17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
was darauf stand, herab und fiel dann hin. Da gab es einen fürchterlichen Lärm. Die Kerle sprangen aus der Stube herbei, und ehe ich mich aufraffen konnte, hatten sie mich fest gepackt. Der Wirt holte schnell zwei Leinen herbei, und ich wurde gebunden, in die Stube geschleppt und ausgefragt. Ich sollte sagen, wer und was du seist, und habe ihnen gestanden, daß –“
„Daß ich ein indischer Königssohn bin und mir hier eine Frau suche. Das habe ich gehört, du unverbesserlicher Flunkerer. Jetzt wollen wir wieder in die Stube gehen.“
„Willst du denn nicht erfahren, was ich getan habe, nachdem ich von den Fesseln befreit war?“
„Das kann ich mir selbst sagen. Du glaubtest, ich sei in Gefahr und hast Osco und Omar veranlaßt, gegen meinen Befehl zu handeln. Ihr seid aus dem Fenster gestiegen und habt euch eine Strecke vom Haus entfernt, um Soldaten zu spielen.“
„Ja, aber das habe ich nicht ohne guten Grund getan. Ich habe einmal das Anschleichen nach deiner Art und Weise versucht. Ich legte mich auf die Erde und kroch nach der Ecke, denn ich erfuhr, daß du dich dorthin begeben hattest. Dort standen die Kerle. Ich kam so nahe an sie, daß ich sie flüstern hörte, wenn ich auch nicht die Worte verstehen konnte. Das vermehrte meine Besorgnis, und so beeilten wir uns, die Soldaten aufmarschieren zu lassen. Wir stampften im Takt den Boden, und Osco und Omar stießen dazu ihre Kolben kräftig auf. Unser Wirt, der Schäfer, half auch mit.“
„Wo befindet er sich jetzt?“
„Ich habe ihn nach Hause geschickt. Er ist der Nachbar des Konakdschy und soll von diesem nicht gesehen werden, um nicht später unter dessen Feindschaft und Rache zu leiden.“
„Das ist noch das Klügste, was du heute abend getan hast.“
„War es denn nicht auch klug, daß wir, als der Weg frei war, in das Haus gingen und die alte Wirtin zwangen, alle ihre Leute zu binden?“
„Ich kann nicht sagen, daß du da als Ausbund von Weisheit gehandelt hast.“
„Diesen Leuten gehört nicht mehr. Ich sage dir, sie sind alle mit unseren Feinden einverstanden.“
„Das weiß ich und darum werde ich sie wenigstens für heute nacht unschädlich machen; sie würden sonst sofort den Entflohenen einen Boten nachsenden. Komm also herein!“
Wir kehrten in die Stube zurück, wo der Wirt, wie sein Gesichtsausdruck mich vermuten ließ, meinem Erscheinen mit Bangigkeit entgegengesehen hatte.
Halef mochte vielleicht meinen, die Leute hätten erraten, daß ich vorhin beabsichtigte, ihm eine Rüge zu erteilen. Um sein Ansehen zu behaupten, trat der unverbesserliche Prahlhans zu dem Wirt und sagte:
„Der Kriegsrat, welchen wir draußen gehalten haben, ist beendet. Ich bin mit dem Entschluß unseres weisen Effendi einverstanden, und so werdet ihr jetzt euer Schicksal aus seiner Hand empfangen.“
Am liebsten hätte ich ihm eine kleine Ohrfeige verabreicht; er verließ sich doch allzusehr auf meine Zuneigung. Ich begnügte mich, ihm einen zornigen Blick zuzuwerfen, und nahm den Wirt ins Verhör, dessen Ergebnis ein negatives war. Er leugnete jegliches Einverständnis mit den Entflohenen kurzweg.
„Herr, ich bin unschuldig“, beteuerte er. „Frage mein Weib und auch meine Leute, sie werden dir genau dasselbe sagen.“
„Natürlich, denn sie sind ja instruiert. Gibt es in deinem Haus einen Raum, in welchem man etwas fest und sicher verschließen kann?“
„Ja, das würde der Keller hinter uns sein. Die Tür ist dort in der Ecke, wo meine Frau sitzt.“
Der Fußboden bestand aus festgestampftem Lehm. Der Teil desselben aber, auf welchem die Frau saß, war mit einer Bretterdiele belegt, und da gab es eine mit einem wirklichen Schloß versehene Falltür. Die Wirtin hatte den Schlüssel in der Tasche, sie mußte ihn hergeben, und ich öffnete. Eine Leiter führte hinab. Ich nahm das Licht, stieg hinunter und sah einen ziemlich großen, viereckigen Raum, in welchem allerlei Feldfrüchte lagen. Ich kehrte wieder nach oben zurück und ließ dem Wirt die Stricke abnehmen.
„Steige hinab!“ gebot ich ihm.
„Was soll ich da unten tun?“
„Wir werden eine Kellerversammlung veranstalten, weil man da unten am ungestörtesten beraten kann.“
Als er noch zögerte, zog Halef die Peitsche aus dem Gürtel. Jetzt bequemte sich der Wirt zum Hinabsteigen. Die andern mußten ihm alle auch folgen, nachdem wir sie von den Fesseln befreit hatten. Zuletzt stieg die Frau hinab, und wir zogen die Leiter empor. Dann wurden die in der Schlafstube
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