1701 - Templer-Mirakel
Pyramide Stimmen zu hören waren.
Cassel fluchte. Er blieb normal stehen und drehte sich um. Auch Sophie hatte die Stimmen gehört und wollte ebenfalls sehen, was sich da abspielte.
Einer von Cassels Helfern lief mit langen Schritten auf Sophie und seinen Chef zu. Die Kutte wehte um seinen Körper. Als er näher heran war, sahen beide, dass sein Gesicht durch ein Erlebnis verzerrt war. Er keuchte und musste erst Luft holen, als er vor Cassel stehen blieb.
»Was ist los? Warum störst du das Ritual?«
Der Mann saugte die Luft ein. »Zwei Männer – also …«
»Was ist mit ihnen?«
»Tot! Sie liegen tot in der Höhle!«
Cassel trat zurück. Erst jetzt schien ihm klar geworden zu sein, dass nicht alles so gelaufen war, wie er es sich gedacht hatte. Er packte den Mann vorn an der Kutte, drehte den Stoff zusammen und schüttelte den Boten durch.
»Was ist da passiert?«
»Die Toten. Unsere Männer. In der Höhle.«
»Und weiter?«
»Dort hinein haben wir den Gefangenen gesteckt. Er sollte abgeholt werden, aber das ist nicht mehr möglich. Die beiden, die es tun wollten, sind tot.«
»Und was ist mit de Salier?«
»Er ist verschwunden …«
Das musste ein harter Schlag für Pierre Cassel gewesen sein, denn er wurde blass wie wohl selten in seinem Leben. Er ging zur Seite, schüttelte den Kopf, schrie und fuhr wieder herum.
»Sag, dass es nicht wahr ist!«
»Es ist leider wahr«, musste der Bote zugeben.
Cassel schwieg. Dafür glotzte er den Mann nur an. Danach drang ein schluchzender Laut aus seiner Kehle, wobei er sich bewegte und Sophie Blanc anstarrte.
Sie hatte bewusst nichts gesagt. Aber ihr Gesichtsausdruck konnte nicht verbergen, dass sie einen gewissen Triumph empfand, was auch Cassel bemerkte.
»Wag es nicht!«, fuhr er sie an. »Wag es nur nicht, ein Wort zu sagen und dich zu freuen!«
»Warum darf ich mich nicht freuen? Wir stehen auf verschiedenen Seiten, das sollte Ihnen doch klar sein. Ich habe gehört, dass mein Mann nicht tot ist. Darüber würde sich jede Frau freuen, wenn sie so etwas hört.«
»Stimmt, er ist nicht tot. Aber er wird bald tot sein, das schwöre ich dir.« Er fuhr wieder zu dem Boten herum. »Was habt ihr getan, nachdem ihr erfahren habt, dass er weg ist?«
Der Mann hob die Schultern. »Ich – bin – hierher gelaufen, um es zu melden.«
»Das hast du ja jetzt getan. Nun brauchst du nichts mehr zu melden und nur zusehen, dass dieser verdammte Templer wieder eingefangen wird, ist das klar? Wenn ich dich das nächste Mal sehe, will ich von dir hören, dass er nicht mehr lebt. Du kannst mir auch seine Leiche vor die Füße werfen, das ist mir egal, ich will ihn auf jeden Fall tot sehen.«
Der Mann nickte. Dann wirbelte er herum und lief weg.
Für Cassel war das Thema erledigt. Er wandte sich wieder an Sophie.
»Du hast alles gehört. Du solltest dir keine Hoffnungen machen. Wir werden ihn finden, und dann ist es aus mit deinem verfluchten Templer! Ich bin nicht so rücksichtsvoll wie mein Ahnherr Jerome Cassel.«
»Ich habe alles verstanden.«
»Wunderbar«, raunte er. »Dann kannst du dich schon auf sein Ende vorbereiten. Uns wird er jedenfalls nicht mehr in die Suppe spucken. Ich lasse mir mein Lebenswerk nicht zerstören. Darauf kannst du Gift nehmen. Er muss sterben, und er wird sterben. Das verspreche ich dir, und ich habe meine Versprechen noch immer gehalten.«
»Das glaube ich Ihnen. Und was ist mit dem Extrakt? Wollen Sie hier und jetzt noch immer das ewige Leben gewinnen?«
»Ich ändere meinen Plan nicht. Und du darfst sogar zusehen.« Er nickte ihr zu und bückte sich.
Sophie schaute auf seinen Nacken. Am liebsten hätte sie ihn mit einem Schlag zu Boden gestreckt, aber sie musste sich zusammenreißen. Außerdem drehten sich ihre Gedanken im Moment um Godwin, ihren Mann. Er hatte es also geschafft und war aus der Höhle entkommen, in der man ihn gefangen gehalten hatte.
Das war für Sophie wie ein starker Hoffnungsschimmer, denn sie glaubte nicht daran, dass sich Godwin ein zweites Mal so überraschen lassen würde.
Dann schaute sie zu, was Cassel vorhatte. Er fasste den Sockel an zwei verschiedenen Seiten an. Es gab einen kurzen Ruck, und wenig später löste sich die Platte.
Cassel hob sie an. Er flüsterte dabei etwas. Sophie konnte nichts verstehen, aber wenn sie den Blick senkte, schaute sie in den Sockel hinein.
Er war recht tief. Einen normalen Boden oder Untergrund sah sie nicht.
Es lag daran, dass die gesamte Fläche mit einem
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