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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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eindringlichen Ton, daß ich hörte, er wünsche es ganz besonders, daß ich diesen Weg einschlage. Wenn ich dies wirklich tun mußte, falls es keinen andern gab, so galt es, auf demselben sehr vorsichtig zu sein.
    „Laß diese Bemerkungen!“ sagte ich. „Nicht nach dem Weg, sondern nach dem Karaul habe ich dich gefragt.“
    „Der Karaul liegt im hohen Wald des Flußufers. Jedermann kann dich hinweisen. Du wirst einen uralten, halb verfallenen Wartturm finden, welcher inmitten umfangreicher Mauertrümmer steht. Der Eingang ist nicht an der Erde, sondern hoch oben. Man baute damals so, um das Erstürmen der Karauls zu erschweren. Wer durch die Tür will, muß auf einer hohen Leiter hinauf.“
    „Ist eine solche vorhanden?“
    „Nein, sie ist heutzutage nicht mehr nötig. Die Mauer ist mehrere Ellen dick, und man hat in gewissen Entfernungen Steine aus ihr gebrochen, so daß Vertiefungen entstanden, welche das Hinaufklettern ermöglichen. Droben aber findest du nichts als Ruinen und eingefallene Wände, über denen der Himmel sich ausspannt.“
    „Und darunter?“
    „Ist nichts.“
    „Das glaube ich nicht. Wie hoch über der Erde ist der Eingang zu dem Turm?“
    „Wohl fünfmal in Manneshöhe.“
    „Dort sind früher die Gemächer gewesen. Unter ihnen muß es aber noch andere Räume gegeben haben und auch noch heute geben. Man wird den Turm doch nicht fünfzehn Ellen hoch massiv gebaut haben!“
    „Jedenfalls ist er massiv, denn man hat trotz des mühevollsten Suchens niemals einen Weg entdeckt, welcher nach unten führt. Der Turm gleicht einer runden Säule, welche vom Erdboden an bis zu der angegebenen Höhe massiv und dann erst hohl ist. Dennoch befinden sich grad unter ihm, aber eben nur ganz zufälligerweise unter ihm, Höhlungen, welche gar nicht mit ihm in Verbindung gestanden haben. Das sind die Höhlen der Gömüsch laghymy (Silbermine), welche es vor uralten Zeiten da gegeben hat. Der Schacht, welcher vom Berg aus in die Erde geführt hat, ist zugeschüttet worden, und Sträucher und Bäume sind auf der Stelle gewachsen, so daß man sie nicht mehr finden kann. Auch einen Stollen hat es gegeben, welcher vom Ufer des Flusses aus nach dem Schacht geführt hat, entweder, um das Wasser des Bergwerkes abzuleiten oder dasjenige des Flusses hineinzuführen. Auch der Eingang dieses Stollens war verbaut worden, und niemand wußte mehr von ihm, bis er durch einen Zufall von einem unserer Freunde entdeckt ward. Durch diesen Stollen mußt du in die Mine; er führt weit in das Erdinnere, bis du in einen großen, runden Raum kommst, in welchen mehrere Gemächer münden.“
    „In einem derselben steckt Stojko?“
    „Ja.“
    „In welchem?“
    „In demjenigen, welches dem durch den Stollen Kommenden grad gegenüber liegt.“
    „Aber es ist verschlossen?“
    „Nur durch einen Holzriegel, welchen man leicht zurückschieben kann.“
    „Ist denn der Stollen gut gangbar?“
    „So gut, daß man gar keines Lichtes bedarf. Er führt immer gradaus und steigt ganz regelmäßig empor. Seine Sohle ist mit Brettern belegt, welche freilich ein wenig schlüpfrig sind. Diese Bretter leiten an einer Stelle über einen unterirdischen Felsenspalt, über welchem sie aber so gut befestigt sind, daß nicht die geringste Gefahr vorhanden ist.“
    Er machte bei diesen letzteren Worten eine leichte, wegwerfende Bewegung mit der Hand, um die Gefahrlosigkeit zu bezeichnen; aber aus seinen Augen traf mich ein tückischer, triumphierender Blick, und seine dunklen Brauen schnellten empor und wieder nieder, wie von einem federnden Gedanken bewegt. Dieser Blick, dieses Zucken der Brauen hatte kaum eine halbe Sekunde in Anspruch genommen, war aber für mich so vielsagend gewesen, daß ich nun wußte, woran ich war. Grad an dieser Felsenspalte lauerte die Gefahr.
    Überdies hatte er mich jedenfalls schon vorher belogen. Der untere Teil des Turmes war gewiß nicht massiv gebaut. Wenn die Mauern mehrere Ellen stark waren, so boten sie hinreichende Sicherheit gegen den Feind, zumal der eigentliche Eingang so hoch über der Erde lag. Die früheren Bewohner des Karauls, die Wachtleute, hatten nicht nur Wohnräume, sondern auch Keller und Gewölbe nötig gehabt. Warum sollte man dieselben nicht in dem unteren Teil des Turmes angebracht, sondern im Gegenteil durch das Massivmauern desselben eine solche Zeit- und Material-Verschwendung getrieben haben?
    Hatte sich wirklich ein Silberbergwerk hier befunden? Das war jedenfalls vor der

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