1702 - Jagd auf die STYX
Daß die ODIN jetzt, so kurz vor dem vermeintlichen Ziel, noch einmal den Überlichtflug unterbrach, war ziemlich unwahrscheinlich.
Rhodan wäre es lieber gewesen, Moira hätte sich anders verhalten und ihm einen Grund gegeben, sie anzuschreien und ihr die bittersten Vorwürfe zu machen. Er brauchte ein Ventil für seine Gefühle. Wut, Verzweiflung und Trauer, vielleicht doch etwas verfrüht, wollten aus ihm herausbrechen.
„Was ist mit diesen fünfzig Tagen, Moira?" fragte er leise, ohne jeden Klang in seiner Stimme. Er sah die Riesin nicht direkt an, sondern starrte auf einen imaginären Punkt vor ihren Füßen.
Sie zögerte mit der Antwort. Moira schien wohl zu überlegen, wie sie den Galaktikern am schonendsten eine grausame Wahrheit beibringen konnte. Sie hatte dazu viel Zeit gehabt. Wenn sie jetzt immer noch nach geeigneten Worten suchte - was war es dann wirklich, das ihre Zunge lähmte?
„Perry hat dir eine klare Frage gestellt", sagte Atlan ungehalten. „Alles, was uns hier bevorsteht, haben wir dir zu verdanken. Wir sind keine Bittsteller, Moira. Wir haben das verdammte Recht auf eine klare Auskunft. Du hast uns in dieses Arresum gebracht. Nun sag uns endlich, was wir zu erwarten haben, wenn wir fünfzig Tage hierbleiben."
„Ihr werdet es nicht", sagte Moira. „Ihr werdet rechtzeitig ins Parresum zurücktransferiert, das verspreche ich."
„Ich will keine Versprechen von dir!" schrie Perry Rhodan sie an. Sein Kopf ruckte hoch. Sein Blick bohrte sich in ihre Augen. „Ich will die Antwort! Auch auf die zweite Frage - du kennst sie, ich brauche sie nicht erst zu stellen."
„Ja", sagte Moira, „ich weiß. Es geht um die Besatzung der ODIN ..."
Sie stand aus ihrem breiten, hohen Schalensitz auf und ballte die Hände.
Dann stieß sie ohne Vorwarnung einen wütenden Schrei aus, der den Galaktikern das Blut in den Adern gefrieren lassen wollte.
„Es war der Grund dafür, daß vor zwei Millionen Jahren die Tanxtuunra siegte!" stieß die Söldnerin heftig hervor. Einen Protest Atlans, der glaubte, sie wolle schon wieder ablenken, wischte sie mit einer energischen Handbewegung beiseite. „Hört mir zu, ihr werdet es gleich verstehen. Ihr wolltet die Wahrheit. Jetzt hört ihr sie!"
Moira drehte sich um und entfernte sich von den Menschen. Wenige Schritte vor der gewölbten Wand blieb sie stehen und blickte auf die Projektion des Weltraums, auf die ungezählten Sterne des Arresums und die großen Schiffe, die tatsächlich an gewaltige Rochen denken ließen, die kraftvoll und elegant durch ein dunkles Meer segelten.
„Als wir damals ins Parresum vorstießen", fuhr die Söldnerin fort, „mußten wir zu unserem Entsetzen erkennen, daß wir nicht nur die dortigen Völker zum Gegner hatten. Es gab einen weiteren Feind, mit dem niemand von uns rechnen konnte - die Zeit. Viele tapfere Kriegerinnen mußten sterben, bevor wir begriffen hatten, daß wir im Parresum nur höchstens fünfzig Tage lang leben konnten. Wer diese Zeit überschritt, für den gab es keine Rettung mehr. Er starb - und wie ich schon sagte, es sind damals viele von uns gestorben, darunter die besten."
Perry Rhodan hörte erschüttert zu. Er ahnte etwas, ließ aber die Kriegerin weiterreden, die tief in die eigenen Erinnerungen versunken zu sein schien. Vielleicht sah sie in den funkelnden Sternen jetzt die Sonnen am Rand der Großen Leere vor sich, wo vor zwei Jahrmillionen die Entscheidungsschlacht getobt hatte.
„Wir fanden heraus, daß wir nur für dieselbe Zeitspanne ins Arresum zurückkehren mußten, um danach wieder maximal fünfzig Tage im Parresum verbringen zu können. Aber da war es bereits zu spät, um eine Taktik zu entwickeln, die uns irgendwann zum Erfolg geführt hätte." Sie lachte bitter. „Das war der Hauptgrund, warum Quidor von Tanxtuunra als Sieger aus der letzten Entscheidungsschlacht hervorging, das und die Nachschubprobleme. Ich sagte dir, Perry Rhodan, daß Quidor nicht der strahlende Held war, als der er noch heute vergöttert wird!"
Moira drehte sich mit einem Ruck um. In ihrem Blick war nichts Verklärtes, und sie sagte brutal, was inzwischen alle fünf Galaktiker ahnten: „Umgekehrt ist es ebenso. Kein Bewohner des Parresums kann sich länger als höchstens fünfzig Tage hier im Arresum aufhalten. Kurz vor Ablauf dieser Frist stirbt er. Dies ist keine bloße Vermutung, keine Umkehrung der Dinge, sondern gesichertes Wissen. Ich gäbe vieles dafür, diese Erinnerung nicht inzwischen wiedergefunden zu
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