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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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„Wenn der Hadschi aus der Stube fort ist, so sind auch die anderen nicht mehr drin. Gehe schnell hinein, Konakdschy! Sind sie nicht mehr dort, so bringst du den Mübarek heraus. Sein Fieber mag noch so heftig sein – er muß auch verschwinden. Wir holen unterdessen unsere Pferde. Du triffst uns rechts von der Furt unter den vier Kastanien. Aber schnell, schnell! Es ist kein Augenblick zu verlieren.“
    Die anderen schienen hiermit einverstanden zu sein und huschten fort. Jetzt galt es für mich, noch vor ihnen die Kastanien zu erreichen. Ich war mit der Örtlichkeit nicht vertraut, wußte aber nun, daß diese Bäume zur rechten Seite der Furt standen, und da ich an dieser vorübergekommen war, so hoffte ich, das Stelldichein leicht zu finden.
    Das Gewehr, welches ich bei mir hatte, ließ ich einstweilen hier unter den Fichten liegen, da es mir leicht hinderlich werden konnte.
    Ich hörte eine Tür knarren, jedenfalls die Stalltür, und eilte nun, so schnell ich konnte, nach der Furt. Bei derselben angekommen, wendete ich mich nach rechts und war kaum gegen vierzig Schritte gegangen, als ich mich bei den vier Bäumen befand. Sie waren dicht belaubt. Zwei von ihnen trugen ihre Kronen hoch; bei den andern reichten die untersten Äste so weit herab, daß ich sie beinahe mit den Händen erreichen konnte. Ich umfaßte den einen Stamm: einige Griffe, ein Schwung, und ich saß oben auf einem Ast, welcher stark genug war, mehrere Männer von meinem Gewicht zu tragen. Kaum hatte ich mich gesetzt, so hörte ich nahende Pferdeschritte. Die Flüchtigen hatten ihre Tiere am Zügel und nahmen unter mir Posto. Und da führte auch schon der Wirt den Mübarek herbei. Vom Haus her hörte man Halefs Stimme:
    „Kapudan itschine giririz. Mahazzalar partschalarsitz, atmalerimiz ejer itschitirsiz – wir gehen hinein. Schlagt die Läden ein, wenn ihr unsere Schüsse hört!“
    „Allah sucht mich schwer heim“, klagte leise der Mübarek. „Mein Leib ist wie Feuer, und meine Seele lodert wie eine Flamme. Ich weiß nicht, ob ich reiten kann.“
    „Du mußt!“ antwortete Manach. „Auch wir hätten gern geruht, aber diese Teufel hetzen uns von Ort zu Ort. Wir müssen fort, und doch ist es für uns notwendig, zu wissen, was hier heute noch geschieht. Konakdschy, du wirst uns einen Boten nachsenden.“
    „Wo wird er euch treffen?“
    „Irgendwo auf dem Weg zur Höhle des Köhlers. Du aber mußt diese Fremden auf unsere Spur lenken. Du mußt ihnen sagen, daß wir zu Scharka reiten wollen. Sie werden uns ganz gewiß folgen und dann sind sie verloren. Wir werden ihnen am Scheïtan kajaji auflauern. Dort können sie weder rechts noch links ausweichen und müssen uns in die Hände laufen.“
    „Und wenn sie uns trotz alledem entgehen?“ fragte Bybar, der andere Aladschy.
    „So fallen sie beim Köhler desto sicherer in unsere Hände. Der Konakdschy mag ihnen von den Schätzen der Höhle erzählen, wie er es all den andern erzählt hat, welche in die Falle gegangen sind. Es müßte die ganze Hölle mit ihnen im Bund stehen, wenn sie die Ip merdivani (Strickleiter) fänden, welche empor in die hohle Eiche führt. Das Pferd des Deutschen wird freilich Karanirwan für sich haben wollen. Das andere aber teilen wir unter uns, und ich denke, daß wir zufrieden sein werden. Ein Mensch, welcher solche Reisen macht und ein solches Pferd besitzt, wie dieser Deutsche, muß sehr viel Geld bei sich haben.“
    Da befand er sich freilich in einem außerordentlichen Irrtum. Mein Reichtum bestand augenblicklich in dem, was ich von ihm hörte. Ich wußte nun, daß Karanirwan der Schut sei. Ich wußte auch, daß die Opfer des Köhlers durch gewisse Schilderungen des Konakdschy in die Höhle gelockt worden waren. Und ich wußte, daß diese Höhle einen zweiten Ein- oder Ausgang hatte, welcher in eine hohle Eiche emporführte. Diese Eiche hatte jedenfalls einen bedeutenden Umfang und eine entsprechende Höhe und mußte also so in die Augen fallen, daß sie nicht schwer zu finden war.
    Weiter bekam ich nichts mehr zu hören. Der Wirt war voll von Angst und mahnte zum Aufbruch. Die Männer bestiegen ihre Pferde; dem stöhnenden Mübarek wurde in den Sattel geholfen, und bald hörte ich das Plätschern, als sie durch die Furt ritten. Nun stieg ich vom Baum und ging nach dem Haus zurück. Ich wußte nicht, was besser sei, einzutreten oder erst durch den eingeschlagenen Laden zu schauen; da aber vernahm ich Halefs laute Stimme in dem Haus und ging also

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