17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
stützte er die Ellbogen auf den Tisch und fuhr in sachlichem Ton fort: » Mae Bowen zieht nach Finch, und zwei Tage später taucht ein einzelner Fremder auf, der wie ein in die Jahre gekommenes Blumenkind angezogen ist. Wer sonst außer Mr Bowenist persönlich, Myron Brocklehurst, hätte es sein können? Außerdem habe ich auf der Bowenisten-Webseite ein Foto von ihm gesehen«, fügte er mit einem schlitzohrigen Grinsen hinzu.
» So viel zu reiner Logik also.« Ich rollte die Augen. » Was hat dir an ihm nicht gefallen?«
» Sein Lächeln. Sein selbstgefälliges, arrogantes Lächeln. Aber ich nehme an, wenn man einen glänzenden roten Ferrari sein Eigen nennt, hat man einigen Grund zum Lächeln.«
» Er fährt einen Ferrari?«
» Einen funkelnagelneuen Ferrari. Wie viele Gurus gibt es wohl, die einen der teuersten Sportwagen fahren?«
» Dass er reich ist, war uns ja bereits bekannt«, sagte ich.
» Ja«, erwiderte Bill nachdenklich. » Aber ich frage mich, wie er zu seinem Reichtum gekommen ist. Mach dir keine Sorgen, Lori. Ich habe einige Telefonate getätigt, ein paar Mails geschrieben. Ich sag dir dann, was dabei herauskommt.«
» Danke.« Ich stellte Bills Frühstücksteller auf meinen und blickte kurz hinab, bevor ich fragte: » Hat dein Vater mit dir über Amelia gesprochen?«
» Nein. Warum? Wirft sie sich ihm an den Hals?«
» Nein, einen Versuch hast du noch.«
Bill starrte mich ungläubig an. » Er wirft sich ihr an den Hals?«
» Ich würde nicht gerade sagen, er wirft sich ihr an den Hals, aber er lehnt sich in ihre Richtung.«
» Weiß er, dass sie Mae Bowen ist?«
» Nein, und wir werden es ihm nicht verraten«, sagte ich bestimmt. » Das ist Amelias Geheimnis, nicht unseres.«
» Da gebe ich dir recht.« Sein belustigter Tonfall war einem ernsteren gewichen. » Es ist besser so. Wenn er sich in Amelia Thistle verliebt, kann sie sicher sein, dass es wegen ihrer Person ist, und nicht wegen dem, was sie macht. Wie reagiert sie auf seine Avancen?«
» Kann man noch nicht sagen.«
» Sie hält ihn auf Abstand, stimmt’s? Sie tut gut daran.« Bill streckte die Hand über den Tisch aus und legte sie auf meine. » Ich bin mir durchaus im Klaren, wie schwer es dir fallen wird, aber misch dich bitte nicht ein. Lass den Dingen ihren Lauf, und wenn nichts daraus wird, dann soll es eben nicht sein.«
Es hatte keinen Sinn, so zu tun, als verstünde ich nicht so recht, worauf Bill anspielte– er kannte mich zu gut–, also machte ich erst gar nicht den halbherzigen Versuch zu protestieren, sondern nickte zustimmend.
» Aber halte mich auf dem Laufenden«, fügte er hinzu, » denn mein Vater wird es bestimmt nicht tun.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und lächelte in sich hinein. » Ich hoffe, dass etwas daraus wird, Lori. Seit Mutters Tod hat er keine andere Frau mehr angeschaut. Sie hätte bestimmt nicht gewollt, dass er so lange allein bleibt.«
Ich fuhr Will und Rob zur Schule und machte mich dann beschwingt daran, eine lange Liste liegen gebliebener Hausarbeiten abzuarbeiten. Denn ich wusste: Je mehr ich an diesem Freitag schaffte, umso leichteren Gewissens könnte ich den Samstagnachmittag im Dove Cottage verbringen. Abgesehen davon hatte Bill meine Laune an diesem grauen Tag allein dadurch gehoben, indem er meine Neuigkeiten zu Willis senior so wohlmeinend aufgenommen hatte. Ein Mann mit weniger menschlicher Größe hätte sich womöglich skeptisch gezeigt, aber mein Mann hatte ein so großes Herz, dass er es begrüßte, wenn sein Vater nach all den Jahren die Liebe wiederentdeckte.
Ich legte gerade einen riesigen Berg frisch gewaschener Wäsche im Elternschlafzimmer zusammen, als Amelia anrief.
» Sie sind da«, sagte sie ohne Umschweife. » Ich sehe sie vom Wohnzimmerfenster aus.«
» Wie viele?« Es erübrigte sich zu fragen, wen sie meinte.
» Sieben. Drei Männer und vier Frauen. Ich habe sie schon mal gesehen. Es sind die gleichen, die ungebeten auf Walters Beerdigung aufgekreuzt sind.«
» Ist Myron auch dabei?«
» Nein, aber bestimmt sind sie in seinem Auftrag hier. Sie gehen von Tür zu Tür. Bestimmt suchen sie nach mir.«
Ein paar Socken lösten sich aus dem Wäscheberg und purzelten auf Stanley hinab, als ich aufs Bett sank, um konzentriert nachdenken zu können. Von den emsigen Mägden ging vorerst keine Gefahr aus, weil sie gar nicht da waren und somit auch keine verfänglichen Fragen der Bowenisten beantworten konnten. Elspeth weilte noch in London bei
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