17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
wirst.“
„So binde mich!“
Er streckte mir seine Hände hin. Halef nahm ihm seinen Gürtel ab und band ihm damit die Hände auf den Rücken.
„Nun warte hier bei diesen beiden“, sagte ich zu dem Hadschi. „Ich gehe, um die Gefährten zu holen.“
Barud el Amasat lag noch besinnungslos. Halefs Hieb war ein sehr kräftiger gewesen.
Ich ging auf demselben Weg zurück, welchen wir gekommen waren. Einen Grund, das Terrain hier noch weiter zu untersuchen, gab es nicht. Mein Verfahren mit Junak hatte nicht den gewünschten Erfolg gehabt. Es war meine Absicht gewesen, etwas Sicheres über den Schut und über Karanirwan-Khan zu erfahren. Zwar stand es mir noch jetzt frei, mit der Peitsche dieses Geständnis zu erzwingen, aber ich hatte doch keine Lust, dieses Mittel anzuwenden, und hoffte, auch ohne dasselbe meinen Zweck zu erreichen.
Ich suchte Sandar auf. Er lag noch still da; sein Puls war jedoch kräftiger geworden. Er mußte sich bald wieder erholen. Dann ging ich nach der Stelle, an welcher Bybar und Suef angebunden waren. Diese beiden befanden sich bei Bewußtsein. Als der Aladschy mich erblickte, schnaufte er grimmig durch die Nase, stierte mich mit blutunterlaufenen Augen an und machte eine gewaltige Anstrengung, von seinen Fesseln loszukommen – vergeblich.
„Gib dir keine Mühe!“ sagte ich zu ihm. „Ihr könnt eurem Schicksal nicht entgehen. Es ist lächerlich, daß Menschen wie ihr, die kein Hirn im Kopf haben, sich einbilden, es mit einem fränkischen Effendi aufnehmen zu können. Ich habe euch bewiesen, daß eure Unternehmungen stets nur alberne Knabenstreiche waren. Ich glaubte, ihr würdet endlich einmal einsehen, wie dumm ihr seid; aber meine Nachsicht war vergeblich. Jetzt ist endlich unsere Langmut zu Ende, und ihr sollt das bekommen, was ihr für uns bestimmt hattet, den Tod. Ihr habt es nicht anders gewollt.“
Ich wußte, daß ich den Aladschy nicht schwerer kränken konnte als dadurch, daß ich ihn dumm nannte. Ein wenig Todesangst mochte ihm übrigens gar nichts schaden. Dann ging ich weiter, bis an den Felsenrand, von wo aus ich die Gefährten sehen konnte.
Osco bemerkte mich und rief herauf:
„Du bist's, Sihdi! Allah sei Dank! Da steht alles gut!“
„Ja. Binde den Konakdschy los, damit er heraufklettern kann. Du steigst hinter ihm her und bringst alles mit, was ihr an Riemen oder Schnüren bei euch habt. Omar mag bei den Pferden bleiben.“
Nach kurzer Zeit kamen beide herauf, der Konakdschy voran. Ich nahm ihn in Empfang, indem ich ihm den Revolver zeigte:
„Ich warne dich, einen Schritt ohne meine Erlaubnis zu tun. Du hast mir in allem augenblicklich zu gehorchen, sonst schieße ich dich nieder.“
„Warum Effendi?“ fragte er erschrocken. „Ich bin wirklich dein Feind nicht. Ich weiß von nichts und habe mich da unten ganz ruhig verhalten.“
„Keine unnützen Worte! Ich habe bereits in deinem Haus ganz genau gewußt, woran ich mit dir bin. Es ist dir nicht für einen einzigen Augenblick gelungen, mich zu täuschen. Jetzt hat das Spiel ein Ende. Vorwärts!“
Wir gingen bis zu der Bastei, wo Halef bei den beiden Gefangenen stand. Barud el Amasat befand sich bei Besinnung. Als der Konakdschy die zwei erblickte, stieß er einen Ruf des Schrecken aus.
„Nun, ist das Junak oder nicht?“ fragte ich ihn.
„Allah! Er ist es!“ antwortete er. „Wie ist er hierher gekommen?“
„Ganz so wie du; er ist da vorn heraufgestiegen. Nimm Barud el Amasat auf, und trage ihn. Junak ist nicht an den Füßen gefesselt, er kann uns folgen. Vorwärts!“
Die Schurken mußten uns zu Bybar und Suef folgen. Die Blicke, welche da gewechselt wurden, waren mehr als sprechend; ein Wort aber ließ keiner fallen.
Osco hatte einige Riemen mitgebracht. Außerdem entledigten wir Barud el Amasat seines Kaftans und schnitten denselben mit dem Messer in lange Streifen, welche wir zu Stricken drehten, mit denen Barud und Junak angebunden wurden. Sodann verfügten wir uns zu Sandar, welcher soeben die Augen geöffnet zu haben schien. Er schnaufte wie ein wildes Tier und bäumte sich mit den Windungen einer Schlange gegen seine Fesseln auf.
„Sei ruhig, mein Liebling!“ lachte Halef. „Wen wir einmal haben, den haben wir fest.“
Auch dieser Aladschy wurde dahin geschafft, wo sich die andern befanden. Die betreffenden Bäume standen nahe beieinander, und die Gefangenen wurden so an die Stämme derselben befestigt, daß sie sich unmöglich losmachen konnten. Der Konakdschy, welcher bis
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