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170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo

170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo

Titel: 170 - Hüte den Speer - Magiure, Margo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margo Maguire
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dort oft stundenlang aufhielt. Als er die schwere Eichentür erreichte, vernahm er aufgebrachte Stimmen aus dem Gemach. Es waren Frauenstimmen, die sich in Rage geredet hatten. Er zögerte, den Riegel zu berühren, aber dann nahm er all seinen Mut zusammen und öffnete die Tür.
    Als er eintrat, herrschte plötzlich eisiges Schweigen.
    Lady Coule saß in einem Lehnstuhl nahe beim Kamin und wischte sich hastig ein paar Tränen von der Wange. Die Zofe Beatrice stand vor ihrer Herrin, doch sie hatte Marcus den Rücken zugewandt, und daher konnte er ihren Gesichtsausdruck nicht sehen.
    Isolda erhob sich unvermutet und stieß dabei einen kleinen Stickrahmen um, auf den ein halb fertiges Altartuch gespannt war.
    „Marcus! Ich … ich, benötigt Ihr etwas?“, stotterte sie. Sie bemühte sich sichtlich, ihre gewohnte Fassung wiederzuerlangen.
    Der Graf durchschritt den Raum und hob die Stickerei auf. Er wusste nicht, was soeben zwischen den beiden Frauen vorgefallen war, aber er kam zu dem Schluss, dass ihn der Streit nichts anging. Als Beatrice sich jedoch anschickte, die Kemenate zu verlassen, befahl er ihr, zu bleiben und zuzuhören, was er mitzuteilen hatte.
    „Das betrifft auch Euch“, sagte er.
    Die ältere Frau verneigte sich gehorsam und faltete geduldig die Hände. Marcus vermochte immer noch nicht zu sagen, wie er die Miene der Zofe einzuschätzen hatte, aber das durfte ihn nicht beirren. Er war fest entschlossen, sich beiden Frauen gegenüber klar und deutlich auszudrücken. Und wenn Beatrice nun einmal da war, sollte sie auch bleiben. Ihre Gegenwart würde seine Absicht gewiss nicht behindern.
    „Isolda, die Art und Weise, wie Ihr mit Lady Keelin umgeht, ist widerwärtig“, begann er ohne Umschweife. „Ihr habt sie verleumdet und beleidigt … Nein“, fügte er hinzu und wehrte jeden Versuch von ihr ab, seinen Worten zu widersprechen,„leugnet nicht Euer Fehlverhalten. Ich habe Euer niederträchtiges Benehmen mit eigenen Augen gesehen.“ Die Auseinandersetzung vor Keelins Kammer an diesem Morgen hatte ihm verdeutlicht, dass es gewiss noch zu weiteren Kränkungen gekommen war, von denen er bislang nichts erfahren hatte.
    Er mochte gar nicht daran denken, unter welchen Gemeinheiten Keelin noch gelitten hatte, die ihm bisher verborgen geblieben waren.
    „Mylord, Isolda hat …“
    „Ich möchte dies ein für alle Mal klarstellen“, unterbrach Marcus die alte Zofe schroff. „Wenn Ihr nicht davon ablasst, Lady Keelin zu belästigen und in Verruf zu bringen, werde ich mich gezwungen sehen, Euch fortzuschicken, bevor ich einen geeigneten Gemahl für Euch gefunden habe.“
    „Aber Marcus …“
    „Ich möchte nicht ungerecht sein“, sagte er mit fester Stimme, „aber Ihr lasst mir keine Wahl. Ich kann nicht … ich werde nicht zulassen, dass Ihr meine Gäste weiterhin beleidigt.“
    „Ich bitte um Vergebung.“ Isolda klang bedrückt. Ihr Blick war zu Boden gerichtet, doch wären da nicht die verkrampften Hände gewesen, die sie verzweifelt rang, hätte man ihr äußerlich keine Unruhe angemerkt. „Ich … es war nie meine Absicht … ich meine …“
    „Ich bitte Euch, bringt nun keine Entschuldigungen vor, die viel zu spät kommen“, sagte der Graf. „Merkt Euch, dass ich keine weitere Unfreundlichkeit gegenüber Lady Keelin oder ihrem Onkel hinnehmen werde. Genauso wenig werde ich zulassen, dass Ihr die Dienerschaft tyrannisiert, wie Ihr es seit dem Tod meines Vaters unablässig tut. Ich werde einen geeigneten Ehemann für Euch ausfindig machen, Isolda. Wie ich schon sagte, Ihr werdet von mir eine großzügige Mitgift erhalten, daher müsst Ihr Euch nicht sorgen, unter Eurem Stand verheiratet zu werden.“
    Beide Frauen sagten kein Wort, sondern nahmen die Weisungen des Grafen mit gesenkten Köpfen zur Kenntnis.
    „Es mag einige Zeit dauern, bis ich einen geeigneten Gemahl gefunden habe“, sagte er abschließend, „aber bis dahin erwarte ich von Euch, dass Ihr Euch freundlicher und wohlwollender benehmt, als es bislang der Fall war.“ Marcus überlegte, ob er seinen Worten noch etwas hinzufügen müsste, doch er war der Ansicht, dass alles zur Sprache gekommen war, und wandte sich zur Tür.
    Er wollte die Frauengemächer so schnell wie möglich verlassen, und daher entging ihm der boshafte Blick, mit dem die alte, unverschämte Zofe ihren Herrn bedachte, als er die Tür hinter sich schloss.
 

  18. KAPITEL
     
    „Ist es Euch nicht zu kalt für unsere Übung?“, fragte Marcus Keelin, als

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