für die ganze Gesellschaft des Schut von Bedeutung seien.
    „Nun, du verlierst die Sprache?“ sagte ich.
    „Herr, du weißt alles, alles! Du mußt wirklich dem Teufel deine Seele verschrieben haben, so daß er nun deinen Leibdiener macht und dir alle Geheimnisse enthüllt.“
    „Ich glaube, er ist dir ein größerer Freund als mir. Du bist es, dessen Seele ihm gehört; er hat dich nicht verraten. Das Verbrechen trägt den Verrat stets in sich selbst. Ich bin fertig mit dir. Du wirst mein Angesicht nicht wiedersehen. Ich rate dir, in dich zu gehen, bevor du stirbst. Schafft den Kerl fort!“
    „Herr, du sprichst vom Sterben!“ rief er aus. „Du hast mir doch versprochen, uns nicht zu töten!“
    „Ich habe dir dieses Versprechen gegeben, und ich halte mein Wort. Wir vergreifen uns nicht an euch; der Tod tritt von anderer Seite an euch heran. Er ist euch bereits so nahe, daß er schon die Hand erhebt, um nach euch zu greifen.“
    „Welcher Tod ist das?“ fragte er voll Angst, indem er aufgehoben wurde, um fortgetragen zu

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