17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
ziemlich aufgeregt, als ich Ihr Büro betreten habe.«
» Warum?«, fragte der Pfarrer.
» Ach, das ist eine lange Geschichte.« Amelia seufzte trübselig. » Die Sache ist die, wissen Sie, ich war vielleicht ein ganz klein bisschen unehrlich, was meine wahre Identität anbelangt. Oh, keine Sorge, ich bin kein entkommener Sträfling oder so was in der Art«, fügte sie rasch hinzu. » Ich bin, wer ich vorgebe zu sein. Ich habe einfach nur nicht die ganze Wahrheit gesagt.«
» Eine Unterlassungssünde«, sagte der Pfarrer milde.
» Ganz genau. Es ist natürlich meine Schuld. Wenn ich mich von Grund auf neu erfunden hätte, hätte ich vielleicht verhindert…« Wieder seufzte sie und neigte den Kopf zur Seite. » Aber dafür ist es jetzt zu spät, fürchte ich. Und wenn die Katze aus dem Sack muss, kann ich sie ebenso gut gleich herauslassen.«
Sie stellte ihre Teetasse auf den kleinen Tisch neben sich, legte die Hände auf die Häkeldecke und begann, ihren neugierigen Zuhörern die ganze Geschichte zu erzählen, die ich bereits in ihrem Cottage gehört hatte. Sie bekannte, die weltberühmte Botanikkünstlerin Mae Bowen zu sein, beschrieb die leidige Bewegung, die ohne ihr Zutun auf ihrem Namen gründete, und wie die Bowenisten, angeführt von Myron Brocklehurst, ihre Privatsphäre verletzt hatten. Und dass sie schließlich keinen anderen Ausweg mehr gewusst hatte, als sich zu verstecken, da ihre Verehrer es ihr nahezu unmöglich gemacht hatten, in der Öffentlichkeit aufzutreten.
» Nach Finch bin ich gekommen, um den Rest von Gamaliels Aufzeichnungen zu finden«, schloss sie ihren Bericht. » Wobei ich auch hoffte wiederzuentdecken, wie es ist, in Frieden zu leben. Daher meine ziemlich fadenscheinige Camouflage. Ich scheute davor, Ihnen die Wahrheit zu sagen, weil…«
» Sie hatten allen Grund dazu«, sagte Bree. » Dieser Myron ist echt gruselig.«
» Gruselig?«, sagte ich.
» Er spricht mit sanfter, leiser Stimme, aber seine Augen sind wie Laserstrahlen«, erklärte Bree. » Die Augen von einem Psycho, von einem Fanatiker.«
» Noch etwas?«, fragte ich, froh, dass Bree eine solch aufmerksame junge Frau war.
» Mit seinem Aufzug stimmt auch etwas nicht«, antwortete sie, ohne zu zögern. » Er zieht sich wie ein Hippie an– Lederhut und Sandalen, Wollponcho mit Fransen, bestickte Schlagjeans–, aber seine Klamotten sitzen zu gut, und er ist zu penibel, zu sauber für dieses Outfit. Er hat zwar einen Pferdeschwanz, aber der ist ordentlich gebunden, und sein Schnurrbart ist fein säuberlich gestutzt. Er sieht aus, als stünde er Model für Aufnahmen für ein Sechzigerjahre-Museum.«
» Ein Fanatiker in gestylten Hippieklamotten«, murmelte ich.
» Hat er nach mir gefragt?«, erkundigte sich Amelia.
» Ja. Ich hab ihm gesagt, dass die einzige Mae, die ich kenne, in Christchurch lebt, und hab ihm dann ein Loch in den Bauch geredet über Neuseeland. Er hat versucht, mich mit seinen Laseraugen zum Schweigen zu bringen, aber die Strahlen sind an mir abgeprallt. Schließlich hat er aufgegeben und ist in seinen Wagen gestiegen, aber bevor er verduftet ist, hat er mir eine Einstiegslektion in Sachen Bowenismus erteilt, und zwar in Form eines Gedichtes, das kein anderer als er selbst verfasst hat. Das müssen Sie sich unbedingt anhören …«
Konzentriert euch auf eure Mitte wie das Gänseblümchen auf sein Blütenkörbchen.
Streckt die Blütenblätter hin zum blauen Himmel,
Lebt jede Stunde selig wie in einer Bowen-Laube,
Und euer Herz und eure Seele bekommen Schwingen.
Bree beendete ihren Gedichtvortrag mit einem herzhaften Lachen. Amelia jedoch verzog angewidert das Gesicht.
» Dieser Kerl sollte wegen Verbrechens gegen die Dichtkunst hinter Gitter gesperrt werden«, verkündete Lilian.
» Zumindest sollte er wegen Belästigung verhaftet werden«, sagte der Pfarrer.
» Das Problem dabei ist«, sagte Amelia, » dass weder er noch die Speichellecker, mit denen er sich umgibt, die Gesetze übertreten. Sie tauchen einfach in großer Zahl auf, gaffen mich an wie eine bedröppelte Kuhherde und stellen mir endlose Fragen, zum Beispiel über das Universum oder die Suche nach der Wahrheit, oder sie wollen von mir wissen, ob man Gemüse roh oder gekocht verzehren soll.«
» Haben Sie ihnen schon mal gesagt, sie sollen dorthin gehen, wo der Pfeffer wächst?«, fragte Lilian.
» O ja, das habe ich. Aber bei Kühen hätte ich mehr Erfolg gehabt. Wenn man eine Kuh wegscheucht, gehorcht sie normalerweise. Ein
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