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17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Zweigen eines Goldregenstrauches beschattend. Wie, wenn ich es versuchte, heimlich hinter die Bank zu kommen? Es konnte das nicht allzu schwer sein. Vielleicht war etwas Wichtiges zu hören.
    Einer der Männer war, wie man es bei uns nennen würde, städtisch gekleidet. Sein Anzug paßte nicht in diese Umgebung. Der untersetzten, schmutzig und ärmlich gekleideten Gestalt des andern sah man es an, daß er entweder der Köhler selbst oder ein Gehilfe desselben sei.
    Was wollte der beinahe vornehm gekleidete Mann von dem rußigen Kohlenbrenner? Sie sprachen zueinander wie Leute, welche sich sehr gut kennen und vertraut miteinander sind. Ich nahm mir doch vor, es wenigstens zu versuchen, irgend etwas von ihrem Gespräch zu hören.
    Darum kehrte ich um einige Schritte zurück und schlüpfte zwischen den Büschen nach der Richtung hin, in welcher sie sich befanden. Das war freilich nicht so leicht, wie ich dachte. Die Sträucher standen gar zu dicht beisammen; ich mußte, um mich nicht durch die Bewegung der Äste zu verraten, sehr oft auf dem Boden hinkriechen.
    Als ich dann die Felswand erreichte, befand ich mich zu meiner Überraschung auf einem ganz leidlich ausgetretenen Pfad, welcher von der Höhe herab zu kommen schien. Sollte dieser Weg vielleicht dazu dienen, zu der Eiche zu gelangen?
    Ich folgte ihm, aber in der entgegengesetzten Richtung, und befand mich bald vor dem Meiler, da, wo der untere Teil desselben so an den Felsen stieß, daß er aus demselben herausgewachsen zu sein schien. Der Pfad hörte sonderbarerweise grad und glatt, wie abgeschnitten, am Fuß des Meilers auf. Das gab mir zu denken.
    Diesen Meiler vor mir, die Felsenwand zur Rechten, hörte ich zu meiner linken Hand die Stimmen der beiden Männer. Die Bank, auf welcher sie saßen, war durch ein schmales Buschwerk von dem Weg, von dem Felsen und also von meinem Standort getrennt. Ich legte mich auf den Boden nieder und kroch zwischen den gesellig aus der Erde kommenden Stämmen hinein, bis ich den Goldregen erreichte.
    Jetzt befand ich mich so nahe hinter der Bank, daß ich dieselbe fast mit der Hand zu erreichen vermochte, konnte aber nicht gesehen werden, weil das Laubwerk einen dichten Schleier über mir bildete.
    Der gut Gekleidete führte soeben das Wort. Er hatte etwas Kurzes, Befehlendes in seiner Ausdrucksweise und bediente sich eines sehr schönen Türkisch. Als ich mich zurechtgelegt hatte, hörte ich ihn sagen:
    „Das ist freilich eine eigene Geschichte. Ein Deutscher verfolgt den Mübarek, die Aladschy, den Steuereinnehmer und Barud el Amasat. Er läßt kein Auge von ihnen und gibt ihnen keine Ruhe bei Tag und Nacht. Weshalb?“
    „Das weiß ich nicht“, antwortete der Köhler.
    „Und jetzt lauern sie ihm in der Schlucht auf? Wird er wirklich kommen? Wird es gelingen?“
    „Auf jeden Fall. Die Feinde können gar nicht vorüber, ohne getötet zu werden. Junak, welcher die Nachricht brachte, daß sie kommen werden, hat sich zu den übrigen gesellt. Das sind mit dem Konakdschy sieben Männer gegen vier. Dazu kommt, daß die sieben vorbereitet sind, während die vier nichts ahnen.“
    „Nach allem, was du mir von den vier jetzt erzählt hast, sind sie aber nicht zu unterschätzen. Wie nun, wenn sie beim ersten Zeichen eines Überfalles ihre Pferde wenden und fliehen?“
    „Das erste Zeichen des Überfalles wird aber ihr Tod sein. Die Aladschy fehlen ihr Ziel niemals, wenn sie die Czakans werfen. Und zu fliehen fällt diesen Fremden gar nicht ein; sie sind zu kühn dazu.“
    „Nun, mag es gelingen! Ich will es wünschen. Und wenn das Pferd dieses Deutschen wirklich ein solches Prachttier ist, wie du sagst, so wird der Schut eine Baschka üdschret (Extragratifikation) dafür bezahlen, wie ich überzeugt bin. Es ist gut, daß ich mich bei dieser Gelegenheit hier eingefunden habe; da kann ich das Pferd gleich in Empfang nehmen und es ihm nach Rugova bringen.“
    Beinahe hätte ich mich vor Freude verraten, als ich diesen Namen hörte. Ich machte unwillkürlich eine Bewegung, so daß die Blätter raschelten. Glücklicherweise aber achteten die beiden nicht darauf. Also in Rugova wohnte der Schut! War es dann aber auch der Pferdehändler Namens Kara Nirwan? Diese Frage wurde sofort beantwortet, denn der Sprecher fügte hinzu:
    „Solche Pferde können wir brauchen, denn Kara Nirwan hat einen Einfall über die serbische Grenze beschlossen und zieht zu diesem Zweck eine Anzahl tapferer Männer bei Pristina zusammen, welche sehr gut

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