17 Tante Dimity und die Dorfhexe Dorfhexe (Aunt Dimity and the Village Witch)
» Ist Daffodil Ihr richtiger Vorname, oder haben Sie ihn informell angenommen?«
» Ich bin ein Kind der Sonne und der Erde«, antwortete Daffodil, » und wurde vom Regen getauft.« Sie sah Willis senior mit theatralischem Augenaufschlag an. » Mein spiritueller Führer hat mir gesagt, dass ich Mutter Mae hier finden würde. Seien Sie so nett und gehen Sie sie holen, ja? Ihre Kinder sehnen sich nach ihrer Weisheit.«
» Ihr spiritueller Führer ist offenbar schlecht unterrichtet, Ms Deeproots«, sagte Willis senior. » Ich kenne Mae Bowen nicht, noch weiß ich, wo sie wohnt. Aber ich kenne Constable Huntzicker, und ich würde Ihnen und Ihren Begleitern dringend raten, Finch zu verlassen, bevor er eintrifft. Ich habe gehört, was meine Nachbarn Ihnen und Ihren Freunden vorzuwerfen haben, und kann Ihnen versichern, dass der Constable mit Fahrern von schlecht gewarteten Fahrzeugen nicht glimpflich verfährt. Ebenso wenig wie mit solchen, die Parkvorschriften missachten, illegale Substanzen konsumieren, öffentliche Aushänge ohne vorherige Genehmigung machen, anstößige Literatur verbreiten und unter falschem Namen auftreten. Guten Tag, Ms Deeproots«, sagte er freundlich und machte die Tür vor ihrer Nase zu.
Daffodil gefror das abgeklärte Lächeln im Gesicht. Einen Moment scharrte sie unruhig mit den Füßen, dann blickte sie sich suchend über die Schulter um. Als sie sah, dass ihre Verbündeten bereits im Camper saßen, stapfte sie über den Dorfanger, um sich zu ihnen zu gesellen.
Nach langem Hin- und Hermanövrieren und unter den ungehaltenen Pfiffen der ortsansässigen Zuschauer gelang es dem dickbäuchigen Fahrer schließlich, sein Gefährt aus dem schlammigen Grund zu befreien. Allem Anschein nach hatte er sich die Drohungen der Dorfbewohner zu Herzen genommen, denn er fuhr in Richtung Oxford statt nach Upper Deeping, um einer möglichen Konfrontation mit dem Gesetzeshüter aus dem Weg zu gehen. Er konnte ja nicht wissen– und niemand hatte es für nötig gehalten, ihn zu informieren–, dass Constable Huntzicker zu einem wohlverdienten Urlaub auf Mallorca weilte.
Ich wartete, bis der Camper die Brücke passiert hatte, und lief dann zum Pussywillows Cottage und betätigte den Türklopfer. Willis senior öffnete die Tür, bat mich herein und wartete, bis ich meine feuchten Turnschuhe von den Füßen gestreift hatte. Dann setzte ich mich auf den Rand des kleinen Tweedsofas, während er im Sessel gegenüber Amelia Platz nahm. Die Gegenstände auf dem Couchtisch– Teekanne, Tassen und ein paar Scheiben gebuttertes Schwarzbrot auf zwei mit Krümeln übersäten Tellern– sagten mir, dass er schon eine Weile hier war.
» Möchtest du vielleicht eine Tasse Tee?«, fragte Amelia.
» Nein, danke«, sagte ich und sah sie unsicher an.
» Du musst unbedingt Mrs Thistles Schwarzbrot probieren«, sagte Willis senior. » Ich übertreibe nicht, wenn ich sage, es ist das beste Schwarzbrot, das ich je gegessen habe.«
» Sie sind überaus freundlich, Mr Willis«, sagte Amelia.
» Nein, keineswegs, es ist meine ehrliche Meinung.«
» Mr Willis erschien kurz, nachdem ich dich angerufen hatte, Lori«, erklärte Amelia, indem sie Willis seniors Tasse erneut füllte. » Er hat mir eine herrliche Orchidee gebracht, um mein leeres Fensterbrett zu schmücken. Wenn er gewusst hätte, dass er einer Horde von Barbaren die Tür weisen müsste, hätte er es sich womöglich anders überlegt.«
» Hast du…?« Da ich nicht wusste, wie ich meine Frage stellen sollte, ohne Amelias Geheimnis zu offenbaren, ließ ich sie unbeendet.
» Ob ich mich deinem Schwiegervater richtig vorgestellt habe?« Amelia stellte die kirschrote Teekanne auf den Tisch und umklammerte die Hände im Schoß. » Ich wollte es gerade tun, als ich von dem Krawall auf dem Dorfanger abgelenkt wurde. Es hörte sich an, als wäre der Dritte Weltkrieg ausgebrochen, also schlich ich mich ans Fenster, um herauszufinden, was vor sich ging, und konnte mich von dem Spektakel nicht mehr losreißen. Zum Schluss erwies es sich als eine wunderbar einseitige Schlacht, denn meine Nachbarn bezwangen die Eindringlinge mühelos. Und dann kam diese Daffodil auch noch an meine Tür und… machte meine Vorstellung überflüssig.« Sie biss sich auf die Unterlippe und sah Willis senior schüchtern an.
» Sind Sie Mae Bowen?«, fragte er.
» Ja.« Sie senkte den Blick.
» Meine verstorbene Frau hat Sie vor Jahren beauftragt, ein Aquarell für mich zu malen«, sagte
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