17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
England wurden Frauen, die wegen Hexerei verurteilt wurden, nicht auf dem Scheiterhaufen verbrannt, sondern gehängt.«
» Das ist ja fruchtbar. Wenn man Ihnen so zuhört, vergisst man glatt, an seinem Tee zu nippen!«, sagte Amelia und blickte traurig in ihre Tasse.
» Tut mir leid«, erwiderte Lilian, » aber es wäre unehrlich, die Fakten zu beschönigen. Hexenjagd war nun mal eine schreckliche Angelegenheit.«
» Im Namen der Religion wurden damals schlimme Dinge verübt«, sagte der Pfarrer. » Unter diesem Deckmantel mordeten, verstümmelten und folterten die Menschen Andersgläubige. Der andauernde Konflikt zwischen der römisch-katholischen Kirche und der Church of England stürzte unzählige Menschen in einen schlimmen Gewissenskonflikt.«
» Es war damals gefährlich, ein Kirchenmann zu sein«, sagte Lilian, » und doch hat unser Reverend Gowland überlebt und sogar Karriere gemacht. Der Dorfpfarrer von St. George’s wurde Erzdiakon von Exeter.«
» Ich weiß«, antwortete Amelia. » Alfie hat Gamaliels Aufstieg in der Kirchenhierarchie drei Seiten in seinem Notizbuch gewidmet. Haben Sie das gerade eben gelesen, oder sind Sie mit dem Werdegang der Vorgänger Ihres Mannes vertraut?«
» Meine Frau interessiert sich für Kirchengeschichte«, erklärte der Pfarrer. » Sie hat eine ausgezeichnete Monografie über einige Vertreter von St. George’s Klerus verfasst. Die Broschüre ist gegen eine kleine Spende in der Kirche erhältlich. Die Kirchendachstiftung…« Seine Stimme verebbte.
» Ich werde gleich nachher ein Exemplar erwerben«, sagte Amelia.
» Und ich werde die Monografie überarbeiten«, verkündete Lilian, » weil sie das möglicherweise interessanteste Kapitel der Karriere von Reverend Gowland nicht enthält.« Sie heftete den Blick auf das von einer Klarsichtfolie geschützte Pergament in Willis seniors Hand. » Ich bin ja sehr auf wissenschaftliche Sorgfalt bedacht, Mrs Thistle, aber die Suche Ihres verstorbenen Bruders beflügelt meine Fantasie.«
» Wenn es gelänge, das vollständige Manuskript zu finden, könnte es unser Bild von Reverend Gowland von Grund auf verändern«, warf der Pfarrer ein.
» Durchaus möglich.« Lilian nickte. » Von welchen Geheimnissen er wohl zu berichten hatte? Und warum hätte er mit seinen Aufzeichnungen seine Schäfchen in Gefahr bringen können? Wer war Mistress Meg? Wenn sie als Hexe galt, welches Schicksal musste sie dann erleiden? Hat Reverend Gowland Folter und Tod über sie gebracht? Oder hat er ihr seine Seele verkauft, in seinem irregeleiteten Wunsch, mehr Macht innerhalb der Kirche zu gewinnen?«
» Gütiger Himmel!« Amelias Augen weiteten sich. » Der Gedanke, dass er seine Seele verkauft haben könnte, ist mir noch gar nicht gekommen.«
» So bedauerlich es sein mag«, bekräftigte der Pfarrer, » aber es stimmt schon, dass eine Atmosphäre der Angst und des Aberglaubens auch den Geist des frömmsten Klerikers verseuchen kann.«
» Ich kann mir nicht vorstellen, dass irgendwelche bösen Kräfte Ihren Geist infizieren könnten, Mr Bunting«, sagte Amelia.
» Ich tue mein Bestes, ihnen zu widerstehen. Und zwar genau deshalb, weil ich mir meiner Schwäche bewusst bin.«
» Wie schwach Reverend Gowland wohl war?«, fragte Lilian. » Ich muss zugeben, es wird mir nicht leichtfallen, mich auf profane Dinge zu konzentrieren, bevor wir den Rest seines Manuskripts finden.« Sie warf Amelia einen forschenden Blick zu. » Verzeihen Sie, Mrs Thistle. Vielleicht war ich zu voreilig. Erlauben Sie Teddy und mir, Ihnen bei Ihrer Suche zu helfen?«
» Ich zähle auf Ihre und Loris Hilfe«, sagte Amelia bestimmt. » Ich habe mir ja noch nicht einmal einen Reim auf Gamaliels ersten Hinweis machen können.«
Und das war mein Stichwort, um mit Tante Dimitys erfolgreicher Entzifferung des Symbols aufzuwarten. Da ich nicht wusste, wie ich das Unerklärliche erklären sollte, hätte ich den Ruhm selbst eingeheimst, der eigentlich Dimity gebührte, aber bevor ich den Mund aufmachen konnte, beschloss Willis senior, sein Schweigen zu brechen. » Wenn Sie vertraut mit unserer Kirche wären, Mrs Thistle, hätten Sie keinerlei Schwierigkeiten, den Hinweis von Reverend Gowland zu deuten.«
Amelia sah ihn erwartungsvoll an. » Sie wollen also sagen, Sie haben des Rätsels Lösung bereits, Mr Willis?«
» Ja, in der Tat. Ich glaube jedoch, dass eine Demonstration sehr viel effizienter wäre als eine Erklärung.« Er ließ das Pergament in seine Brusttasche
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