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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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die Gegend von Pristina, in das sogenannte Amselfeld, um Getreide einzukaufen. Galingré hat sich nämlich durch den Getreidehandel bedeutende Reichtümer erworben. Jetzt hat er das Geschäft verkauft und will in das Innere, nach Uskub, um dort ein neues Geschäft zu gründen, weil die Gegend dort überaus fruchtbar ist und durch die neue Eisenbahn ein Absatzweg eröffnet wird.“
    „Von wem habt Ihr das erfahren?“
    „Vom Dolmetscher, der es in der Stadt hörte.“
    „Nicht bei Galingré selbst?“
    „Nein.“
    Ich kannte den guten Lord sehr genau und ahnte, daß er hatte pfiffig sein wollen, aber grad auf die allergrößte Dummheit verfallen war. Er liebte es, Abenteuer aufzusuchen, fiel aber diesen Abenteuern fast regelmäßig zum Opfer.
    „Habt Ihr den Dolmetscher und die Diener schon in Antivari engagiert?“ fragte ich ihn.
    „Natürlich! Wir ritten dann nach Skutari. Dahin gab es schlechten Weg, hart gepflastert und von Zeit zu Zeit wieder aufgerissen, um ihn für den Kriegsfall ungangbar zu machen. Dann ging es stundenlang durch Morast, kamen sehr beschmutzt und glücklich in Skutari an, wo ich mich sogleich nach Galingrés Wohnung erkundigte und zu ihm ging.“
    „Von wem wurdet Ihr empfangen?“
    „Er war verreist, nach Pristina, wie ich bereits sagte. Ich wurde in das Comptoir geführt, welches ganz leer war, da er das Geschäft verkauft hatte. Es empfing mich sein Disponent, ein feiner, gewandter, erfahrener und höchst liebenswürdiger Mann.“
    „Hörtet Ihr seinen Namen?“
    „Allerdings. Er hieß Hamd en Nassr.“
    „Ah! Ausgezeichnet!“
    „Kennt Ihr ihn vielleicht, Master?“
    „Sehr genau sogar.“
    „Nicht wahr, ein prächtiger Kerl?“
    „Sehr prächtig! Er wird sich gefreut haben, Euch kennenzulernen, zumal wenn ihr ihm von mir erzählt habt.“
    „Sonderbar! Er tat gar nicht so, als ob er Euch kenne!“
    „Er wird wohl einen Grund dazu gehabt haben. Natürlich habt Ihr ihm gesagt, was der Zweck Eures Kommens sei?“
    „Ja, habe ihm alles erzählt, Eure Erlebnisse in Stambul und Edreneh, die Flucht Barud el Amasats, Manach el Barschas und des Gefängnisschließers, und habe ihn schließlich ernstlich vor dem Bruder des ersteren, vor Hamd el Amasat, gewarnt. Habe ihm gesagt, daß dieser Kerl ein Schurke sei, der Master Galingré betrügen wolle, ein Mörder, welcher lange Zeit, aber leider vergeblich, verfolgt worden ist.“
    „Ausgezeichnet! Was sagte er dazu?“
    „Er bedankte sich wiederholt bei mir durch die herzlichsten Händedrücke und ließ Wein bringen. Hamd el Amasat war durchschaut und bereits fortgejagt worden. Das war klug. Dann erkundigte er sich nach dem Weg, den ich einschlagen wolle, um Euch zu treffen. Ich sagte ihm, daß ich nach Kalkandelen und Uskub gehen werde, auf welcher Route ich Euch sicher begegnen müßte. Er hieß das sehr gut und gab mir die beste Ratschläge.“
    „Der brave Kerl!“
    „Ja, ist zwar nur ein Türke, aber dennoch durch und durch ein Gentleman. Gab mir sogar einen Empfehlungsbrief mit.“
    „So! An wen, mein verehrter Herr?“
    „An den bedeutendsten Pferdehändler des Landes, Kara Nirwan in Rugova, durch welchen Ort mich meine Straße führte. Hat diesen Kerl aber doch nicht genau gekannt, denn grad durch diesen Pferdehändler bin ich in die Patsche geraten.“
    „War der Empfehlungsbrief ein offener?“
    „Nein.“
    „Und Ihr habt ihn auch nicht geöffnet und gelesen?“
    „Was denkt Ihr von mir, Master! Ein Gentleman, ein Lord von Altengland, und Entheiligung eines Briefgeheimnisses! Oder haltet Ihr mich wirklich für so ordinär?“
    „Hm! Ich gestehe Euch offen, daß ich in diesem Fall ganz gewiß sehr ordinär gewesen wäre.“
    „Wirklich? Fremde Briefe macht Ihr auf, aber ein fremdes Pferd ist Euch heilig! Sonderbarer Kerl, der Ihr seid!“
    „Es ist oft von Vorteil, sonderbar zu sein. So habt Ihr also nur mit diesem Master gesprochen. Hat Galingré keine Familie?“
    „Frau und verheiratete Tochter. Der Schwiegersohn wohnt in demselben Haus.“
    „So hätte ich an Eurer Stelle mich diesen Personen vorstellen lassen!“
    „Wollte es auch, aber der Schwiegersohn war nicht daheim, und die Damen befanden sich in Negligé, waren überhaupt so mit Einpacken beschäftigt, daß sie keinen Augenblick übrig hatten, Besuch zu empfangen.“
    „Ließen sie Euch das sagen?“
    „Nein, der Disponent sagte es.“
    „Warum packten sie ein?“
    „Weil sie eben nach Uskub ziehen. Galingré hatte ihnen aus Pristina einen

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