170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo
verschaffen. So aber hatte sie lediglich Fallen für Kleinwild aufgestellt und notdürftige Angeln angefertigt, um in den Flüssen zu fischen, auch wenn es ihr nie leichtgefallen war.
Keelin wusste nicht, was auf sie zukäme, wenn sie die Heimreise antrat, aber sie war sich sicher, dass ihr jede zusätzliche Fertigkeit zugute kommen würde.
Sie merkte, dass Marcus nach wie vor zögerte, ihr das Bogenschießen beizubringen, doch schließlich nickte er und willigte ein.
Sein Gesicht war von der Kälte gerötet, aber seine Augen strahlten hell wie der Himmel über Kerry. Ein paar ungebändigte goldene Locken fielen ihm über die Stirn, und Keelin verspürte den Drang, ihm das Haar aus dem Gesicht zu streichen.
Doch sie hielt sich zurück. Sie durfte diesen Mann nur berühren, wenn es sich nicht vermeiden ließ.
„Ihr werdet Wrexton verlassen, Lady Keelin?“, fragte da einer der Burschen.
„Ja“, erwiderte sie. „Aber erst, wenn es Adam wieder besser geht.“ Keelin sah nicht, wie sich Marcus’ Miene bei ihren Worten verfinsterte. Sie leerte ihren Krug und stand auf.
„Gib mir deinen Langbogen, Philip“, sagte der Graf zu einem der älteren Burschen. „Er müsste die passende Größe für Lady Keelin haben.“
Der Junge reichte seinem Herrn die Waffe, während dieser einen Köcher mit Pfeilen nahm und dann zu der Stelle ging, die er für die erste Unterrichtsstunde ausgesucht hatte. Keelin und der lernwillige Bursche Dob folgten ihm, während die anderen Jäger die Essensreste entsorgten und die Teller wieder auf den Wagen luden.
„Nimm dieses Tuch, Dob, und befestige es dort hinten an einem Zweig“, sagte Marcus. „Das soll unser Ziel sein.“
Der Bursche rannte sofort los.
„Habt Ihr jemals mit Pfeil und Bogen geschossen, Keelin?“
„Nein“, antwortete sie.
„Nehmt den Bogen in die linke Hand und haltet den Pfeil in der rechten.“
Keelin folgte den Anweisungen, doch sie tat sich schwer.
„Nein“, erklärte Marcus und trat dicht hinter sie. Er legte den linken Arm um sie, damit sie den Bogen ruhig in der Hand hielt. Mit dem anderen Arm führte er ihre Hand, um ihr zu zeigen, wie der Pfeil zu halten war.
Ihr frischer Duft erregte seine Sinne, jener würzige Wohlgeruch, den er an ihr liebte. Einige ungezähmte Locken kitzelten in seinem Gesicht, und er atmete den Duft ihrer Haarpracht ein.
Er spürte, wie ein leichtes Zittern ihren Leib durchfuhr, und schmiegte sich enger an sie.
„I…ist es so richtig?“, fragte sie atemlos.
„Schon besser.“ Seine Stimme dicht an ihrem Ohr war nur noch ein Raunen.
„Und der Pfeil? Wohin muss …?“
„Genau hier. Legt ihn hier auf.“ Marcus hielt Keelin nach wie vor eng umfangen und drehte ihren Körper von der Stelle weg, wo Dob das Tuch im Baum befestigte. Er deutete auf den Waldrand. „Seht Ihr die junge Birke dort mit dem eingekerbten Stamm?“
„Ja.“ Ihre Antwort war kaum zu verstehen, und Marcus wusste, dass seine unmittelbare Nähe sie verwirrte. So, wie ihre Nähe ihn betörte.
„Zielt genau unter die Kerbe.“
Sie hob den Bogen, und Marcus spürte, dass sie sich verkrampfte.
„Ihr müsst lockerer werden, Keelin“, sagte er. „Ihr seid so angespannt wie die Bogensehne.“
Sie nickte kaum merklich, doch er sah, dass sie Oberkörper und Arme zu steif hielt.
„Geht ein wenig in die Knie, Liebes“, wisperte er, „und lockert die Schultern.“
Keelin ließ sich nicht anmerken, dass sie das Kosewort vernommen hatte. Stattdessen folgte sie seinen Anweisungen, entspannte Beine und Schultern und schmiegte sich dabei ungewollt noch näher an ihn.
Dieses Mal wurde er von einem wohligen Schauer ergriffen. Marcus musste an sich halten, um nicht den Bogen loszulassen, Keelin zu sich zu drehen und leidenschaftlich zu küssen. Aber seine Gefährten waren in der Nähe, und jeden Augenblick würde Dob zurückkehren.
„Jetzt zielt“, wiederholte er mit heiserer Stimme. „Gebt Acht, dass Ihr nicht die Federn zerdrückt.“
Sie nahm die Finger so weit zurück, dass sie die Pfeilfedern nicht länger berührte, und hob erneut den Bogen.
„Zieht die Sehne nach hinten“, sagte er und half ihr, das Ziel genauer zu fassen. „Und jetzt schießt!“
Keelin ließ den Pfeil los und sah, wie er durch die Luft schwirrte. Sie stand reglos da und wartete auf das Ergebnis ihres ersten Versuchs beim Bogenschießen. Nur einen Augenblick später schlug der Pfeil im Ziel ein. Keelin ließ die Arme sinken, drehte sich um und schaute Marcus
Weitere Kostenlose Bücher