17 - Im Schatten des Grossherrn 06 - Der Schut
war nicht wahr, Herr.“
„Seine Frau hat es mir gesagt, und ihr glaube ich mehr als dir. Wenn du wirklich Junak, unser Wirt, wärst, so dächte ich, dir Dankbarkeit schuldig zu sein, und würde dich allerdings glimpflicher behandeln, als jeden andern. Aber da es bewiesen ist, daß du dieser Mann gar nicht sein kannst, so hast du dieselbe Strenge zu erwarten wie deine sauberen Genossen, welche uns töten wollten und deshalb ihr Leben verwirkt haben. Du wirst also mit ihnen an den schönen Bäumen hier baumeln müssen.“
Das zog ihn vom Boden empor. Er sprang auf und schrie voller Angst:
„Effendi, es ist nichts, gar nichts bewiesen. Ich bin wirklich Junak; ich will dir alles erzählen, was in und bei meinem Haus geschehen ist, und was wir gesprochen haben. Du wirst doch nicht den Mann hängen, der euch so freundlich bei sich aufgenommen hat!“
„Nun, von einer freundlichen Aufnahme war nicht das mindeste zu bemerken. Aber wenn du wirklich Junak bist, wie kommt es denn, daß du dich jetzt hier und nicht in Glogovik befindest?“
„Ich – ich wollte – wollte mein Salz hier holen!“
„Ah! Und warum ließest du uns die Lüge sagen, daß du nach einer andern Richtung gingest?“
„Weil – weil“ – stotterte er – „es fiel mir erst unterwegs ein, hierher zu gehen.“
„Belüge mich nicht abermals! Du bist hierher gegangen, um nicht um deinen Beuteanteil betrogen zu werden. Du hast sogar bedauert, daß dein Pferd tot ist, so daß du laufen mußtest.“
„Effendi, das kann dir nur der Konakdschy gesagt haben! Der Mensch hat uns wohl betrogen und dir alles erzählt?“
„Sieh, welch ein Geständnis du mit deiner Frage machst! Ich weiß alles. Ich sollte hier gegen deinen Rat überfallen werden. Dazu hast du unsern Feinden diese Schleuder geborgt. Falls dieser Angriff mißlang, wollte man uns in die Höhle der Diamanten locken und uns in derselben morden.“
Er senkte den Kopf, meinte, ich wisse dies von dem Konakdschy, und es fiel mir gar nicht ein, ihm diese Meinung zu benehmen.
„Nun rede, antworte!“ fuhr ich fort. „Auf dich selbst wird es ankommen, ob ich dich für ebenso schlimm halten muß wie die andern. Dein Schicksal liegt jetzt in deinen eigenen Händen.“
Er sagte erst nach einer Pause des Nachdenkens, des innern Kampfes:
„Du darfst nicht glauben, daß der Plan, euch zu töten, von mir ausgegangen ist. Diese Leute hatten ihn schon längst gefaßt.“
„Das weiß ich allerdings. Aber du hast aus gemeiner Gewinnsucht teil an demselben genommen. Das kannst du gar nicht leugnen.“
„Vielleicht hat der Konakdschy mich gegen dich schlechter gemacht, als ich bin?“
„Ich pflege mein Urteil nicht nach der Meinung anderer Leute einzurichten. Ich habe meine eigenen Augen und Ohren. Und diese sagen mir, daß du zwar nicht der Urheber des gegen uns gerichteten Mordplanes, aber doch ein Mitglied dieser sauberen Gesellschaft bist. Übrigens habe ich nicht Zeit, mich mit dir zu befassen. Lege dein Messer zur Erde! Der Hadschi wird dich binden.“
„O nein, nein!“ schrie er ängstlich. „Ich will dir alles zu Gefallen tun, nur aufhängen darfst du mich nicht.“
„Ich wüßte nicht, welchen Gefallen du mir erweisen könntest. Es kann mir gar nichts nützen, dich leben zu lassen!“
Der kalte Ton, in welchem ich diese Worte sagte, erhöhte seine Angst, und als nun Halef ihm das Messer aus dem zerfetzten Gürtel zog, rief er:
„Ich kann euch nützlich sein, Effendi, ich kann!“
„Wieso?“
„Ich will dir alles sagen, was ich weiß.“
„Das ist unnötig, da ich bereits ganz genau unterrichtet bin. Ich werde kurzen Prozeß mit euch machen. Die beiden Aladschy und Suef befinden sich auch schon in unsern Händen. Ich sehe nicht ein, warum ich grad mit dir Nachsicht haben soll. Du hast sogar den Wunsch gehabt, daß der Bär uns sämtlich fressen möge.“
„Welch ein schlechter Mensch ist dieser Konakdschy! Er hat alles verraten, jedes Wort! Und ohne ihn hättest du den Weg zu diesem Versteck unmöglich finden und uns überfallen können. Aber dennoch kann mein Rat dir noch von Nutzen sein.“
„Welcher Rat?“
Er sah wieder nachdenklich zu Boden. In seinen Zügen malte sich der Kampf zwischen Angst und Hinterlist. Wollte er mir wirklich nützen, so mußte er den Verräter gegen den Köhler, seinen eigenen Schwager, spielen. Vielleicht sann er über eine Lüge nach, welche ihn aus seiner gegenwärtigen, bedrängten Lage befreien könnte. Nach einer Weile
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