17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
mandelförmigen Augen wie eine exotische Schönheit; außerdem strahlte sie Kompetenz aus, was ich besonders an ihr schätzte. Zu wissen, dass sich jemand ihres Kalibers um Willis senior kümmerte, ließ mich nachts besser schlafen.
Ich trat in die Eingangshalle und reichte Deirdre meine Jacke, damit sie sie in der Garderobe aufhängte. Ich hätte sie ebenso gut selbst aufhängen können, aber Deirdre hatte strikte Regeln bezüglich der Frage, wer den Garderobenraum betreten sollte und wer nicht. Bill behauptete, dass die Garderobe das Nervenzentrum von Deirdres geheimem Sicherheitssystem sei, aber er wusste ebenso gut wie ich, dass sie das Garderoben-Management einfach als Teil ihres Jobs betrachtete.
» Ist William da?«, fragte ich sie.
» Ja«, antwortete Deirdre. » Sie finden ihn im Gewächshaus, wo er Zwiesprache mit den Orchideen hält. Irgendwelche Neuigkeiten über unseren Neuzugang?«
» Mrs Thistle?«, sagte ich scharf. » Warum sollte es Neuigkeiten über sie geben?«
» Weil… sie… neu ist«, stammelte Deirdre verwirrt. » Ich dachte, Sie hätten sich mit ihr bekannt gemacht, sie in unserem Dorf willkommen geheißen, so was in der Art.«
» Nein«, sagte ich und bemühte mich um Gelassenheit. » In Finch gestehen wir den frisch Zugezogenen normalerweise ein paar Tage Schonfrist zu, bevor wir sie willkommen heißen.«
» Eine sehr rücksichtsvolle Tradition. Ich habe gehört, sie ist eine vermögende Witwe.«
» Das habe ich auch gehört. Aber mehr weiß ich nicht.«
» Die emsigen Mägde können es bestimmt kaum erwarten, sie kennenzulernen«, sagte Deirdre schmunzelnd. » Bestimmt will jede die Erste sein.«
» Die arme Frau weiß nicht, worauf sie sich eingelassen hat.« Ich schüttelte den Kopf. » Aber sie wird es sicherlich bald herausfinden.«
Deirdre nickte zustimmend. » Kann ich Ihnen etwas anbieten, Lori, oder soll ich Sie sich selbst überlassen?«
» Kümmern Sie sich nicht weiter um mich«, sagte ich. » Ich gehe dann mal zu William und seinen Orchideen.«
Deirdre eilte davon, um sich wieder ihren vielfältigen Aufgaben zu widmen, und ich versetzte mir im Geiste einen Klaps.
» Zuerst hältst du Grant und Charles einen Vortrag, von wegen wir sollen uns normal benehmen«, murmelte ich, während ich den kleinen Salon durchquerte. » Aber sobald dir Deirdre nur eine harmlose Frage zu Mrs Thistle stellt, sträubst du das Fell wie eine aufgeschreckte Katze. Reiß dich zusammen, Lori Shepherd.«
Als ich das Gewächshaus betrat, begrüßte mich der Patriarch des Willis-Clans herzlich. Von der Statur her eher schmächtig, tadellos gekleidet und weißhaarig, war Willis senior ein Gentleman der alten Schule. Er stand auf, wenn eine Dame den Raum betrat, ging nie ohne ein blütenweißes Taschentuch aus dem Haus und betete die Erde an, über die seine beiden Enkel galoppierten. Ich mochte ihn sehr und war mir hundertprozentig sicher, dass die Zuneigung auf Gegenseitigkeit beruhte.
» Lori«, sagte er, » was für eine schöne Überraschung! Ich hatte heute nicht mit deinem Besuch gerechnet. Was führt dich nach Fairworth?«
» Die Neugierde. Ich würde mir gern eines deiner Bilder ansehen.«
Er zog überrascht die Augenbrauen hoch. » Fühl dich wie zu Hause, meine Liebe. Du kannst immer kommen und gehen, wie es dir beliebt, das weißt du ja.«
» Ich glaube, um das Bild anzusehen, das ich meine, brauche ich deine besondere Erlaubnis. Es befindet sich in deinem privaten Wohnzimmer im ersten Stock.«
» Ach so.« Er nickte. » Das von der Bowen. Natürlich kannst du es dir anschauen. Komm mit.«
Es war erfrischend, endlich jemanden zu treffen, der ein Bild von Mae Bowen erwähnen konnte, ohne die Sprache zu verlieren. Während Willis senior und ich uns nach oben in seine Suite begaben, fuhr er in sachlichem Ton fort, über das Bild zu reden.
» Ich nehme an, Bill hat das Bild dir gegenüber erwähnt«, sagte er.
» Nicht wirklich«, begann ich vorsichtig. Ich wollte Willis senior nicht belügen, hatte aber auch nicht vor, ihm die volle Wahrheit zu sagen. » Grant Tavistock und Charles Bellingham haben Mae Bowen erwähnt und ich wiederum habe den Namen gegenüber Bill erwähnt, worauf er mir gesagt hat, dass du ein Bild von ihr besitzt.« Ein beunruhigender Gedanke schoss mir durch den Kopf, und ich fragte schnell: » Bist du Mae Bowen schon einmal begegnet?«
» Nein, ich bin kein ausgesprochener Bowen-Liebhaber, Lori. Ich besitze einfach nur eines ihrer Werke, außerdem habe
Weitere Kostenlose Bücher