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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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unterzubringen. Dann wendete ich mich an die Leute:
    „Ist es Schimpf, ein Christ zu sein? Wohnen nicht grad hier in Rugova Bekenner des Islam und der Bibel friedlich beisammen? Sehe ich nicht hier Leute stehen, welche den Rosenkranz umhängen haben, die also Christen sind? An diese Leute wende ich mich, wenn Kara Nirwan sich auf die Mohammedaner stützt. Was ich ihm vorgeworfen habe, ist alles wahr; ich werde es beweisen. Und nun hört noch das letzte, das ärgste! Der Perser ist der Schut, verstanden – der Schut! Auch das kann ich euch beweisen, wenn ihr es ruhig anhören wollt.“
    Da donnerte mich der Pferdehändler an:
    „Schweig! Sonst schieße ich dich nieder wie einen Hund, den man nur durch die Kugel von seiner Räude befreien kann!“
    Ich hätte ihm am liebsten niedergeschlagen; aber die Stimmung war, wie ich deutlich sah, gegen mich. Darum übersah ich es, daß er nach seinem Gürtel griff, und antwortete ihm:
    „Verteidige dich nicht durch Worte, sondern durch die Tat! Führe uns in den Schacht hinab, und beweise uns, daß Stojko nicht unten steckt!“
    „Ich kenne keinen Schacht!“
    „So kenne ich ihn und werde diese Leute hinabführen!“
    Ein höhnisches Zucken ging über sein Gesicht, und ich wußte auch, weshalb. Ich hütete mich wohl, von dem Stollen zu sprechen, durch welchen ich eindringen wollte; er sollte denken, daß der Eingang zu demselben von dem Lord vergessen worden sei. Ich wollte den Glauben in ihm erwecken, daß wir nach dem Karaul wollten, um durch den Schacht einzudringen. Darum fuhr ich fort:
    „Und nicht nur diesen einen Gefangenen hat er in dem Schacht unter dem Karaul verborgen, sondern noch einen zweiten, einen Kaufmann aus Skutari, dessen Geld er genommen hat und dessen übriges Vermögen er auch noch haben will. Ihr werdet auch diesen Mann unten finden. Er und Stojko werden euch erzählen, was mit ihnen geschehen ist, und dann werdet ihr glauben, daß Kara Nirwan der Schut ist. Ich fordere euch und den Stareschin hiermit auf, ihn gefangenzunehmen und nach dem Turm zu schaffen. Dort muß er euch den Eingang des Schachtes zeigen.“
    „Ich, ein Gefangener!“ rief der Schut. „Ich will denjenigen sehen, der mich angreift. Ich kenne keinen Schacht. Ich bin bereit, freiwillig mitzugehen. Sucht euch den Schacht; ich kann ihn euch nicht zeigen, weil ich ihn selbst nicht weiß. Findet ihr ihn, so steigt hinab. Bewährt sich dann die Aussage dieses Fremden, so werde ich mich ohne Weigerung und ohne Widerstand binden lassen, damit man mich nach Prisrendi schaffe. Stellt es sich aber heraus, daß er gelogen hat, so werde ich die strengste Bestrafung verlangen.“
    „Gut, ich gehe getrost darauf ein“, erwiderte ich.
    „Auf, nach dem Karaul!“ ertönte es von allen Seiten. „Der Perser soll der Schut sein! Wehe diesem Fremden, wenn er lügt!“
    „Ich lüge nicht. Wir geben uns ganz in eure Hände. Wir werden sogar alle unsere Waffen ablegen, damit ihr überzeugt seid, daß wir friedliche Leute sind und es ehrlich meinen. Gebt eure Flinten, Messer und Pistolen her, und geht mit diesen braven Leuten nach dem Turm. Ich werde sie hier im Khan aufbewahren und euch dann mit Kolami nachkommen.“
    Diese Aufforderung war an meine Gefährten gerichtet. Halef hatte die Pferde in den Hof bringen helfen; er war wieder da und sagte, als ich ihm seine Waffen abforderte:
    „Aber, Sihdi, da können wir uns ja nicht wehren!“
    Ich durfte es ihm nicht sagen, aus welchem Grunde ich die Waffen ablegen ließ. Sie sollten unbewaffnet sein, um keine Unvorsichtigkeit begehen zu können. Der hitzköpfige Hadschi war imstande, durch eine Gewalttätigkeit sich und die Gefährten in Gefahr zu bringen.
    „Ihr braucht euch nicht zu wehren“, antwortete ich ihm. „Man wird euch nichts zuleid tun. Seid nur still und vorsichtig!“
    „Und du kommst nach?“
    „Nein. Ich sagte nur so, um den Schut zu täuschen. Er wird eine Strecke mit euch gehen und dann sicher verschwinden. Hierauf steigt er in den Schacht ein, um die beiden Gefangenen zu verstecken. Vielleicht tötet er sie. Indessen fahre ich mit dem Wirt nach dem Stollen und treffe unten mit dem Schut zusammen.“
    „Du allein? Das ist zu gefährlich. Ich will mit dir gehen.“
    „Nein, das würde auffallen. Hütet euch übrigens, in den Schacht einzusteigen, wenn ihr ihn finden solltet. Man weiß nicht, in welcher Weise der Schut dafür sorgt, daß ihr ihm nicht hinabfolgen könnt. Seid freundlich gegen die Leute, damit ihr sie nicht

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