1702 - Rückkehr der Verdammten
spielt.«
»Das kann ich gut verstehen.«
»Kannst du mir auch sagen, wie es kommt, dass zwei Männer, die schon seit Langem tot sind, ganz normal daherkommen, als wären sie noch am Leben?«
»Das müssen wir herausfinden.«
»Ja, Suko, und ich denke, dass wir wieder mal auf etwas völlig Neues treffen.«
Nach diesem Satz öffnete ich den Gurt und drückte die linke Tür auf.
Im Rover war es warm gewesen. Jetzt erwischte mich die Außentemperatur und auch die Feuchtigkeit, die sich auf meine Haut legte. Es lag am Dunst, der allerdings unsere Sicht noch nicht beeinträchtigte. Auch der Wind war schwächer geworden. Manchmal glitt er in unsere Gesichter, und ich nahm ihn mehr als ein Streicheln wahr.
Auch Suko hatte den Wagen verlassen. Wir drückten die Türen zu und stellten fest, dass der Boden recht weich war und nass zugleich. Unsere Füße sanken zum Glück nicht ein, denn wir bewegten uns auf einem Teppich aus Gras.
Die Stille die hier herrschte, empfand ich als unheilvoll. Es störte nichts. Kein Vogel meldete sich, und es flog auch keiner über unsere Köpfe hinweg.
Wir brauchten nicht zu reden und uns abzusprechen. Unser Weg war uns praktisch vorgezeichnet. Wir gingen geradeaus. Unser Ziel war der Wald.
Wir hatten unsere Blicke auf den Boden gerichtet. Ohne uns abgesprochen zu haben, suchten wir nach irgendwelchen Hinweisen auf den Pestfriedhof.
Es gab nichts zu sehen, kein Kreuz, kein Grabstein, kein anderes Symbol, was darauf hingewiesen hätte. Hier sah alles völlig normal aus, und trotzdem war es das nicht.
Ich konnte einfach nicht die Stimmen vergessen, die ich am Bahnhof gehört hatte. Die hatte ich mir auch nicht eingebildet. Sie waren da gewesen, und ich ging davon aus, dass sie intensiv mit unserem Fall zu tun hatten, wobei ich mich fragte, ob es möglicherweise die Stimmen der Geister der Pesttoten waren, die unter dieser Erde lagen.
Die Zeit hatte alle Spuren verdeckt, falls es überhaupt welche gegeben hatte. Dieses Gelände hier war kein normaler Friedhof gewesen. Er verdiente mehr den Namen Totenacker.
Als ich stehen blieb, hatten wir etwa die Mitte des Geländes erreicht.
Suko sah mich an. Ich wusste, dass er Fragen hatte. Er musste sie nicht stellen, ich gab ihm die Antwort schon vorher.
»Ich warte auf die Botschaft, auf die Rückkehr der Stimmen.«
»Bist du so davon überzeugt?«
»Ja.«
»Und warum habe ich sie nicht gehört?«
Auf diese Frage hatte ich fast gewartet. Die Antwort war nicht schwer.
»Weil du in diesem Fall außen vor bist. Das sehe ich als eine Tatsache an.«
»Und warum bin nur ich das und nicht du?«
»Wegen Hector de Valois.«
Suko zog die Augenbrauen zusammen. »Glaubst du wirklich, dass er eine so große Rolle spielt?«
»Damals schon.«
»Und heute?«
Die Frage war nicht leicht zu beantworten, das musste ich zugeben. Deshalb wich ich auch etwas aus. »Ich hoffe, dass ich auf irgendeine Art und Weise Kontakt mit ihm bekomme.« Nach diesen Worten fasste ich in die Tasche meine Outdoorjacke und holte das Kreuz mit der zusammengerollten Silberkette hervor.
Es vergingen nicht mal zwei Sekunden, als ich leicht zusammenzuckte, was Suko auffiel.
»Eine Warnung?«
Für einen Moment schaute ich nur das Kreuz an. »Ich weiß es nicht genau, denn eine direkte Warnung erlebe ich nicht. Ich habe nur das Gefühl, dass es sich erwärmt hat.«
»Darf ich mal?«
»Bitte.« Ich legte das Kreuz in Sukos Hand.
Er strich mit der Daumenkuppe darüber hinweg und nickte. »Ja, du hast recht, das ist wohl keine Körperwärme.«
»Genau.«
Der Inspektor fasste zusammen: »Dann können wir davon ausgehen, dass in dieser unmittelbaren Umgebung etwas lauert, das ich zu unseren Feinden zählen muss und nur nicht zu sehen ist.«
»Richtig. Das war wie bei den Stimmen. Da habe ich auch nichts gesehen und nur etwas gehört.«
»Hoffentlich schreckt dein Kreuz die andere Seite nicht ab.«
»Bestimmt nicht. Ich habe es ja auch bei meinem ersten Kontakt bei mir getragen.« Ich war von meinen Worten überzeugt, und es verging nicht viel Zeit, als ich die Bestätigung erhielt.
Sie waren da!
Urplötzlich und auch nicht mehr so leise. Ich trat einen Schritt zur Seite und sah Sukos fragenden Blick auf mich gerichtet.
»Was ist los mit dir, John?«
»Sie sind da!«, sagte ich nur …
***
Wenn ich bisher noch leichte Zweifel gehabt hatte, auf dem Gelände hier richtig zu sein, so änderte sich das in diesem Augenblick, denn jetzt wusste ich, dass wir nicht mehr
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