Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
Gedächtnis einzuprägen. Dazu kam, daß ich, wenn es sonst nichts zu besprechen gab, dem Kleinen von meinem Vaterland erzählen mußte. Er interessierte sich aus Liebe zu mir ganz außerordentlich für dasselbe. Ich mußte ihm das Unverständliche erklären und die Dinge bei ihren deutschen Namen nennen, welche er sich zu merken trachtete. Auf diese Weise hatte er sich auch eine gute Anzahl deutscher Ausdrücke angeeignet und war erpicht darauf, diese in seinen Augen ganz bedeutenden Kenntnisse in Anwendung zu bringen. Dazu bot sich ihm jetzt eine Gelegenheit, welche er mit Freunden ergriff.
    Seine Erzählung war halb türkisch, halb arabisch gehalten und reichlich mit englischen und deutschen Bezeichnungen gespickt. Letztere brachte er möglichst oft an, ohne sich sehr darum zu bekümmern, ob sie richtig seien oder nicht. Das gab denn einen Mischmasch, welcher mir heimlich außerordentliches Vergnügen machte. Der Lord aber hörte sehr ernsthaft zu und warf nur zuweilen eine Frage ein, wenn Halef durch eine allzu kühne Anwendung seiner Kenntnisse unverständlich wurde. Übrigens trugen die lebhaften Gesten, mit denen der Kleine seinen Bericht begleitete, sehr viel zur Verdeutlichung desselben bei.
    Indessen brachten Osco und Omar unsere Pferde, und wir etablierten einen Bratspieß, an welchem die Reste des Bären in einen genießbaren Zustand gebracht wurden. Übrigens gab Halef der Wahrheit die Ehre. Er stellte zwar sein Verhalten sorgsam in ein möglichst glänzendes Licht, behauptete aber, daß er nicht mehr am Leben sein würde, wenn ich nicht zur rechten Zeit mit dem Messer gekommen wäre.
    Während seiner Erzählung war es ein wahres Gaudium, das Mienenspiel des Lords zu beobachten. Er hatte die Gewohnheit, besonders wenn ihn eine Rede lebhaft interessierte, kein Auge von dem Sprechenden abzuwenden, und die Gesichtsbewegungen desselben nachzuahmen. Das tat er auch jetzt. Auf seinem Antlitz wiederholte sich das lebhafte Mienenspiel des Hadschi auf das genaueste. Seine Augen, die Brauen, die große Nase, der breite Mund, sie befanden sich unausgesetzt in Bewegung, und diese Bewegung brachte infolge seiner eigentümlichen Gesichtsbildung und des Kontrastes mit Halefs Mienenspiel eine höchst erheiternde Wirkung hervor, von welcher man aber nichts merken lassen durfte.
    „Well!“ sagte er, als Halef geendet hatte. „Ihr habt Eure Sache gut gemacht, lieber Hadschi! Zwar kommt es mir ganz so vor, als ob dabei von Eurer Seite einige kleine Unregelmäßigkeiten mit unterlaufen seien, aber gefürchtet habt Ihr Euch nicht – das ist sicher. Wollte, ich wäre dabei gewesen! Mir passiert so etwas nicht! Wenn ich einmal anfange, eine Heldentat auszuführen, kommt mir stets etwas dazwischen, wodurch ich daran verhindert werde.“
    „Ja“, nickte ich ihm zu, „es kommt sogar vor, daß Ihr dabei ergriffen und in einen Karaul gesperrt werdet. Welche Heldentat war es denn eigentlich, welche Euch veranlaßte, so Hals über Kopf nach Albanien zu kommen?“
    „Hm! Habe diese Frage schon längst erwartet. Wußte, daß ich endlich beichten müsse. Ihr könnt Euch darauf verlassen, daß ich nur aus Liebe und Freundschaft für Euch hierher gekommen bin.“
    „Das rührt mich tief. Eine Freundschaft, welche es riskiert, sich in einer Höhle des Schar Dagh toträuchern zu lassen, kann mir die bittersten Tränen des Entzückens erpressen.“
    „Spottet nicht! Es war wirklich gut gemeint. Wollte euch zu Hilfe kommen.“
    „Ah so! Wußtet Ihr denn, wo Ihr uns treffen könntet, und kanntet Ihr die Gefahr, in welcher wir uns befanden?“
    „Natürlich! Bevor ich von Stambul fortging, besuchte ich Maflei, bei welchem Ihr gewohnt hattet, um mich zu verabschieden. Sein Sohn Isla war soeben aus Edreneh zurückgekehrt. Er erzählte, was dort geschehen war. So erfuhr ich, daß Ihr nach Skutari zu dem Kaufmann Galingré reiten wolltet, um ihn vor großem Schaden und vielleicht noch anderen Gefahren zu bewahren. Ich hörte, daß Ihr es auf die Entflohenen abgesehen hättet; man schilderte mir ihre Gefährlichkeit; man erzählte mir so viel von dem Kerl, den Ihr den Schut nennt, daß mir um Euch bange wurde. Ich beschloß, Euch zu Hilfe zu kommen.“
    „Diese Liebe kann ich Euch niemals vergelten, Sir! Ihr seid uns so wacker und nachdrücklich zu Hilfe gekommen, daß uns schließlich nichts anderes zu tun blieb, als Euch hier aus dieser Höhle herauszuziehen.“
    „Lacht nur, lacht! Konnte ich etwas von diesem Loch

Weitere Kostenlose Bücher