Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut

Titel: 17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
dahin ohne Fesseln gewesen war, um die andern tragen zu können, kam zuletzt an die Reihe.
    Nun nahmen wir ihnen die Knebel ab, damit sie reden konnten; aber sie zogen es vor, sich stumm zu verhalten. Ich sah, daß Halef sich in Positur stellte, um ihnen eine Strafpredigt zu halten; ich unterbrach ihn aber mit der Weisung, alle Waffen der Gefangenen herbeizuholen.
    Als dieselben beisammen lagen, bildeten sie ein ganz hübsches kleines Arsenal.
    „Diese Waffen sollten benutzt werden, uns zu töten“, sagte ich. „Jetzt sind sie unsere rechtmäßige Beute, mit der wir nach Belieben schalten dürfen. Wir werden sie vernichten. Schlagt die Kolben von den Flinten und Pistolen, und haut mit den Czakans die Läufe krumm!“
    Niemand war schneller hierzu bereit als Halef. Die Messer wurden zerbrochen, und endlich machte ich mit meinem Heiduckenbeil die Czakans der beiden Aladschy unbrauchbar. Es waren ganz unbeschreibliche Gesichter, mit denen die bisherigen Besitzer dieser Waffen der Zerstörung derselben zusahen. Sie schwiegen aber auch da, und nur Junak rief, als auch seine Flinte zerbrochen wurde:
    „Halt! Die gehört ja mir!“
    „Jetzt nicht mehr“, antwortete Halef.
    „Aber ich bin ja euer Freund!“
    „Und zwar der beste, den wir haben. Sei nur ohne Sorgen! Das Versprechen, welches der Effendi dir gab, wird gehalten.“
    Und nun wendete er sich mit einer Miene an die andern, welche mich abermals vermuten ließ, daß er im Begriff stehe, eine seiner berühmten Reden zu halten. Ich winkte ihm, mir zu folgen, und entfernte mich aus dem Gesichtskreis der Gefangenen.
    „Herr, warum soll ich nicht zu ihnen sprechen?“ fragte er.
    „Weil es keinen Zweck hat. Wenn wir gehen, ohne ein Wort zu sagen, so lassen wir sie in größerer Angst zurück, als wenn wir eine große Rede halten.“
    „Ah so! Wir gehen?“
    „Und kehren nicht zurück.“
    „Allah! Das ist stark! Soll ich mir nicht einmal das Vergnügen machen, ihnen zu sagen, für welche Menschen ich sie halte?“
    „Das wissen sie bereits.“
    „Aber sollen sie hier oben verhungern oder verschmachten? Sie können sich nicht selbst befreien. Und übrigens hast du Junak versprochen, daß er losgebunden werden soll! Willst du dein Wort nicht halten?“
    „Doch! Habe nur keine Sorge! Der Köhler weiß sicher, wo sie sich befinden, und wird baldigst bemüht sein, sie aus ihrer Lage zu befreien.“
    „Reiten wir zu ihm?“
    „Ja. Also kommt!“
    „Nur noch einen Augenblick, Sihdi! Ein Wort muß ich ihnen sagen, sonst bringt es mich um.“
    Er eilte zu den Gefangenen zurück, und ich folgte ihm, um zu verhindern, daß er etwa eine Dummheit mache. Er stellte sich vor sie hin, warf sich in die Brust und sagte:
    „Ich habe euch im Namen des Effendi und in meinem eignen zu verkünden, daß wir, bevor ihr festgenommen und hier angebunden wurdet, fünf Jarym okka (Pfund) Pulver unter diese beiden Bäume vergraben haben. Die lange Lunte liegt dabei, und wir werden sie, sobald es uns nachher gefällt, von weitem und ohne daß ihr es seht, anbrennen. Dann werden eure Glieder in alle Winde fliegen, und niemand wird darüber größere Freude haben als ich, der ich bin der berühmte Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah!“
    Als er auf diese Weise seinem Herzen Luft gemacht hatte, kam er zurück und fragte:
    „War das nicht gut, Effendi? Welche Angst werden die Wichte ausstehen, zu wissen, daß sie auf einer Pulvermine sitzen, welche in jedem Augenblick aufkrachen kann.“
    „Nun, dein Mittel, diese Männer zu peinigen, ist nicht sehr geistreich ausgedacht. Mögen sie glauben oder nicht, daß du die Wahrheit gesagt hast: die Ungewißheit, in welcher sie sich befinden, ist auch bereits eine Strafe für sie.“
    „Sie werden es glauben; ich bin es überzeugt.“
    „Wenn wir sie töten wollen, so können wir es billiger tun als mit Verschwendung einer solchen Menge Pulvers, welches in dieser Gegend so selten ist. Ich bedaure sie, falls sie glauben, daß wir fünf Pfund Pulver bei uns tragen.“
    Wir stiegen hinab zu Omar, welcher die Pferde bewachte. Dort nahm ich dem Pferd des Konakdschy den Sattel und das Zaumzeug ab, warf beides zur Erde und jagte das Tier in der Richtung fort, aus welcher wir gekommen waren. Es lag nicht in meiner Absicht, dieses Pferd mitzunehmen. Ich mußte es sich selbst überlassen, und da war es besser, wenn es ganz ledig war. Dadurch war der Möglichkeit vorgebeugt, daß es sich mit dem Zügel oder mit den

Weitere Kostenlose Bücher